Der Weg ist frei für die Fasnacht 2025+
Langenthals Fasnachtsstruktur darf wie geplant modernisiert werden. Die Hauptversammlung der Fasnachtsgesellschaft LFG hat dem Änderungsvorschlag des Büros mit sehr grosser Mehrheit zugestimmt. Damit ist klar, dass die Fasnacht ab 2025 bereits am Freitag beginnt. Mit freien Guggenauftritten in den Gassen. Und mit einem neuen Unterhaltungsabend mit Schnitzelbänken und Kleinformationen in diversen Lokalen im Ortskern sowie im angrenzenden Stadtzentrum.
Der Gönnerabend ist Geschichte. Mit dem überdeutlichen Ja der LFG-Komiteemitglieder und der Cliquenchefs zum Fasnachtsprogramm 2025+ kann die einstige Cashcow der Langenthaler Fasnachtsgesellschaft endlich ad acta gelegt werden. Umfangreich Geld verdient hat die LFG mit dem Anlass schon länger nicht mehr. Im Gegenteil. Man musste hoffen, mit der Organisation des Gönnerabends unter dem Strich nicht noch drauflegen zu müssen. Die Ursachen für dessen Niedergang sind vielfältig. Mehr als unzuträglich war der Sache aber bestimmt, dass im Laufe der Jahre Fasnachtsanlässe entstanden sind, die den Gönnerabend der LFG direkt oder indirekt konkurrenzierten. Einer davon, ein gewichtiger, war der Schnitzelbankrundkurs am Sonntagabend in diversen Langenthaler Beizen. Davon konnten vordergründig die Gastronomen profitieren, die LFG hingegen kaum – an ihr blieb vor allem die Organisation des Schnitzelbankrundkurses hängen.
Guggen und Publikum unzufrieden
Kein Wunder also, wollten die Verantwortlichen der Fasnachtsgesellschaft (das Büro) an dieser Situation etwas ändern. Der Sachverhalt, der den nun eingeleiteten Modernisierungsschritten zugrunde liegt, ist aber noch um einiges vielschichtiger. Mit dem Gönnerabend und dem Schnitzelbankrundkurs unzufrieden waren in der jüngeren Vergangenheit nämlich auch ein Grossteil der Guggenmusiken sowie das Ausgehpublikum, das an der Fasnacht gerne draussen in den Gassen unterwegs ist. Warum? Am Freitag durfte wegen des Gönnerabends draussen noch keine Fasnacht stattfinden. Langenthals Guggen mussten auswärts gehen. Das Resultat: Tote Hose im Stadtzentrum – und das zur beliebtesten Ausgangszeit. Eine verpasste Chance. Und am Sonntagabend, während des Schnitzelbankrundkurses, galt für die Guggen an den besten Plätzen im Ortskern ein Spiel- und Rayonverbot. Den meisten Gassen blühte also auch am Sonntagabend über kurz oder lang die reinste Friedhofsstimmung. Denn: Fehlt nach dem Umzug auf der Strasse während mehrerer Stunden der Guggensound (und sind viele Beizen wegen des Schnitzelbankrundkurses sowieso randvoll belegt), zieht es die «normalen» Fasnächtlerinnen und Fasnächtler, die nicht aktiv in einer Clique mitmachen, grossmehrheitlich nach Hause. Eine Situation, die sich so eigentlich niemand wünschen kann.
