• Der Huttwiler Fasnachtsumzug lockt jeweils Tausende ins «Städtli». Doch um den Grossevent überhaupt stemmen zu können, ist die Fasnachtsvereinigung auf viele externe Helferinnen und Helfer und finanzielle Unterstützung angewiesen. · Bild: Yanick Kurth

05.11.2024
Huttwil

Die Fasnacht überlebt nur dank den Vereinen

Seit Jahren kämpft die Huttwiler Fasnachtsverei­­nigung damit, stets genügend Helferinnen und Helfer für die Fasnacht zu finden. Die mithelfenden Vereine sind für die Organisation der fünften Jahreszeit unerlässlich. Nur dank Helferstunden und Gewinn-Abgaben der Vereine sowie dem Erlös aus den Fasnachtsplaketten ist die Fasnacht überhaupt realisierbar.

Damit in Huttwil auch im kommenden Jahr wieder das Konfetti durch die Luft fliegt und der farbenfrohe Fasnachtsumzug durch die Bahnhofstrasse ziehen kann, sind nebst viel Organisation  auch eine Menge an Geldern und viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer nötig, um den Grossevent überhaupt durchführen zu können. «Es war für unsere Fasnacht nie einfach, stets genügend Helferinnen und Helfer rekrutieren zu können», sagt die Präsidentin der Huttwiler Fasnachtsvereinigung, Jacqueline Flückiger, zum «Unter-Emmentaler». Ohne externe Mithilfe durch Vereine wäre die Fasnacht im «Blumenstädtli» nicht durchführbar. Die Vereine sind für die Fasnachtsvereinigung also wichtig, die mit ihren 36 Mitgliedern den Event nicht eigenhändig stemmen kann. Hinzu kommt, dass die Lage heuer auch aus finanzieller Sicht angespannter war als sonst. Ein Grund dafür war unter anderem, dass sich nur noch der Schwingklub Huttwil bereit erklärte, auf dem Brunnenplatz eine Bar zu betreiben. Der zweitgrösste Huttwiler Verein berappt von den Einnahmen aus dem Barbetrieb jeweils einen vierstelligen Betrag an die Fasnachtsvereinigung. Weiter unterstützen die Schwingerinnen und Schwinger die Fasnacht mit über 20 Helferinnen und Helfern. «Mit den Vereinen wird jeweils im Vorfeld thematisiert, wie die Abgaben und Helfereinsätze aussehen», erklärt Jacqueline Flückiger. Einst führten auf dem Brunnenplatz drei Vereine je eine Bar und so kam die Fasnachtsvereinigung jeweils in den Genuss von essenziellen Geldern und dutzenden von Helferinnen und Helfern. Dies fehlte in diesem Jahr. 

Lage soll sich im nächsten Jahr wieder stabilisieren
Doch im kommenden Jahr scheint sich die Lage nun wieder etwas zu entspannen. Auch auf Gelder und Helferinnen und Helfer vom Sportclub Huttwil, welcher seit dem letzten Jahr im «Troxy» eine Fasnachts-Bar eröffnete, kann die Fasnachtsvereinigung ab der kommenden Fasnacht nämlich wiederum zählen. Die 1. Mannschaft des Sportclubs Huttwil schenkte im letzten Jahr erstmals im beliebten Huttwiler Dancing Getränke aus. Vorher betrieb der Fussballverein jeweils auf dem Brunnenplatz eine Bar. «Da die finanziellen Abgaben an die Fasnachtsvereinigung und die Helfereinsätze immer höher wurden und unser Umsatz sank, entschieden wir uns, die Bar auf dem Brunnenplatz aufzugeben», wie der Vize-Präsident des Sportclubs Huttwil, Marco Maurer, auf Anfrage mitteilt. An der letzten Fasnacht entkamen die Fussballer so den Abgaben und Helferstunden. Daraufhin suchte die Fasnachtsvereinigung das Gespräch mit den Verantwortlichen, da die Fussballer durch den Umzug an die Bahnhofstrasse gleichwohl von der Fasnacht profitieren, auch wenn sie nicht direkt auf dem Brunnenplatz eine Bar betreiben. «Wir haben uns mit der Vereinsspitze ausgetauscht und einen fairen Teiler für die Abgaben und Helfereinsätze gefunden», sagt Jacqueline Flückiger auf Anfrage. 

