Der Schweizerwald kämpft mit klimatischen Veränderungen
Die Klimaverhältnisse und die Trockenheit in den letzten Jahren beeinflussen auch den einheimischen Wald. Insbesondere da, wo der Boden kein Wasser zu speichern vermag, leiden die Bäume. Der «Unter-Emmentaler» hat darüber mit Christian Menn, Bereichsleiter der Waldabteilung Mittelland, gesprochen.
Oberaargau · Nicht in allen Wäldern und Baumbeständen herrsche dieselbe Situation, sagt Christian Menn gegenüber dem «UE». «Aber auf Schotterböden, die stark wasserdurchlässig sind, oder auch auf Kuppen gibt es Probleme.» Weniger durch Trockenheit beeinflusste Schäden seien bei Bäumen auf dichtem, wasserreichem Boden festzustellen. So seien am Jura-Südfuss auffallend viele Buchen, insbesondere ältere, abgestorben. Auch Tannen und Fichten würden leiden und teils ebenfalls absterben. Dies sei allerdings nicht nur auf das Klima zurückzuführen. «Die Bodenbeschaffenheit, die damit verbundene lokale Trockenheit sowie der Borkenkäfer gibt den geschwächten Bäumen den Rest.»
Kein Gebiet bleibt verschont
Die ersehnten Regenfälle der letzten Wochen beeinflussen den Gesundheitszustand der Bäume ebenfalls unterschiedlich. Die Tanne mit ihren langen, tiefgehenden Pfahlwurzeln reagiert kaum auf Regengüsse; zu tief und zu fest im «Trockenen» sind ihre Wurzeln. Die Fichte hingegen mit ihren flächigen, eher oberflächlichen Wurzeln vermag ein wenig zu profitieren, wenn es eine Weile geregnet hat. Auf den Borkenkäfer habe dies jedoch keinen grossen Einfluss, so Christian Menn. Es gebe kaum noch Gebiete in der Schweiz, die von der Trockenheit und vom Klimawandel verschont seien. «In der Region Mittelland machen sich die Auswirkungen der Trockenheit eher verzögerter bemerkbar. Die Nordschweiz mit durchschnittlich höheren Temperaturen ist stärker betroffen. Aber längerfristig werden wir hier nicht besser dran sein.»
Speziell sei, dass mittlerweile auch einzelne Eichen festgestellt werden, die mit der Trockenheit zu kämpfen haben. Deren Blätter würden welken. «Das ist ein neues Phänomen, das ich noch nie gesehen habe.»
Keine Sperrungen wegen Trockenheit
Bisher mussten wegen den Trockenheits-Phänomenen keine Waldstücke gesperrt werden. Anders begründete Sperrungen und Räumungen hat es im Emmental aber durchaus gegeben. Nebst dem Klima machen einzelnen Bäumen auch andere Übel zu schaffen. So sterben seit rund zehn Jahren und immer verbreiteter Eschen an einem Pilzbefall, wobei befallene Jungbäume schnell absterben, ältere Bäume nach einem längeren chronischen Verlauf der Krankheit. Laut Christian Menn mussten in Niederösch, Oberösch sowie in Hellsau und in Burgdorf (Emmeschachen) Sperrungen, respektive Räumungen vorgenommen werden, weil die erkrankten Eschen eine Gefahr bilden.
Enge Zusammenarbeit
Die Entwicklung in den Schweizer Wäldern werde genau beobachtet, und in der Forschung werde eng mit umliegenden Ländern zusammengearbeitet, bestätigt Christian Menn auf Anfrage. So würden ständige Forschungen laufen, ob trockenheitsresistentere Baumarten ausgemacht und vermehrt werden könnten. Erste Ergebnisse sollten bald publik werden. Wo Pflanzungen vorgenommen würden, gelte es, Baumarten zu wählen, die weniger anfällig auf Trockenheit und Käfer seien, etwa Lärchen oder Eichen. Aber auch diese Arten seien nicht vor allen negativen Einflüssen gefeit. «Es gibt viele Untersuchungen, aber was herauskommt und wie sich der Wald entwickeln wird, wissen wir nicht.» Es gebe Szenarien, beispielsweise auch nördlich der Alpen, die Wälder vermehrt mit Kastanien aufzustocken. Doch auch dies sei im Mittelland nicht einfach. «Wir haben hier trotz höheren Temperaturen kein mediterranes Klima. Die Winter sind härter und kälter als im Mittelmeerraum. Darauf sind die südlichen Baumarten nicht ausgerichtet.» Trotz allen Bedrohungen für die Schweizer Wälder: «Nach wie vor wird zu wenig Holz genutzt», hält Christian Menn fest. In der Schweiz würde mehr Holz wachsen, als zurzeit verbraucht werde. Dies beeinflusse nicht zuletzt die notwendige Verjüngung der Wälder. «Wenn die Holzpreise gut wären und die Sägereien mehr Holz verarbeiten könnten, dann würde auch der Absatz besser laufen und es könnte mehr Holz gefällt werden.»
Schnitzelheizungen fördern
Leider würde der Import von billigen Rohstoffen und Endprodukten dem Schweizer Holz zu schaffen machen, und auch der Export laufe schlecht. Eine positive Entwicklung sei allerdings bei den Holzheizungen, insbesondere bei den Wärmeverbunden mit Schnitzelanlagen, zu beobachten: «Sie werden die Zukunft sein für die Massensortimente. Der Bau solcher Anlagen kann nur unterstützt werden.»
Von Liselotte Jost-Zürcher