Kleiner Geniestreich der LFG
Mit dem nun angenommenen Fasnachtsprogramm, das über die nächsten Jahre noch verfeinert und bei Bedarf optimiert werden kann, gelingt der LFG ein kleiner Geniestreich. Es eröffnet zahlreiche neue Möglichkeiten, schliesst aber gleichzeitig kaum Türen. Eine solche Tür – die allerdings nur vermeintlich zugeht – ist der Schnitzelbankrundkurs, den es in seiner bekannten Form ab 2025 nicht mehr geben wird. Es war dies an der Hauptversammlung auch der einzige Punkt, der von lediglich zwei Stimmen kritisiert wurde. Einer davon, ein Schnitzelbankvertreter, hatte das Gefühl, die LFG ziehe sich aus der Verantwortung, wenn sie den Sonntagabend der Fasnacht einfach «sich selbst überlässt». Dem Kritiker wusste das LFG-Büro jedoch den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem es auf das vorbereitete und den Versammlungsteilnehmenden bereits im Vorfeld zugesandte Fasnachtsprogramm 2025+ verwies. Wer den Programmentwurf studiert hat, erkennt, dass die LFG den Schnitzelbänken und Kleinformationen am Sonntagabend nach wie vor Hand bieten will – und zwar anhand einer Plattform, über welche sich die interessierten Cliquen anmelden können. Im Hintergrund werden die Auftrittsbegehren schliesslich koordiniert. Möglich wird auf diese Weise am Sonntagabend anstelle des Schnitzelbankrundkurses ein freieres Zirkulieren von Kleinformationen und Schnitzelbänken in entsprechend gekennzeichneten Fasnachtsbeizen. Liebhaberinnen und Liebhaber der traditionellen Beizenfasnacht kommen also auch am Sonntagabend nach wie vor auf ihre Kosten.
Arbeitsgruppe ins Leben gerufen
All jene Fasnachtsbesuchenden, denen der Sinn doch eher nach einem durchgetakteten Programm steht, werden inskünftig auf den «neuen» Freitagabend schielen müssen. In mehreren Beizen im Ortskern sowie im angrenzenden Stadtzentrum wird an diesem Abend ein Unterhaltungsanlass stattfinden, dessen Name zurzeit zwar noch nicht feststeht, für dessen Ausarbeitung aber bereits ein separates Gremium aus LFG- und Cliquenvertretern gebildet wurde. Es wird eine Kombination aus Gönnerabend und Schnitzelbankrundkurs geben, wobei das Rahmenprogramm von Lokal zu Lokal variieren kann. Von der ungezwungen Atmosphäre bis zum festlich-gediegenen Ambiente ist alles denkbar. Die LFG spricht von der ganzen Bandbreite «mit Schnitzelbänken, Guggen, Kleinformationen, DJ, Ball, Apéro, Abendessen, Moderation und so weiter.» Gute Ideen, die reifen müssen. Ein Konzept wird nun in der Arbeitsgruppe ausgefeilt. Parallel zum neuen Unterhaltungsabend in den Lokalen dürfen die Guggen ab 2025 am Freitagabend bereits draussen in den Gassen aufspielen. Damit geht für viele Musikantinnen und Musikanten ein lange gehegter Traum in Erfüllung. Der freien Strassenfasnacht geht ein Guggencorso voraus; geplant ist um 18.18 Uhr ein Einzug der Guggen vom Markthallenplatz ins Stadtzentrum. Ein fulminanter Auftakt zur Langenthaler Fasnacht – und garantiert ein Publikumsmagnet.
