• Nach 2012 und 2017 feiert der SC Langenthal bereits zum dritten Mal den Meistertitel in der Swiss League. Beim vierten Spiel war die Schorenhalle mit 4002 Zuschauern ausverkauft. · Bild: Leroy Ryser

05.04.2019
Sport

Der Meister aus dem «Märliland»

NLB, Playoff-Final, Spiel 4: SC Langenthal – HC La Chaux-de-Fonds 3:1 (1:1, 1:0, 1:0) – Der SC Langenthal ist zum dritten Eishockey-Schweizermeister der NLB. Der Titelgewinn der Langenthaler ist am Ende ein logischer Triumph, rückblickend erscheint er allerdings wie eine Geschichte aus dem «Märliland».

Eishockey · Die Saison des SC Langenthal würde ein exzellentes Drehbuch für einen Hollywood-Streifen abgeben, weil dieses dem Klischée einer Tellerwäscher-Karriere entspricht. Der SC Langenthal ist ein Meister der speziellen, aus-sergewöhnlichen und spektakulären Geschichten. Diese beginnt ganz hinten bei Goalie Philip Wüthrich. Der 21-jährige Berner, der auf die neue Saison hin von den Junioren des SC Bern als zweiter Goalie zum SC Langenthal stiess, wurde vom Notnagel zum Überflieger. An ihm sind in den Playoffs die Spieler von Kloten, Olten und La Chaux-de-Fonds gescheitert, verzweifelt und zerbrochen.

Kelly krönt seine SCL-Karriere
Es ist aber auch die Geschichte von Brent Kelly, dem 38-jährigen SCL-Kanadier, der heuer seine letzte Saison mit den Oberaargauern bestreitet. Im Herbst nicht selten als lahme Ente ohne Wirkung unterwegs, lief der Kanadier in den Playoffs zur Hochform auf. Kelly zeigte noch einmal seine grosse Klasse, führte die erste Linie an und schoss entscheidende Tore. Der Kanadier hat sich zum Schluss selber die Krone aufgesetzt. Spielte der SCL im Herbst zeitweise «ohne» Ausländer (neben Kelly fiel auch Kim Karlsson nicht auf), verfügte er in den Playoffs über das beste und effektivste Ausländer-Duo, denn mit Pascal Pelletier, der im Januar den unglücklichen Karlsson ersetzte, tat man einen Glücksgriff. Der Kanadier war zwar kein auffälliger, aber dafür ein umso effizienterer, cleverer und kaltblütiger Skorer, der ständig entscheidend in Szene trat.

Robin Leblancs Eigenschaften
Und da wäre auch noch Robin Leblanc. Der Kanadier mit Schweizer Lizenz lief im fortgeschrittenen Eishockey-Alter zur absoluten Höchstform auf. Leblanc verfügt über jene aussergewöhnlichen Eigenschaften, wie sie nur Meisterspieler besitzen, die in wichtigen Momenten für die Differenz sorgen können. In diese Kategorie gehört auch SCL-Captain Stefan Tschannen, der in den Playoffs einmal mehr bewies, dass er für den SCL unverzichtbar ist. Tschannen war es, der im Playoff-Final die beiden wichtigsten Treffer erzielte. Im ersten Spiel in La Chaux-de-Fonds erzielte er 47 Sekunden vor Ende den 2:2-Ausgleich und im vierten Finalspiel war er für den entscheidenden 2:1-Siegtreffer verantwortlich, der letztlich den Weg zum Meistertitel ebnete. Einzelne sorgten für meisterliche Geschichten, die ganze Mannschaft jedoch für den Triumph. Wie der SCL als Einheit zusammenwuchs war schon beeindruckend. Der SCL war am Ende auch der Meister des Teamworks.

