«Die Hilfsbereitschaft und Akzeptanz gegenüber dem Fest hat mich überrascht»
In knapp 100 Tagen steigt in Affoltern ein Jahrhundert-Fest. Mit der Durchführung des Bernisch-Kantonalen Schwingfestes wagt man sich im 1100-Seelen-Dorf an einen Grossanlass heran, der alle bisherigen Festivitäten in der Gemeinde in den Schatten stellt. «Die Hilfsbereitschaft und die Akzeptanz gegenüber dem Schwingfest haben mich überrascht», betont OK-Präsident Roland Ryser, der in diesen Tagen erfreut und erleichtert zur Kenntnis nehmen kann, dass man mit den Vorarbeiten auf Kurs ist. Dennoch gebe es in den nächstenWochen noch viel Arbeit zu erledigen, betonte der OK-Präsident im Gespräch und wies beispielsweise auf die minutiöse Planung beim Auf- und Abbau der Infrastruktur hin, ein eigenes Projekt innerhalb des Festes, das sich über eine Zeitspanne von sieben Wochen erstreckt.
Affoltern · Mit Roland Ryser, OK-Präsident Bernisch-Kantonales Schwing fest 2017 in Affoltern, sprach Walter Ryser
Roland Ryser, das Bernisch-Kantonale Schwingfest in Affoltern (1. bis 9. Juli) rückt mit grossen Schritten näher. Wie präsentiert sich der aktuelle Stand der Vorarbeiten?
Ich bin froh und erleichtert, sagen zu können, dass wir gut dastehen und uns voll auf Kurs befinden. Natürlich gibt es noch sehr viel zu tun. Aktuell beschäftigt uns beispielsweise die Personalsituation. So wie es aussieht, werden wir über genügend Helfer verfügen. Dennoch wären wir froh, wenn sich weitere Personen für einen Einsatz am Schwingfest zur Verfügung stellen würden, sind doch momentan etliche Helfer für mehrere Schichten eingeteilt. Mit mehr Personal könnten wir hier für etwas Entlastung sorgen.
Welche Herausforderungen gilt es bis zum Fest sonst noch zu meistern?
Ganz simpel gesagt sind es die drei Bereiche Personal, Budget und Infrastruktur, die uns stark beschäftigen. Neben dem Personalbereich ist das Budget ein Dauerthema. Ich habe zwar keine Angst, dass wir die Finanzen nicht im Griff hätten, aber gerade in diesem Bereich sind wir stark gefordert. Wir müssen das Budget ganz genau überwachen, laufend anpassen und ergänzen, damit wir am Ende nicht überrascht werden. Der Bereich Infrastruktur ist ein happiger Posten. Alleine für den Bau der Arena erwarten wir 35 Lastenzüge mit Material. Der Auf- und Abbau der Infrastruktur ist ein eigenes Projekt, das über eine Zeitspanne von insgesamt sieben Wochen läuft. Dabei gilt es alles minutiös zu planen, damit sämtliche Helfer vor Ort optimal und ohne Wartezeiten eingesetzt werden können. Wir wissen ganz genau, was, wann und wo aufgestellt wird. Doch nun gilt es noch alles zu koordinieren und optimal aufeinander abzustimmen. Alle Bereiche sind bereit, jetzt muss einfach noch alles perfekt ineinandergreifen.
Für die kleine Gemeinde Affoltern bedeutet dieses Schwingfest einen Jahrhundert-Anlass. Was hat Sie und Ihr OK-Team dazu bewogen, sich an einen solchen Grossanlass zu wagen?
