Der «Löwen»-Wirt sucht einen Nachfolger
Der Gasthof Löwen in Ursenbach: Ein stolzes und ehrwürdiges Traditionshaus. Seit 1644 ununterbrochen von der Familie Brand in der 13. Generation geführt. Bundesrat Rudolf Gnägi ging schon hier ein und aus, ebenso wie ein König, auch wenn es mit Ernst Schläpfer nur der Schwinger war. Doch seit einiger Zeit scheint dem «Löwen» der Schnauf auszugehen. Die Suche nach Nachfolgern des Wirtepaares Thomas und Mädi Brand verlief bis jetzt ergebnislos.
Ursenbach · Die Gerüchteküche brodelt in Ursenbach, wenn wieder einmal Gäste vor verriegelten Türen und Fensterläden des Gasthofes Löwen stehen und auf der Schiefertafel in grossen Lettern «geschlossen» zu lesen ist. Hat der Wirt gesundheitliche Probleme? Ist er in finanziellen Schwierigkeiten oder hat er andere Sorgen? Da wird wild herumspekuliert über mögliche Gründe. «Zu wild», findet Wirt Thomas Brand, der mit seiner Frau Mädi (Madeleine) den Traditionsgasthof seit 1995 führt. Gesundheitlich ist der 60-Jährige zwar tatsächlich nicht hundertprozentig fit. «Ich habe zwei Stents und vor allem im Winter Probleme mit den Bronchien. Dann fällt mir das Atmen schwer», lässt er durchblicken. Doch das sind für ihn keine wirklichen Gründe, das Restaurant nicht offen zu halten.
Dennoch nimmt er sich in Sachen Gerüchteküche gleich selber an der Nase: «Wir ändern manchmal spontan die Öffnungszeiten. Am Abend, wenn keine Gäste da sind, schliessen wir vorzeitig. Oder wenn sich schöne Frühlingstage ankündigen, dann gehen wir spontan für zwei, drei Tage weg. Doch das ist nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt habe», gibt er unumwunden zu. «Aber wir wollen uns ein wenig Lebensqualität gönnen, wenn wir mal kurzfristig schliessen», begründet er. Heilig ist ihm zudem die Zeit von Mitte Juni bis Ende August, wenn er mit Mädi regelmässig in die USA verreist und der «Löwen» durchgehend geschlossen bleibt. Thomas Brand zeigt Verständnis, dass diese lange Auszeit Spekulationen über das Ende des «Löwen» anheizt. Diese Verunsicherung über die Öffnungszeiten habe dazu geführt, dass der Jahresumsatz teilweise bis gegen 150 000 Franken, vor allem im Tagesgeschäft, zurückging, vermutet Thomas Brand.
Kein Schuldenberg
Thomas Brand macht aber klar: «Finanziell geht es uns gut. Wir haben keinen Schuldenberg, der Gasthof ist gänzlich abbezahlt, der Betrieb läuft gut.» Doch trotz dieser guten Wirtschaftlichkeit spürt man eine schwere Last auf den Schultern von Thomas Brand. «Sorgen bereitet mir die fehlende Perspektive für das Restaurant. Wir haben keinen Nachfolger, wir wissen nicht, ob und wie es mit dem Löwen künftig weitergehen wird.»
Nachkommen haben er und seine Frau keine, und der Neffe als einziger möglicher blutsverwandter Kandidat sei beruflich anderweitig tätig. Die eng verbundene Geschichte zwischen der Familie Brand und dem Gasthof Löwen endet definitiv mit der 13. Generation, muss Thomas Brand betrübt zur Kenntnis nehmen.
Wann das der Fall sein wird, lässt er offen. «Wir schauen von Jahr zu Jahr und entscheiden, wie es weitergehen soll.» Er verheimlicht dabei nicht, dass er bereit ist, von einem Tag auf den anderen loszulassen und nichts dagegen hat, frühzeitig in Pension zu gehen. «Allerdings müsste ich da vorher noch mit meiner Frau reden», schmunzelt er. Noch immer hofft er, auch aus-serhalb der Familienbande Nachfolger zu finden.
Erfolglose Suche
Sämtliche diesbezüglichen Bemühungen sind bis jetzt gescheitert, obwohl er bereit wäre, das Haus quasi zum Selbstkostenpreis zu verpachten. «Wir haben einige unserer Lehrlinge gefragt, ob sie das Restaurant weiterführen wollen. Sie haben alle abgesagt.» Thomas Brand ist dabei nicht enttäuscht, sondern froh über die klare Antwort, die er einem «Vielleicht» vorzieht. «Da weiss man, woran man ist, und wird nicht hingehalten.» Sollte er niemanden als Pächter finden, so würde er den Gasthof bis zu seiner Pen-sionierung weiterführen und dann einen Verkauf anstreben. Würde der «Löwen» nicht mehr weitergeführt werden, blieben in Ursenbach mit dem «Kreuz» und dem «Hirsernbad» noch zwei Restaurants übrig. Seit den Neunzigerjahren haben bereits einige Betriebe die Türen geschlossen, so «Der Araber», das «Pöstli», das «Hofen» sowie das benachbarte Weinstegen (Kleindietwil).
Von Thomas Peter