• Renate Niklaus wünscht sich für ihre erste Fasnacht als LFG-Oberin den grossen Umzug durch die Marktgasse zurück. · Bild: Leroy Ryser

02.08.2022
Langenthal

Die erste Oberin will zur Normalität zurück

Nach fünf Jahren war nach der letzten Fasnacht für Stefan Spahr Schluss. Der ehemalige LFG-Ober hat das Zepter nun an Renate Niklaus weitergegeben. Die 60-Jährige ist damit die erste Oberin in der Geschichte der Langenthaler Fasnachtsgesellschaft. Nach drei Jahren unter dem Einfluss von Corona hofft die Langenthalerin nun auf eine Austragung mit ganz viel Tradition und Fasnachtsfreude.

Im Jahr 1952 wurde die Langenthaler Fasnachtsgesellschaft, kurz LFG, gegründet. 70 Jahre später hat mit Renate Niklaus zum ersten Mal eine Frau das Zepter in der Hand. Darauf angesprochen gibt es quasi zwei Antworten von der 60-jährigen Langenthalerin. Einerseits sei da noch «das Büro», also der LFG-Vorstand, mit welchem sie zusammenarbeite. Alleine halte sie das Zepter also nicht in der Hand. Aber andererseits sei sie durchaus stolz, als erste Frau dieses Amt übernehmen zu dürfen. «Ich stehe nicht gerne im Zentrum. Ich übernehme gerne die Verantwortung und helfe mit. Aber ich arbeite lieber im Team und sehne mich nicht nach der ‹Macht› einer Oberin.»
Dabei hätte sie doch tatsächlich während der Fasnacht die Möglichkeit über Langenthal zu herrschen, ist es doch Tradition, dass der Stadtpräsident zur Fasnachtseröffnung seinen symbolischen Stadtschlüssel dem LFG-Ober und bald der ersten Oberin übergibt. Aber auch hier muss Renate Niklaus eher schmunzeln: «Ich bin in Langenthal geboren und tatsächlich ist das eigentlich ein schöner Moment, wenn ich dann plötzlich den Stadtschlüssel in den Händen halte. Aber ich glaube, den deponieren wir beim «Büro». Wir alle werden dann für das Wohl unserer Stadt sorgen», erklärt sie. Darauf, als LFG-Oberin die Fasnacht zu erleben, freut sie sich aber dennoch. «Ich denke, dass es doch ein bisschen anders sein wird. Ich freue mich aber auf die zahlreichen Kontakte und die vielen Begegnungen an diesen Tagen, die ich in meiner Funktion erleben darf.»

Seit 1997 in der LFG mit dabei
Zuletzt erlebte Renate Niklaus die Fasnacht noch als Vize-Oberin. Diese Position trägt sie, seit Stefan Spahr im Jahr 2018 zum Ober gewählt wurde. Als dann die Position des Obers neu vergeben wurde, war die Vize naheliegend – auch, weil «das Büro» gerne eine Frau auf dieser Position sehen wollte. Das Amt als Vize-Oberin war ausserdem nicht die einzige Aufgabe, welche die Angestellte der Pro Senectute ausführte. So zeigt ihr Aufgabenkatalog, dass sie durch und durch LFG-Fasnächtlerin ist.
Ganz zu Beginn hat sie das Kinderkomitee geführt, später arbeitete sie eng mit der Bärenbande und dem Quodlibet zusammen, um die Kinderaktivitäten wie das Kinderzmorge und den Umzug oder die Maskenprämierung zu organisieren, ausserdem war sie als ehemalige Gärtnerin für die Blumen zuständig, welche den Besucherinnen jeweils überreicht werden. Beim Schnitzelbankabend sowie beim Guuggenspektakel hat sie zwischenzeitlich ebenfalls einzelne Ämter übernommen. Bereits im Jahr 1997 wurde sie in der LFG begrüsst, damals als erste junge Frau seit längerem.
Für ihre zahlreichen Ämter werden nun noch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht. «Sowieso möchten wir unsere Mitglieder vermehrt in die Organisation der Fasnacht einbinden, um die Aufgaben auf mehr Schultern zu verteilen. Deshalb wurde auch das Büro zuletzt vergrössert, um dies sicherzustellen.»

Wieder eine normale Fasnacht
Gerade für die nächste Fasnacht wird es denn auch Men- und Womenpower benötigen, ist doch nach insgesamt drei speziellen Jahren mitsamt zwei Corona-Absagen und einer reduzierten Fasnacht auf dem Markthallenareal erstmals wieder eine grosse und normale Fasnacht geplant. «Mit Covid werden wir wohl oder übel leben müssen. Daher bin ich überzeugt, dass die nächste Fasnacht wieder im wie zuvor gewohnten Rahmen mitsamt grossem Umzug am Sonntag durchgeführt werden kann.» Das sei denn auch ein Bedürfnis der Langenthaler Fasnächtler, findet sie, Gespräche, unter anderem mit Cliquen, hätten dies gezeigt. Und: Unter Menschen zu gehen sei nicht nur ein menschliches Bedürfnis, sondern könne – genauso wie die Vorfreude auf die Fasnacht – die eigenen Abwehrkräfte stärken und dem Körper gut tun, findet sie.

Kleine Änderungen wird es geben
Auch ohne Covid-Unsicherheiten hat Renate Niklaus Pläne, die Fasnacht leicht umzugestalten, immerhin werden derzeit Ideen im «Büro» diskutiert. «Der Dienstag, die Uslumpete, ist meistens ein Anlass unter Guuggen, von dem die Beizen kaum mehr profitieren, weil sie wenig Besucher hat. Dass bei der letzten Fasnacht dieser Anlass weggefallen ist, wurde breit akzeptiert», schätzt sie ein. Dafür sei der Freitag, der zusätzlich eingeführt wurde, sehr geschätzt worden, dieser habe Potenzial. «Deshalb steht die Frage noch offen, wie wir die Fasnacht eröffnen möchten. Eines aber ist klar: An den Traditionen möchten wir nicht rütteln.» So werde ein grosser Umzug am Sonntag geplant, das Gemeinderatsfischen werde ebenso wieder durchgeführt und auch die Kinderfasnacht sei eingeplant. «Ich finde, dass Fasnacht nicht nur eine Party sein soll. Es sollen auch Traditionen gelebt und weitergegeben werden. Dazu wollen wir Sorge tragen», sagt die neue Oberin. Darauf, diese Tradition nun wieder «normal» planen zu dürfen, freut sie sich bereits jetzt.

Von Leroy Ryser