Der zur Erholung nötige Abstand ging verloren
Bauverwalter Beat Rickenbacher verlässt Ende Oktober die Gemeinde Huttwil und wechselt zur Gemeinde Aarwangen. In den vergangenen sieben Jahren durfte er in Huttwil einige interessante Projekte wie die Ortsdurchfahrt und den Neubau Kindergarten umsetzen. Doch die Nähe von Arbeits- und Wohnort belastete ihn immer mehr. Er geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge.
Seit sieben Jahren ist Bauverwalter Beat Rickenbacher in der Gemeinde Huttwil tätig. Angestellt wurde er am 1. Dezember 2014 als Leiter Hochbau. Nach bereits einem halben Jahr übernahm er die Aufgaben der damals abtretenden stellvertretenden Bauinspektorin und kümmerte sich fortan um baupolizeiliche Aufgaben. Als kurze Zeit später die Stelle des Bauverwalters frei wurde, wählte der Gemeinderat ihn im Dezember 2015 in dieses Amt. Seine neuen Aufgaben als Bauverwalter übernahm Beat Rickenbacher am 1. März 2016. Gleichzeitig bildete er sich weiter und schloss im April 2017 den Fachausweislehrgang Bernischer Gemeindefachmann, kurz darauf einen Führungslehrgang sowie in den Jahren 2018 und 2019 den Diplomlehrgang Bernischer Bauverwalter ab.
Die Nähe zum Arbeitsort
Beat Rickenbacher ist in Huttwil aufgewachsen, machte eine Ausbildung zum Hochbauzeichner, bildete sich anschliessend zum Hochbautechniker weiter und arbeitete vor dem Wechsel acht Jahre lang als Projektleiter bei einem Architekturbüro in Bützberg. «Zwischen 60 und 80 Neubauprojekte habe ich dort jährlich begleitet. Das war sehr viel», erzählt Beat Rickenbacher. Trotz Hochkonjunktur beim Häuserbau schaute er sich nach einer anderen Anstellung um. «Ich wollte schon immer auf einer Gemeinde arbeiten», gesteht der Familienvater. Er bewarb sich 2012 bei zwei Gemeinden und erhielt in der Gemeinde Aarwangen die Zusage als stellvertretender Bauverwalter. Doch bereits nach zwei Jahren wurde er von der Gemeinde Huttwil für eine frei werdende Stelle als Leiter Hochbau angefragt. «Obwohl es mir in Aarwangen sehr gut gefallen hat, spielte ich mit dem Gedanken, das Angebot von Huttwil anzunehmen», erinnert sich Beat Rickenbacher. Ausschlaggebend, dass er schlussendlich die Stelle in Huttwil annahm, war unter anderem die Nähe zum Wohnort. «Anstatt 25 Minuten mit dem Auto hatte ich nur noch drei Minuten zu Fuss bis zum Arbeitsplatz.» Doch genau diese Nähe zum Arbeitsort ist heute wiederum einer der Gründe für seinen erneuten Arbeitsstellenwechsel. «Ich habe diese Nähe unterschätzt, denn sie hat auch ihre Schattenseiten», gesteht der Bauverwalter. Es sei zwar schön, an einem Ort zu arbeiten, an dem man viele Leute kenne, jedoch werde er dadurch in seiner Freizeit immer wieder von diesen beruflich angesprochen. Rickenbacher erinnert sich: «Einmal, während meinen Ferien, lief jemand an unserem Haus vorbei, sah mich draussen stehen und sagte: Ich weiss, dass du Ferien hast, aber könntest du nicht noch schnell …» Schritt für Schritt gingen für den 55-jährigen Bauverwalter Beruf und Privatleben ineinander über. «Wenn ich aus dem Büro komme und auf die Strasse trete, bin ich eigentlich immer noch an meinem Arbeitsplatz, denn der Strassenunterhalt gehört ebenfalls zu meinem Aufgabengebiet», veranschaulicht Rickenbacher. Ähnlich ergeht es ihm beim gelegentlichen Sonntagsspaziergang. Überall wird er mit Dingen konfrontiert, welche mit seiner Arbeit zu tun haben. Hier eine Strasse, welche dringend saniert werden sollte, dort eine bekannte Person, welche ihn um Rat bittet. Beat Rickenbacher musste erkennen, dass der zur Erholung nötige Abstand zur Arbeit schleichend verloren ging und dass dies gesundheitliche Folgen haben könnte.
Weinendes und lachendes Auge
Nun geht Ende Oktober Beat Rickenbachers Karriere in Huttwil zu Ende. Er schaut diesem mit einem weinenden und lachenden Auge entgegen. Das lachende Auge ist auf seine neue Stelle gerichtet, die er wiederum in der Gemeinde Aarwangen als Bauverwalter antreten wird, das weinende Auge hingegen schaut auf Huttwil und das gute Team der Bauabteilung zurück. Denn in den letzten sieben Jahren konnte Beat Rickenbacher zusammen mit seinem Team einige interessante Projekte umsetzen. Sein grösstes Projekt, welches er begleiten durfte, war die Sanierung der Ortsdurchfahrt und die damit verbundene Umgestaltung des Brunnenplatzes. Obwohl die Planung bereits im Jahr 2012 begann, wurde das Projekt 2016, als er die Leitung der Bauverwaltung übernahm, mit den ersten Begehungen konkret. «Das war für mich eines der interessantesten, gleichzeitig aber auch eines der zeitintensivsten Projekte. Ich habe jährlich zwischen 300 und 400 Stunden dafür aufgewendet», blickt Rickenbacher zurück. Dafür ist er beim Schwimmbad-Projekt etwas zurückgetreten und hatte einem seiner Kollegen das Feld überlassen. Gerne erinnert sich Rickenbacher auch an den Neubau des Kindergartens und an das noch immer aktuelle Projekt des Spiel- und Begegnungsplatzes Ribimatte. Doch etwas gibt es, an das er sich nicht so gerne erinnert. Dass die Heilpädagogische Schule nach Langenthal abgewandert ist, stimmt Beat Rickenbacher nachdenklich. «Wir hatten viel Zeit in dieses für Huttwil wichtige Projekt investiert, doch es sollte wohl nicht sein», sagt er traurig.
Bis Beat Rickenbacher seine neue Stelle in Aarwangen am 1. November antreten wird, kann er noch eine Woche Ferien beanspruchen. Eine Woche, die der leidenschaftliche Musikant zur Erholung gerne nutzen wird.
Von Marion Heiniger