• Marion Niederhauser (rechts) und Nicole Biney gehen über den glühend heissen Feuerteppich, angespornt von Martin Niederhauser (rechts) und Teilnehmenden. · Bild: Elsbeth Anliker

20.01.2017
Huttwil

Der Gang über die glühenden Kohlen – uralt, heiss und faszinierend

Was unmöglich scheint, wagten zwölf mutige Frauen und Männer im Campus Perspektiven: Sie zündeten ein Feuer an und liefen später barfuss über einen glühenden Teppich. Feuerlauftrainer Martin Niederhauser aus Burgdorf führte die Gruppe ruhig und professionell – zum ersten Mal in Schwarzenbach.

Rund um den Campus Perspektiven in Schwarzenbach ist es still an diesem kalten Samstagabend. Ein Pfad führt entlang frisch eingeschneiter Felder zum nahen Waldrand. Frauen und Männer schichten hier gemeinsam Buchenholzscheite auf – ohne viele Worte.
«Der Teppich aus zischender Feuerglut, über den sie heute alle wagemutig laufen werden, wird 400 bis 700 Grad heiss sein», erklärt Martin Niederhauser. Der 42-Jährige ist ausgebildeter Feuerlauftrainer. Aufgewachsen in Wasen arbeitet und lebt er heute mit seiner Frau Marion in Burgdorf. Die zwölf Frauen und Männer, wenige kommen aus der Region, jemand aus Basel und dem Luzernischen, haben an diesem Samstag einen gemeinsamen Wunsch: Sie möchten an einem einzigen Nachmittag lernen, wie man Feuer und Glut trotzen kann.

Die Vorbereitung
Das Wichtigste hierbei ist die Vorbereitung. «Feuerlaufen ist keine Mutprobe», hält Martin Niederhauser gleich fest, «sondern eine Möglichkeit zu erfahren, ich kann ganz allein die richtige Entscheidung treffen.» Ruhig und gekonnt führt er also am Nachmittag die bunt gemischte Gruppe ins bevorstehende Vorhaben ein. Und jetzt wird den Teilnehmenden erst richtig klar, worauf sie sich da einlassen wollen. Dass sie am Abend barfuss über glühende Kohlen laufen, ohne sich dabei zu verbrennen, erscheint physikalisch unmöglich – und doch ist es möglich. Es gelte, sich mental so vorzubereiten, dass man die Kraft erhalte, das unmöglich Geglaubte möglich zu machen, erklärt der erfahrene Feuerlauftrainer. Zentral dabei sei die Vorstellungskraft: «Man muss es visualisieren und fühlen können – sich selbst bereits als Feuerläufer sehen.»

Seit Jahrhunderten praktiziert
Wer aber nun glaubt, Feuerlaufen sei eine neumodische, esoterische Sache, der täuscht sich. «Es hat eine uralte Tradition», weiss Martin Niederhauser. Der Feuerlauf, wie er schon seit Jahrhunderten auf der ganzen Erde in den verschiedensten Kulturen praktiziert wurde, «war und ist noch immer ein Weg, um Ängste zu besiegen und sich der eigenen inneren Kräfte bewusst zu werden», so Niederhauser. Das dazugehörende Ritual vermittelt er den Teilnehmenden mit Spass und Leichtigkeit.

Feuerlaufen ist ein Zeremoniell
Die Frauen und Männer stehen jetzt vor den aufgeschichteten Buchenholzscheiten. Es ist eine dunkle Nacht, der Himmel sternenlos, und es ist kalt. Je näher das Finale kommt, desto demütiger und ehrfürchtiger werden die Feuerläufer. Ja, ein solcher Anlass wird nach festen Regeln zelebriert und initiiert. Zuerst vertraut jeder und jede dem Feuer noch persönliche Wünsche an – ein alter Brauch bei den Feuerläufern. Dann wird der Stapel aus Buchenholz gemeinsam angezündet. Die Flammen lodern und zischen in den dunklen Nachthimmel. Ausser dem Knistern des Feuers ist kein Laut zu hören. Langsam stellt man sich auf etwas ein, von dem man meint, es nicht zu können und es doch können will. Und wie dann die Scheite in sich zusammenfallen, spürt man die Hitze der Glut im weiten Umkreis. Nochmals macht Martin Niederhauser jedem und jeder Mut – ruhig und besonnen. Nochmals konzentriert man sich. Dann kommt der grosse Moment: Der Feuerlauftrainer holt die Glut aus dem Feuer und legt sie zu einem Teppich aus.

Mulmiges Gefühl, grosser Stolz
Wie nun alle Schuhe und Socken ausziehen, sich der Glut nach und nach nähern, pochen die Herzen – beinahe hörbar. «Ich kenne niemanden, der beim ersten Mal nicht ein mulmiges Gefühl hatte», sagt Martin Niederhauser. Er und seine Frau Marion gehen zuerst – fünf feste Schritte. Nacheinander folgen alle den beiden. Niemand hält sich zurück, obwohl man das dürfte. Einige ziehen sich gleich nach dem ersten Mal zurück. Andere können nicht genug bekommen. Es gab keine verbrannten Füsse. Alle sind sie mächtig stolz – und glücklich.

Feuerläufe im Alltag
«An einem Feuerlaufseminar lernt man, wie man sich mental auf eine grosse Herausforderung vorbereitet», sagt Martin Niederhauser. «Du musst durchs Feuer laufen wollen, dann kannst du es auch», so der Feuerlauftrainer. Genau diese Erfahrung helfe einem dann, auch im Alltag kleine und grosse «Feuerläufe» besser meistern zu können. 

Gut zu wissen: Das nächste Feuerlaufseminar im Campus Perspektiven in Schwarzenbach ist am Samstag, 29. April, geplant. Anmelden kann man sich unter: www.feuerlaufen-emmental.ch

Von Elsbeth Anliker