• Der Kohlemeiler im Aufbau. Unter der «Löschi» befindet sich das Raudach, welches aus einer Schicht Tannäste besteht. · Bild: zvg

  • Der Meiler wird gefüttert: Die im Innern entstandenen Hohlräume werden mit kleineren Holzkohlestücken gestopft.

  • Mit rund zwei Metern Höhe und einem Durchmesser von fünf Metern steht im Riedbad ein eher kleiner Kohlenmeiler. · Bilder: Marion Heiniger

  • Köhler Lukas Thalmann (links) hat seinen Freunden das traditionelle Handwerk beigebracht. Toni Siegenthaler (rechts) sticht kleine Löcher in den Kohlemeiler, um die Luftzufuhr zu regeln.

03.09.2024
Emmental

Die Köhler aus dem Riedbad

Das Köhlern ist ein uraltes, vom Aussterben bedrohtes Handwerk, um Holzkohle herzustellen. Lukas Thalmann aus Wasen weiss noch, wie es geht. Der gebürtige Romooser hat das Köhlern von seinem Nachbarn gelernt. Nun hat er zusammen mit vier Freunden zuhinterst im Hornbach im Riedbad einen Kohlenmeiler aufgebaut, um die Tradition zu erhalten und um den interessierten Leuten das alte Handwerk zeigen zu können. Bis zum kommenden Wochenende «brennt» und raucht der Kohlenmeiler noch.

 

Emmental · Holzen, schichten, füllen, stampfen, wässern. Köhlern ist ein uraltes, schon fast vergessenes Handwerk, das vollen Körpereinsatz verlangt. Zurzeit steht ein Kohlenmeiler zuhinterst im Hornbach auf dem Parkplatz des Gasthofs Riedbad. Vor rund einem Monat haben ihn die fünf «Riedbad-Köhler» unter fachmännischer Anleitung von Lukas Thalmann aufgebaut. Seit dem 5. August brennt er. «Er brennt noch bis etwa am 17. oder 18. August, danach werden wir ihn luftdicht abdecken, damit die Kohle auskühlen kann», erklärt Lukas Thalmann. Seit rund sieben Jahren wohnt der 22-Jährige in Wasen und betreibt einen Bauernhof, aufgewachsen aber ist er in Romoos im Entlebuch. Dort, wo das Köhlern noch Tradition hat und der grösste Teil der Schweizer Holzkohle hergestellt wird. «Ich habe das Köhlern im Blut», erzählt der junge Bauer mit einem zufriedenen Lächeln und ergänzt: «bereits mein Grossvater hat geköhlert, beigebracht hat es mir aber ein Nachbar.» Da wundert es nicht, dass seine vier Freunde Toni Siegenthaler, Hansueli Lanz, Simon Beyeler und Chris Scholz auf die Idee kamen, einen solchen Kohlemeiler auch einmal im eigenen Dorf aufzubauen – mit Lukas Thalmann als «Chef-Köhler».

Der Kohlemeiler entsteht
Vor rund einem Monat haben die fünf Männer mit dem Aufbau des Kohlemeilers angefangen. 15 Ster Holzscheite, Rundholz und Äste, das meiste Buchenholz, etwas weniges Nadelholz, wurden dafür fein säuberlich mit möglichst wenig Zwischenräumen auf einem etwa 20 Zentimeter hohen Holz-Luftrost zu einem Kamin aufgeschichtet. Die dicken Holzscheite innen, die dünneren Rundhölzer und Äste aussen. Es folgte eine Schicht aus Tannästen, das sogenannte Raudach. Darauf wurde das «Löschi», eine dicke Schicht Kohlefeinteile (Abfallprodukt eines früheren Meilers) verteilt, das den Meiler rundherum luftdicht abschliesst. Alles in allem weist der Kohlemeiler im Riedbad eine Höhe von etwas über zwei Metern und einen Durchmesser von rund fünf Metern auf. «Das ist ein verhältnismässig kleiner Kohlemeiler, im Romoos werden Meiler mit bis zu 140 Ster Holz aufgeschichtet», weiss Lukas Thalmann und verrät, dass von den im Riedbad verwendeten 15 Ster Holz am Schluss nur etwa 35 Prozent als Kohle übrigbleiben werden. Im Innern des Meilers herrscht eine hohe Temperatur von mehreren hundert Grad. «In der Regel sind es zwischen 400 und 700 Grad, es kann aber auch mehr sein», erklärt Toni Siegenthaler, der schon viel von seinem jungen Meister gelernt hat. In einem Meiler darf das Holz nicht brennen, sondern nur glimmen, sonst bleibt nur Asche übrig. Durch die grosse Hitze wird das Holz zersetzt, das Wasser, welches dabei entsteht, verdampft. Was zurückbleibt ist Kohle. Der Verkohlungsprozess geht dabei schichtweise von oben nach unten vor sich.

Kontrolle rund um die Uhr
«Seit der Kohlemeiler angezündet wurde, muss alle drei Stunden, rund um die Uhr, kontrolliert werden, ob das Holz noch gleichmässig glüht», erklärt der 67-jährige Toni Siegenthaler, der an diesem Nachmittag ebenfalls im Riedbad vor Ort ist. Er stellt eine Leiter an den Meiler und klettern hinauf. Lukas Thalmann folgt ihm. Während Thalmann mit einem langen Metallstab in der Mitte des Meilers nach Hohlräumen sucht, die er mit kleinen Holzkohlestücken aus Jutesäcken stopft, das sogenannte Füttern des Meilers, sticht Siegenthaler an den Seiten mit einem weiteren Stab Löcher in den Mantel des Meilers, um die Luftzufuhr zu regeln. Damit das Holz im Meiler gleichmässig verkohlt, darf nur dosiert Luft ins Innere gelangen. «An der Farbe des Rauches kann man erkennen, wie weit die Verkohlung fortgeschritten ist. Anfangs ist der Rauch weiss, wenn er sich bläulich verfärbt, ist die Kohle bald fertig», merkt der junge Köhler an. Es dauert rund zwei Wochen, bis aus dem Buchen- und Nadelholz gute Kohle wird. Bis diese vollständig ausgekühlt ist, vergehen nochmals etwa sechs Wochen. Danach wird die Kohle «ausgepackt» und die verschiedenen Grössen mit Hilfe eines Rüttelsiebs getrennt. Die grobe Kohle kann zum Beispiel als Grillkohle verkauft werden, die Mittlere und die feine Kohle werden für die nächsten Kohlemeiler wiederverwendet. Die Mittlere als «Futter», um die Hohlräume im Innern zu stopfen, die Feinere als «Löschi» zur Abdichtung des Meilers. Im Riedbad ist es Ende September, anfangs Oktober soweit. Und dann? «Unsere Holzkohle kann danach abgepackt im Gasthof Riedbad gekauft werden», verrät Lukas Thalmann, der sich mit seinen Köhler-Kumpels dazu entschieden hat die Kohle dem Gasthof kostenlos zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen hat die mit einem Kohlemeiler hergestellte Holzkohle einen höheren Heizwert als die industriell hergestellte Kohle.

Von Marion Heiniger