Mittlerweile handelt es sich beim Bernisch-Kantonalen Schwingfest in Affoltern um ein zehnjähriges Projekt. Denn exakt vor zehn Jahren fanden die ersten Gespräche mit dem Schwingklub Sumiswald betreffend der
Durchführung des Emmentalischen Schwingfestes 2009 statt. Hätte es dieses Fest nicht gegeben, würde jetzt auch kein «Kantonales» in Affoltern stattfinden. Das «Emmentalische» 2009 in Affoltern war ein super Fest, bei dem alles reibungslos geklappt hat. Schon damals kamen erste Gedanken auf, ein Kantonales Schwingfest durchzuführen. Seit dem «Emmentalischen» waren wir ständig in Kontakt mit dem Schwingklub Sumiswald. Aber bis zum Eidgenössischen Schwingfest 2013 in Burgdorf bin ich davon ausgegangen, dass ein Kantonalschwingfest in Affoltern nicht durchgeführt werden kann, weil die Anlage beim Schulhaus dafür nicht ausreicht. Doch in Burgdorf habe ich gesehen, dass ein Schwingfest auch auf einer grünen Wiese ausgetragen werden kann. Hier fiel der Entscheid, die Durchführung eines Kantonalschwingfestes zu wagen.
Wie sieht es mit dem Support von Gemeinde und Bevölkerung im Vorfeld des Anlasses aus?
Das ist schon erstaunlich. Im Vorfeld dieses Grossanlasses war keinerlei Skepsis spürbar, ganz im Gegensatz zum Emmentalischen Schwingfest 2009 in Affoltern. Damals war die Angst vor einem finanziellen Debakel gross. Selbstverständlich gibt es auch jetzt Leute im Dorf, die mit dem Kantonalschwingfest nicht viel anfangen können, aber das Gros der Bevölkerung und auch die Gemeinde stehen voll und ganz hinter unserem Anlass. Ich würde die Unterstützung sogar als beispielhaft bezeichnen. Das Motto muss einfach lauten: «Wir machen in Affoltern ein Fest» und nicht: «Die machen in Affoltern ein Fest.» Deshalb betone ich auch immer wieder, dass wir ein Fest für alle in und um Affoltern organisieren.
Hatten Sie schlaflose Nächte oder Momente, in denen Sie gedacht haben, «auf was habe ich mich da bloss eingelassen?»
Ja, das habe ich tatsächlich einige Male gedacht und auch ein paar schlaflose Nächte gab es. Nicht das Fest als solches hat mich beschäftigt, aber in erster Linie die Dimension hat mir einige Male Kopfzerbrechen bereitet. Plötzlich habe ich ein Unternehmen mit 75 OK-Leuten geführt. Das war nicht immer einfach, gab es doch hin und wieder Konflikte und Meinungsverschiedenheiten. Das ging nicht immer spurlos an mir vorbei. Es war nicht einfach, in einem reinen Milizsystem alle auf die gleiche Linie zu bringen. Mittlerweile haben wir uns gefunden und ich schlafe wieder gut. Auch bin ich in der Zwischenzeit etwas gelassener geworden und kann mit gewissen Problemen, die in einer so grossen Organisation zwangsläufig einmal auftreten, besser umgehen.
Was war bislang die grösste Herausforderung?
Sicher der finanzielle Bereich. Wenn wir hier nicht auf Kurs sind, dann werden die Diskussionen sehr schnell einmal emotional. Es ist natürlich nicht angenehm, wenn man einen Ressortchef, der mit viel Herzblut und gros-sem Engagement seinen Bereich versieht, zurückpfeifen und das geplante Vorhaben sistieren muss, weil dieses einfach zu teuer ist. Oft ist es ja so, dass ich selber den Vorschlag sogar super finde, aber als OK-Präsident die Verantwortung trage und schweren Herzens einen Schritt retour machen muss, weil die finanzielle Situation mir keine andere Wahl lässt.
Was war bisher der schönste Moment?
Der Start zu diesem Vorhaben hat mich total überrascht. Die Hilfsbereitschaft und die Akzeptanz der Vereine und der Bevölkerung gegenüber dem Fest war sehr erfreulich. Viele Leute haben sich spontan zur Verfügung gestellt, im OK oder beim Fest mitzuhelfen. In der ganzen Zeit habe ich praktisch keine Ablehnung oder Zurückhaltung gegenüber dem Fest gespürt. Einmalig und unvergessen ist aber auch alles, was wir bislang im Zusammenhang mit diesem Fest erlebt haben und natürlich auch die vielen lobenden Worte aus der Schwinger-Szene für unser Engagement.
Ein Kantonalschwingfest scheint Ihnen nicht zu reichen, Sie veranstalten in Affoltern gleich eine achttägige Schwinger-Party. Ein gewagtes Unterfangen?