Win-Win-Situation für alle Beteiligten
Die Brandies Ladies, die auf dem Brunnenplatz sieben Jahre lang eine Bar betrieben hatten, stiegen nach der Fasnacht im Jahr 2018 aus. «Die Abgaben wurden stets höher, der Gewinn sank und die Fasnacht fiel zunehmend in unsere Playoffs», sagt Marina Zürcher, Vizepräsidentin der Brandis Ladies zum «UE». Deshalb entschieden sich die Hockeyspielerinnen damals zum Weggang. Die Fasnachtsvereinigung ist somit nicht abgeneigt, in Zukunft weitere Vereine engagieren zu können. Man habe diesbezüglich bereits diverse Gespräche geführt – bislang aber ohne Erfolg. «Wir sind froh um die Vereine, die uns jeweils tatkräftig unterstützen», freut sich Jacqueline Flücki­ger. Die Vereine locken zudem viele Besucherinnen und Besucher ins «Städtli» und somit an die Fasnacht. Während die Vereine mit ihren Einnahmen ihre Vereinskassen auffüllen können, profitiert davon auch die Fasnachtsvereinigung, welche im Gegenzug von den Vereinen Gelder und Helferinnen und Helfer erhält. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten also. Die Fasnachtsvereinigung selbst ist auf dem Brunnenplatz mit diversen Verpflegungsständen vertreten. Hinzu kommt der Bar-Wagen von den «Gaugesumpfern» aus Rohrbach. Auch die Guggenmusik unterstützt die Fasnachtsvereinigung. 

Der Fasnachtsvereinigung fehlt die jüngere Generation
Die Vorbereitungen für die nächste Fasnacht, die vom 14. bis 16. März 2025 unter dem Motto «Ischzyt» stattfinden wird, laufen seit einiger Zeit. «Die Anmeldungen für den hoffentlich grossen Fasnachtsumzug trudeln langsam herein», sagt Jacqueline Flückiger. Im vorletzten Jahr konnte die Fasnachtsvereinigung den Vorstand und das OK mit fünf neuen Kräften besetzen. Dem Verein fehlen aber hauptsächlich jüngere Personen. «Wir sind um 18-jährige bis 30-jährige Personen besonders froh, die unserem Verein beitreten wollen. Sie bringen jeweils neue Ideen in unseren Verein und in die Organisation der Fasnacht», verrät Flückiger. «Wir haben aber nicht unendliche finanzielle Mittel zur Verfügung, um in viel Neues investieren zu können», führt die Vereinsleiterin weiter aus. Aber der beleuchtete Brunnenplatz und die Guggenbühne bei der Kirche kamen im letzten Jahr sehr gut an. Dementsprechend wird dies auch an der kommenden Fasnacht wieder aufgebaut. Seit Monaten läuft die Planung, der Verein ist verpflichtet, ein Sicherheitskonzept vorzulegen. Das regelt nahezu alles – vom Ordnungsdienst über Brandschutz, Strassensperrungen und Sanitätsdienst bis hin zur Kommunikation. Es sind nicht nur gestiegene Kosten allgemein, die der Fasnachtsvereinigung Kopfzerbrechen bereiten – Stichwort Inflation, Corona-Pandemie und Energiekrise. Vor allem die immer wieder neuen gesetzlichen Vorgaben sind ein Problem. «Neu dürfen etwa an den Ausschenkstationen keine Personen mehr Alkohol ausschenken, welche nicht volljährig sind. Dies betrifft auch die Vereine», erwähnt Jacqueline Flückiger. Auch die Auflage mit dem Mehrweggeschirr kommt nicht bei allen gleich gut an. «Es erfordert teilweise mehr Helferinnen und Helfer, das Mehrweggeschirr den Vereinen auszuhändigen, dafür haben wir an der Fasnacht aber deutlich weniger Abfall am Boden, da auf dem Geschirr Depot ist», so die Präsidentin weiter. 