Hanberg, der Meisterregisseur
Der Meistertitel ist aber nicht zuletzt auch die Geschichte des kühlen Schweden «Pelle» Hanberg. Der SCL-Trainer ist der Autor und Regisseur des unglaublichen «Meister-Märlis». Was er aus dem Team gemacht hat, ist in der Tat erstaunlich, wie er in den Playoffs auf sämtliche Situationen und Antworten des Gegners reagiert hat und es fertigbrachte, dass die Mannschaft seine Vorgaben umzusetzen vermochte, ist phänomenal und rückblickend betrachtet kaum zu glauben. Denn, wer den SC Langenthal in den ersten Meisterschaftsspielen dieser Saison gesehen hatte, sah ein schwerfälliges, mühevoll agierendes Team, das höchstens Mittelmass verkörperte. Dieses Team gewann am Mittwochabend den Playoff-Final gegen La Chaux-de-Fonds souverän mit 4:0-Siegen – der Swiss League Schweizermeister kommt dieses Jahr aus dem «Märliland» …

Schwach – aber es reichte trotzdem
Bis es aber so weit war, brauchten die SCL-Fans in Schoren viele Nerven und Geduld. Geduld deshalb, weil die vierte Finalpartie die schwächste der Langenthaler war, die zwar im ersten Drittel mit Schwung starteten, diesen aber mit zunehmender Spieldauer verloren. Doch die Gäste wussten die Schwäche-Phasen der Oberaargauer nicht auszunutzen und als die Neuenburger einen Doppelausschluss kassierten, schlug SCL-Captain Stefan Tschannen eiskalt zu (2:1; 36. Minute). Am Ende fehlte den Gästen die Kraft zur Wende.

Immer wieder Goalie Wüthrich
«Die Teamleistung gab heute den Ausschlag und natürlich einmal mehr unser Goalie, der die Fehler seiner Vorderleute alle ausbügelte», bilanzierte SCL-Verteidiger Hans Pienitz, der auch davon sprach, dass man in der Finalserie einfach mehr Biss gehabt habe und in allen Belangen konsequenter agiert habe als Gegner La Chaux-de-Fonds. Nach Worten suchte nach der Partie der überragende SCL-Goalie Philip Wüthrich. «Es ist einfach unglaublich, wir haben eine Riesentruppe», sagte er. Zu seinen unglaublichen Leistungen meinte er: «Klar gab es Situationen wo auch ich angespannt und etwas nervös war, aber es ist mir irgendwie immer gelungen, eine Topleistung zu erbringen.» Für SCL-Stürmer Nico Dünner war indes wichtig, «dass wir es schafften, den HCC-Topskorer Timothy Coffman zu neutralisieren.» Am Ende landete auch Dünner mit seiner Analyse dort, wo alle anderen, ganz hinten bei Goalie Philip Wüthrich: «Ohne ihn wären viele Siege nicht möglich gewesen.»

Matchtelegramm: 3. April. – Schoren, Langenthal. – 4002 Zuschauer. – SR: Müller/Urban, Ambrosetti/Schlegel. – Tore: 13. Hasani (Weder, Cameron) 0:1. 15. Dünner (Andersons) 1:1. 36. Tschannen (Kelly, Pelletier/Ausschluss Grezet, Zubler) 2:1. 60. Pelletier (Kummer, ins leere Tor) 3:1. – Strafen: Langenthal 2x 2 Minuten; Chaux-de-Fonds 4x 2 Minuten. – SC Langenthal: Wüthrich; Rytz, Pienitz; Müller, Andersson; Scheidegger, Maret; Henauer, Christen; Tschannen, Pelletier, Kelly; Sterchi, Kummer, Andersons; Gerber, Dünner, Leblanc; Wyss, Küng, Dal Pian. – Bemerkungen: SC Langenthal ohne Campbell, Mathis, Nyffeler (alle verletzt), Hess, Oehninger und Peter (alle überzählig); 57:33 bis 57:56, 58:03 bis 58:08, 58:30 bis 59:40 und 60:00 HCC mit sechstem Feldspieler statt Goalie Wolf.

Von Walter Ryser