• Mastschweine in freier Landschaft. Sie sorgen dafür, dass eine alte Tradition neu auflebt (von links): Landwirte-Ehepaar Doris und Peter Schmitz sowie Metzgermeister Daniel Käser. · Bilder: Walter Ryser

20.06.2017
Oberaargau

Die alte Viehzuchttradition des ehemaligen Klosters St. Urban zu neuem Leben erweckt

In Untersteckholz und St. Urban ist ein vielversprechendes Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE) lanciert worden. Im Juni 2015 wurde es von der Rottaler Auslese GmbH mit Unterstützung des Bundesamtes für Landwirtschaft und der Kantone Luzern, Bern und Aargau gestartet. Neben anderen Spezialitäten entwickelt und vertreibt die gemeinschaftlich gegründete Rottaler Auslese GmbH insbesondere auch Rohfleischprodukte.

Untersteckholz / St. Urban · Für die spezielle Produktelinie hat man eine alte Tradition zu neuem Leben erweckt. So dürfen die Mastschweine im Untersteckholzer Freiland nach Lust und Laune herumtollen, bis sie ihr Schlachtgewicht von üblichen 80 bis 90 Kilogramm auf eindrückliche 160 kg verdoppelt haben. Damit lebt die uralte Viehzucht­tradition des ehemaligen Klosters St. Urban wieder auf.
Die Schweine wachsen auf dem ehemaligen Klosterhof «Sängi» im Untersteckholz in Sichtweite zum Kloster heran. Hier betreibt das Ehepaar Peter und Doris Schmitz einen Landwirtschaftsbetrieb mit Mastschweinen, Kühen und Ackerbau. Seit 1556 befindet sich der Bauernhof im Besitze der Familie, die damals noch vom Kloster zur Bewirtschaftung des Hofes angestellt war. Erst im 18. Jahrhundert habe man den Betrieb pachten und später dann sogar kaufen können, erzählte Peter Schmitz, der sich quasi als Testbetrieb für das Projekt der Rottaler Auslese GmbH zur Verfügung gestellt hat.

Alte Kloster-Tradition
Werner Stirnimann, Geschäftsführer der Rottaler Auslese, sprach davon, dass man sich hier in einem ganz spannenden Raum befinde. Er wies darauf hin, dass rund um die Klosteranlage die Viehzucht eine sehr lange Tradition habe. «Die Zisterzienser-Mönche hielten in der Rottaler Kulturlandschaft neben Schweinen auch Rinder, Ochsen, Pferde und Kleinvieh. Zudem züchteten sie in zahlreichen Teichen Karpfen und hielten in Körben Bienenvölker. Eingestreut in die ganze Landschaft waren die Klosterhöfe.

Kreuzung zweier Schweizer Schweinerassen
Die auf dem Bauernbetrieb Schmitz gezüchteten 30 Mastschweine sind eine Kreuzung zwischen zwei traditionellen Schweizer Schweinerassen, nämlich der Schweizer Landrasse, traditionell typisch für den Luzerner Nordwesten, und dem Schweizer Edelschwein, wie es seit langer Zeit im Kanton Bern gehalten wird. Dank der Kloster-Metzgerei Haas AG läuft anschliessend die Fleischverarbeitung so ab, wie es die Konsumenten gerne sehen: Sorgfältige Aufzucht und verlängerte Mast mit Auslauf im Freiland, damit eine optimale Fleischstruktur entsteht. Der kurze Transport zum Schlachthaus setzt die Tiere zudem nicht unter Stress, was sich ebenfalls positiv auf die Qualität des Fleisches auswirkt.

Bessere Fleischprodukte
Laut Daniel Käser, Inhaber der Klostermetzgerei, entstehen durch die Freilandhaltung der Schweine deutlich bessere Fleischprodukte. «Die längere Mastzeit aufgrund der Freilandhaltung und das dadurch erzielte grös­sere Gewicht sorgt für erstklassig gereiftes Fleisch, das sich besser zum Trocknen eignet und am Ende auch über ein spezielles Aroma verfügt», betont Käser. Mit dem Projekt verfolge man das Ziel, vorerst pro Jahr rund 200 Schinken lagern zu können. Für dieses Jahr sind bereits 180 geplant. Die ersten Schinken «Tipo Parma», wie Daniel Käser sie nennt,  werden an Weihnachten in den Verkauf gelangen. Er weist darauf hin, dass man in der Klostermetzgerei Kapazität für rund 400 gelagerte Schinken hätte. Dazu müssten weitere Bauernbetriebe gewonnen werden, die bereit wären, Freiland-Schweine zu halten. Man sei im Gespräch mit möglichen Interessenten, erwähnten Käser und Stirnimann. Genauso bestehen erste Kontakte zu möglichen Abnehmern der neuen Fleischprodukte. Coop habe diesbezüglich bereits Interesse signalisiert, gab Daniel Käser zu verstehen. Wichtig ist ihm auch der Hinweis, dass nicht nur Schinken produziert wird, sondern dass in der Klostermetzgerei das ganze Tier verwertet wird und dadurch verschiedene Produkte entstehen.
Zufrieden zeigte sich auch Werner Stirnimann, der das erste PRE als Vorzeige-Projekt bezeichnet, von dem er sich erhofft, dass zusätzliche Projekte entstehen, die den lokalen Kreislauf weiter stärken. Stirnimann betonte, dass es beim PRE Rottaler Auslese in erster Linie um die Verarbeitung regionaltypischer Grunderzeugnisse zu unverkennbaren Spezialitäten und deren gemeinsame Vermarktung gehe. «Alle Produkte haben eine Verbindung zum kulturellen Erbe, zum traditionellen Lebensmittelhandwerk und zu den speziellen Pflanzensorten und Tierrassen in der Rottaler Kulturlandschaft rund um die Klosteranlage St. Urban», erläuterte er. Fokussiert werde auf relativ wenige herausragende Produkte der Bereiche Rohfleisch, Käse, Obst und Brotaufstriche.
Die Rottaler Auslese will ihre exquisiten Spezialitäten im Verlaufe des Projekts bis in die Spezialitätenmärkte der grossen Zentren wie Zürich, Basel und Bern absetzen.

Von Walter Ryser