Geld von der Gemeinde – Ausgaben aber um ein Vielfaches höher
Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle für die Fasnachtsvereinigung bleibt aber nach wie vor der Verkauf der Plaketten. «Daraus generieren wir die grösste Summe», erwähnt Jacqueline Flückiger. Hinzu kommen die Abgaben der Vereine, Sponsoring von Firmen und Privatpersonen. Aber auch die Gemeinde Huttwil unterstützt den Verein mit Geldern. «Mit der Fasnachtsvereinigung besteht ein Subventionsvertrag», wie Tanja Zurbrügg, Co-Leiterin der Präsidialabteilung der Einwohnerabteilung der Gemeinde Huttwil auf Anfrage sagt. «Die Fasnachtsvereinigung erhält einen Pauschalbeitrag von 3600 Franken für die Durchführung der Fasnacht», führt Zurbrügg weiter aus. Dies entspricht einer Anlassdauer von drei Tagen. Die Beiträge stützen sich auf Art. 5 des Beitragsreglements der Gemeinde Huttwil. «Es liegt im öffentlichen Interesse der Gemeinde, dass die Vereine sinnvolle Freizeitaktivitäten anbieten.» Der Beitrag der Gemeinde soll zumindest einen Teil der damit verbundenen Unkosten decken. Mit der reglementarischen Grundlage soll die Gleichbehandlung der Vereine sichergestellt werden. Für die Aufwände einer allfälligen Schneeräumung von kontaminiertem Schnee (Schnee mit Konfetti) übernimmt die Gemeinde die Aufwände von maximal 6000 Franken. Dies war in den letzten Jahren jedoch nicht der Fall, da kein Schnee lag. Die restlichen Kosten übernimmt die Fasnachtsvereinigung nach dem Verursacherprinzip. Konkret sind dies: Dienstleistungen des Werkhofs (Reinigung der Strasse), Mietmaterial, Ersatz Materialverlust, Benützung öffentlicher Grund, Publikationskosten und Anschluss und Wasserverbrauch für die WC-Wagen. Die Gemeinde praktiziert bei Beiträgen seit Jahren das Bruttoprinzip. «Grundsätzlich hat der Veranstalter alle Gebühren und Auslagen zu bezahlen. Dafür stehen ihm Leistungen im Umfang des Beitrags zu», so die Co-Leiterin der Einwohnerabteilung, Tanja Zurbrügg, abschliessend. «Wir sind sehr froh über die Beiträge von der Gemeinde, doch die anfallenden Kosten übersteigen den Subventionsbeitrag um ein Vielfaches», sagt Jacqueline Flückiger. «Die Gemeinde Hutt­wil will mit ihren Subventionsbeiträgen eine möglichst faire Lösung für die Vereine gewährleisten», führt sie weiter aus. 

Unterschiede bei der Unterstützung sind gross
Die Mithilfe der Gemeinden an die Kosten von Fasnachts-Events sind immer ein Thema – nicht nur in Huttwil. Und so variiert die Beteiligung der Gemeinden stark. In der Gemeinde Zell findet alle fünf Jahre, jeweils an den Jubiläen der «Hüüze-Guuger», ein grosser Fasnachtsumzug statt. «Die Gemeinde Zell unterstützt die Fasnacht respektive die Guggenmusiken mit einem jährlichen Vereinsbeitrag», erklärt die stellvertretende Gemeindeschreiberin Nadine Zemp auf Anfrage dieser Zeitung. «Zudem können diese die Gemeinde-Liegenschaften für die Proben kostenlos sowie für ihre Anlässe zu einem reduzierten Tarif benützen. Die Organisation des Fasnachtsumzuges erfolgt über die beteiligten Vereine, diese sind grundsätzlich auch selbst für die anschliessende Reinigung der Strassen zuständig», so Zemp abschliessend. In Langenthal, bei der grössten Fasnacht im Oberaargau, ist die Situation wieder anders. «Die Langenthaler Fasnacht wird von der Stadt Langenthal sehr grosszügig unterstützt», sagt Daniel Dubach, Vize-Ober der Langenthaler Fasnachtsgesellschaft auf Anfrage dieser Zeitung. «Für den öffentlichen Grund (ausser Miete Markthalle) zahlen wir keine Miete.» Die Aufwände vom Werkhof (Strassensperren, Reinigung und Abfallentsorgung, Toilettenanlagen und so weiter) werden der Fasnachtsgesellschaft in Rechnung gestellt. Die Zusammenarbeit gestalte sich hervorragend und stets auf Augenhöhe. An den Sitzungen nehmen Vertreter des Amts für öffentliche Sicherheit, des Werkhofs, der Polizeiwerkstatt, der Polizei, ein Teil vom Büro der LFG (Vorstand) und je nach Thema politische Vertreter teil. «Wir erhalten bei allen grösseren Veranstaltungen wertvolle Unterstützung von der Stadt Langenthal», so Daniel Dubach abschliessend. Mehrere Anfragen des «Unter-Emmentaler», auch in weiter entfernten Gemeinden der Schweiz, bestätigen, dass die Unterstützung von Gemeinden an die Kosten für die Fasnacht sehr stark variieren. Es gibt Gemeinden, die fast sämtliche Kosten übernehmen, wiederum andere Fasnachtsgesellschaften erhalten von der Gemeinde kaum finanzielle Mittel und Unterstützung. Gerade in den Kantonen Luzern, Basel-Stadt und Basel-Land engagieren sich die Gemeinden und Städte aber meist grosszügiger an den Kosten.