Uslumpete bereits am Montagabend
Abgesehen von den grossen Änderungen am Fasnachtsfreitag und -sonntag sind die nun genehmigten Modernisierungsschritte eher kleineren Ausmasses und vor allem für die aktiven Cliquenfasnächtler von Belang. Das «normale» Publikum wird im besten Fall die positiven Auswirkungen dieser punktuellen Anpassungen zu spüren bekommen. Gemeint ist damit beispielsweise eine bessere Koordination unter den Guggen, damit die Gassen auch am Sonntag und Montag nach den beiden Umzügen durchgehend bespielt werden können. Apropos Montag: Nach der Kinderfasnacht, an deren Programm überhaupt nicht gerüttelt wird, findet abends neu bereits die Uslumpete statt. Zuletzt liess man die Fasnacht jeweils am Dienstagabend nach dem Cliquen-Charivari ausfransen. Die Uslumpete verkam in den letzten Jahren aber mehr und mehr zur Egoveranstaltung der Fasnachtscliquen. Zahlreiche Beizen und Bars wollten am Dienstagabend ihre Türen gar nicht mehr öffnen. Und auch in den Gassen war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kaum noch fasnächtlich angehauchtes Publikum anzutreffen. Mit der Vorverschiebung der Uslumpete auf Montagabend erhofft man sich nun eine Verbesserung der Situation und einen schöneren Schlusspunkt. Fürs allgemeine Publikum soll die Langenthaler Fasnacht ab 2025 spätestens um 5 Uhr am Dienstagmorgen zu Ende sein. Ab diesem Zeitpunkt wird die Achse Bahnhofstrasse–St.-Urbanstrasse wieder für den Verkehr geöffnet. Was die Aktivfasnächtler betrifft: Sie dürfen am Dienstagabend nach wie vor den Cliquen-Charivari feiern, dieser startet jedoch ab kommendem Jahr wieder etwas später (erst um 19.01 Uhr) und soll anschliessend in eine interne Fasnachtsparty mit DJ-Musik übergehen. Ein Spielen der Guggen auf der Gasse ist in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch nicht mehr vorgesehen. Verkürzt wird die Fasnacht dadurch aber nicht, schliesslich können die Guggen und Kleinformationen ab 2025 ja bereits am Freitagabend offiziell in die Fasnacht starten. Ein bisschen früher und intensiver anfangen, dafür auch ein bisschen früher wieder aufhören – ein Kompromiss, den die Guggenmusiken gerne eingehen werden.
Breite Abstützung dank Workshops
Für die, die es ganz genau wissen möchten: Der Antrag des LFG-Büros auf Änderung des Fasnachtsprogramms ab 2025 wurde mit 68 Ja-Stimmen bei zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen angenommen. Dass das Verdikt derart deutlich ausfiel, überraschte nicht wenige Direktinvolvierte. Zwar hatte sich eine Zustimmung aufgrund des gewählten Workshop-Verfahrens abgezeichnet – dem Vorschlag des LFG-Büros war letztes Jahr ein Prozess vorausgegangen, in den die Delegierten sämtlicher Fasnachtscliquen integriert gewesen waren. Das Fasnachtsprogramm 2025+ war also gewissermassen basisdemokratisch von den Mitgliedern der LFG erarbeitet worden. Kritische Stimmen wurden nach der diesjährigen Fasnacht aber dennoch laut. Von Schnitzelbänklern, die sich am Erarbeitungsprozess gar nicht beteiligt hatten. Und auch von einzelnen Gastronomen, die selbst aber gar nicht Mitglied der LFG sind und die mit ihrem rein kommerziellen Hintergrund die Geschicke der Fasnacht grundsätzlich nicht direkt mitbestimmen dürfen. Nichtsdestotrotz suchten Vertreter der LFG nach der Fasnacht 2024 das Gespräch mit den Gastronominnen und Gastronomen, stiessen dabei aber auf teils wenig Gegenliebe und Verständnis für ihre wohldurchdachten Pläne zur Fasnacht 2025+. Wie sich nun gezeigt hat, konnte dieser «Sturm im Wasserglas» dem Reformwillen der Langenthaler Fasnächtlerinnen und Fasnächtler aber nichts anhaben, die Unterstützung aus den Reihen der LFG-Cliquen sowie auch vom Komitee war schlichtweg zu breit. Fasnachtsoberin Renate Niklaus zeigte sich, nachdem sie die HV geschlossen hatte, dankbar und demütig angesichts des gefällten Entscheids: «Viele haben diesem Moment entgegengefiebert, nun ist die Chance zur Veränderung da. Das klare Bekenntnis der LFG-Cliquen und des Komitees freut uns enorm, bedeutet für das Büro nun aber auch eine gehörige Portion Arbeit. Wir nehmen die Herausforderung gerne an und sind motiviert, für die Fasnacht 2025 ein tolles Programm auf die Beine zu stellen.»
Von Patrick Jordi