Wir waren von Anfang an der Meinung, wenn wir schon eine solch gigantische Infrastruktur auf die Beine stellen müssen, dann sollte man diese zusätzlich nutzen können, weil wir der Ansicht sind, dass es fast ein wenig Wahnsinnig anmutet, dies alles bloss für einen Tag aufzustellen. Es war uns deshalb ein grosses Anliegen, mit diesem Anlass auch der Bevölkerung etwas zu bieten, wir möchten alle miteinbeziehen und an diesem Fest teilhaben lassen.
Sie erwarten am Sonntag zum Schwingfest über 10 000 Besucher. Wie sieht das Verkehrs- und Parkierungskonzept aus, damit alles reibungslos klappt und nicht wie vor zwei Jahren in Seedorf, als viele Besucher erst gegen 9 Uhr in der Schwing-Arena eintrafen?
Wir haben das Glück, dass unser Festgelände verkehrstechnisch sehr günstig liegt, wird doch dieses über vier verschiedene Verkehrsachsen erschlossen. Damit zwängt sich der Verkehr nicht über eine einzige Ver-
kehrsachse. Zudem konnten wir beim «Emmentalischen» 2009 wertvolle Erfahrungen sammeln, so dass wir zuversichtlich sind, das zu erwartende Verkehrsaufkommen reibungslos abwickeln zu können.
10 000 Besucher, eine stattliche Zahl. Da macht man sich heute so seine Gedanken betreffend Sicherheit. Sind die letztjährigen Vorfälle während des französischen Nationalfeiertags in Nizza oder beim Weihnachtsmarkt in Berlin überhaupt ein Thema im Schwingfest-OK?
Ja, absolut, die Sicherheit bildet sogar ein Kernthema im OK, einerseits aus eigenen Überlegungen und andererseits auch durch die Vorgaben des Regierungsstatthalters. In unserem Sicherheitskonzept sind deshalb verschiedene Szenarien enthalten wie Sturm, Wasser und andere Bedrohungslagen, auf die wir im Notfall vorbereitet sein müssen.
Welchen Bezug zum Schwingen haben Sie?
Gar keinen. Bis damals, als ich bei der Organisation des Emmentalischen Schwingfestes 2009 mithalf, hatte ich noch nie ein Schwingfest besucht. Bei der Organisation der beiden Anlässe in Affoltern habe ich nicht in erster Linie das Schwingen gesehen, sondern den Anlass als solches. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass ich kein Schwingprofi sein muss, meine Aufgabe liegt vielmehr darin, das OK zu führen und mit ihm zusammen ein tolles Fest auf die Beine zu stellen. Für das Schwingtechnische stehen genügend Fachleute zur Verfügung.
Auf was freuen Sie sich besonders?
Auf den Start am 30. Juni mit der Eröffnung des Gabentempels. Dann geht es nach einer langen und aufwändigen Vorbereitung endlich los.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann ist in Affoltern geboren und aufgewachsen. Wird er am Fest anwesend sein?
Eingeladen ist er jedenfalls. Aber zum jetzigen Zeitpunkt kann ich diese Frage nicht beantworten, weil wir den genauen Terminkalender von ihm nicht kennen. Aber selbstverständlich würden wir uns sehr darüber freuen, wenn er in Affoltern anwesend sein könnte, das würde unserem Fest das berühmte «Tüpfelchen» aufs i setzen.
Womit befassen und beschäftigen Sie sich nach dem 9. Juli?
Puh, zu diesem Zeitpunkt ist für uns die Arbeit noch nicht erledigt. Es werden sicher noch einige Sitzungen folgen, bis das Fest wirklich abgeschlossen ist. Auch werden wir eine kleine Organisation aufrechterhalten, die im nächsten Jahr am Kantonalschwingfest die Fahne übergeben wird. Aber, um auf ihre Frage zurückzukommen, ich habe noch keine Pläne für die Zeit nach dem Fest gemacht. Sicher werde ich wieder etwas mehr Zeit für meine Familie und meine Hobbys haben. Zudem werde ich im Herbst nach Spanien ans Meer fahren und mich dort erholen.