Schnitzelbankgruppen aus dem Kanton Luzern helfen aus
Doch nicht nur auf Helferinnen und Helfern sowie Gelder ist die Fasnachtsvereinigung stets angewiesen, sondern auch auf genügend Schnitzelbankgruppen. «Die Suche nach neuen Schnitzelbankgruppen aus Huttwil gestaltet sich schwierig», sagt Jacqueline Flückiger. Die beiden Huttwiler Schnitzelbankgruppen «Häbersumpfer» und «Buebeglünggeler» werden an der kommenden Fasnacht mit ihren Versen wiederum für viele Lacher sorgen. Zudem werden auch an der kommenden Fasnacht wiederum drei Gruppen aus dem Kanton Luzern aushelfen. Huttwil schien nie gerade ein Fasnachtsmekka zu sein und doch spürte man, dass viele Huttwilerinnen und Huttwiler das fasnächtliche Treiben mögen und diesem im benachbarten Luzerner Hinterland ausgiebig frönen. Am 30. November 1995 wurde die Fasnachtsvereinigung Huttwil schliesslich mit anfangs knapp 20 Mitgliedern ins Leben gerufen. Unter der Leitung des Präsidenten und Huttwiler Urgesteins Jürg Schürch wurde im Jahr 1996 vorerst mit einem Kinderumzug und einem kleinen Maskenball am Abend begonnen. Mit jedem Jahr wurde dann die Huttwiler Fasnacht grösser und attraktiver und darf heute auf einen stolzen Besucheraufmarsch und die Teilnahme von namhaften Guggen aus allen Teilen der Schweiz zählen. Nach 22 Jahren an der Front gab Jürg Schürch im Jahr 2017 sein Amt als Präsident ab. Neue Präsidentin wurde Jacqueline Flückiger, die ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern der Fasnachtsvereinigung Huttwil zählt und das närrische Treiben im «Blumenstädtchen» aufgebaut und stark mitgeprägt hat. Nur dank dem grossen Engagement aller beteiligten Personen kann die Fasnacht Jahr für Jahr durchgeführt werden. Die Huttwiler Fasnacht lockt jeweils Tausende von Besucherinnen und Besuchern ins «Städtli». Es bleibt zu hoffen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird – trotz der teilweise schwierigen Umstände für die Fasnachtsvereinigung.  

Gaugesumpfer Rohrbach feiern ihr 40-jähriges Bestehen
Da es in Huttwil keine Guggenmusik gibt, sind die «Gaugesumpfer» aus Rohrbach eng mit der Fasnacht verbunden. «Die bunte Truppe, viele davon sind Huttwilerinnen und Hutt­wiler, kann im nächsten Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiern», sagt Vize-Präsident Daniel Inäbnit auf Anfrage. Dafür wird die kleine Guggenmusik extra ein neues Kostüm präsentieren. Dass es damals schwierig war, in einer noch fasnachtslosen Gegend eine Guggenmusik ins Leben zu rufen – Huttwil war damals noch konfettifrei – erfuhren im Jahr 1985 acht junge Leute aus Rohrbach. Doch in den 90er- Jahren ging es mit der noch jungen Guggenmusik steil bergauf, als die heutige Präsidentin der Huttwiler Fasnachtsvereinigung Jacqueline Flückiger bei den «Gaugensumpfern» das Präsidium übernahm. Seither ist die Guggenmusik ein wichtiger Bestandteil an der Huttwiler Fasnacht geworden und kaum mehr davon wegzudenken. Ihr Jubiläum feiert die Guggenmusik am 4. Januar 2025 mit einer grossen Jubiläumsparty in Rohrbach. 

Von Yanick Kurth