• Belesene Gemeindepräsidenten: Markus Loosli (Herzogenbuchsee, links) und Walter Rohrbach (Huttwil) kämpfen für eine finanzielle Unterstützung ihrer Bibliotheken. · Bild: Walter Ryser

11.08.2020
Huttwil

Die Kulturförderung sorgt für rote Köpfe

Kulturveranstaltungen gibt es aktuell wegen der Corona-Pandemie in der Region Oberaargau nur wenige. Vielleicht gerade deshalb haben die Gemeinderäte von Herzogenbuchsee und Huttwil kurzfristig ein sommerliches Kultur-Drama inszeniert: Sie sind unzufrieden mit der Kulturförderung im Oberaargau und fordern eine Neuverteilung der Fördermittel. Konkret sollen künftig nicht bloss die fünf bekannten Kulturinstitutionen in Langenthal finanziell unterstützt werden, sondern auch die beiden Bibliotheken in Huttwil und Herzogenbuchsee sowie die Huttwiler Themenmärkte und die Kreuz-Keller-Bühne in Buchsi.

Huttwil / Herzogenbuchsee · Das «Theater» wird am 20. August im Hotel Bären in Langenthal zur Aufführung gelangen, geschrieben und aufgeführt wird es aber nicht von Kulturschaffenden, sondern von den regionalen Gemeindepolitikern, genauer gesagt von den Gemeinderäten aus Herzogenbuchsee und Huttwil. Sie werden an der Versammlung der Kommission Kultur der Region Oberaargau beantragen, die Kulturförderung im Oberaargau neu auszurichten und die zur Verfügung stehenden Fördermittel künftig anders zu verteilen.
Das Stadttheater, die Regionalbibliothek, das Kunsthaus, das Museum und der Kulturverein Chrämerhuus in Langenthal gelten im Oberaargau als Kulturinstitutionen von «regionaler Bedeutung». Sie werden deswegen nicht nur von der Standortgemeinde Langenthal, sondern auch vom Kanton sowie von den übrigen, im Gemeindeverband Kulturförderung zusammengeschlossenen Oberaargauer Gemeinden gemäss den Vorgaben der kantonalen Kulturförderung unterstützt.

Unzufrieden, weil alles Geld nach Langenthal fliesst
Dass die Kulturförderung im Oberaargau ausschliesslich Langenthaler Institutionen zugute kommt, stört einige Gemeinden im Oberaargau schon längere Zeit. Sie haben diesen Umstand schon einige Male moniert – erfolglos, sowohl bei der Region Oberaargau wie auch beim Kanton. Doch nun ist den Gemeinderäten von Herzogenbuchsee und Huttwil der Kragen geplatzt, wie die beiden Gemeindepräsidenten an einer Medienorientierung mitteilten. «Mit der Auslegung des kantonalen Kulturgesetzes sind wir ganz und gar nicht einverstanden. Wir sind unzufrieden, weil alles Geld nach Langenthal fliesst», betonte Walter Rohrbach (Gemeindepräsident Huttwil), der darauf hinweist, dass auch ausserhalb der Oberaargauer Zentrumsstadt gute, unterstützungswürdige Kultur angeboten werde. In keiner anderen Region im Kanton Bern würden alle Kantons- und Gemeindebeiträge einer einzigen Gemeinde zufliessen.

Vorschlag der Region abgewiesen
Deshalb streben Herzogenbuchsee und Huttwil bei der kommenden Verbandsversammlung eine Neuverteilung der Fördermittel an. Man wolle sich nicht auf die nächste Angebotsperiode (2025 bis 2028) vertrösten lassen, bemerkte Markus Loosli (Gemeindepräsident Herzogenbuchsee). Deshalb beantrage man dem Verbandsrat die Vorlage der Neuverteilung der Fördergelder sowie die Genehmigung von vier zusätzlichen Leistungsverträgen der Subregionen Oberaargau Süd und West. Konkret sollen künftig die Bibliotheken in Herzogenbuchsee und Huttwil sowie die Kreuz-Keller-Bühne in Buchsi wie auch die Huttwiler Themenmärkte von Fördermitteln profitieren.
Loosli wies weiter darauf hin, dass die Problemstellung der Bibliotheken im Oberaargau seit langem bekannt sei. Ein Vorschlag der Region Oberaargau lehnten die Gemeindevertreter von Herzogenbuchsee und Huttwil ab. Dieser sah vor, dass den beiden Gemeinden ihre Beiträge an die Regionalbibliothek Langenthal rückvergütet würden. «Dieser Vorschlag stimmt für uns nicht und ist ungenügend», zeigt sich Markus Loosli unnachgiebig. Er verweist darauf, dass die Beiträge der anderen Gemeinden aus den Subregionen bei der Regionalbibliothek Langenthal verbleiben würden, und auf den Anteil der Kantonsgelder hätten die beiden Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil zudem weiterhin keinen Anspruch.
Loosli hält diesbezüglich weiter fest, dass die Regionalbibliothek Langenthal die erforderlichen Leistungen gemäss Vertrag nur ungenügend erbringe, vielmehr würden die Bibliotheken in Huttwil und Herzogenbuchsee die Leistungen selber erbringen, erhielten dafür aber keine Abgeltung, im Gegenteil, man bezahle noch für eine andere Institution. «Ich sehe nicht ein, weshalb wir als Gemeinde für ein Angebot gleich zweimal zahlen sollten», äusserte sich auch Sandra Lambroia, Gemeinderätin von Huttwil (Ressort Soziales, Kultur und Freizeit) entsprechend.

Minus 80 000 Franken für Langenthal
Die Gemeindevertreter von Huttwil und Herzogenbuchsee sind der Meinung, dass man der Verbandsparlaments-Versammlung einen konstruktiven Vorschlag für eine künftige kulturelle Gesamtförderung der Region unterbreite. Sie weisen darauf hin, dass ihr Antrag keine Erhöhung der finanziellen Mittel vorsehe, sondern lediglich eine Umverteilung innerhalb der Region anstrebe. Gemäss ihrem Vorschlag würden der Stadt Langenthal künftig etwa 80 000 Franken weniger Beiträge zufliessen. Mit jährlich nach wie vor rund 870 000 Franken wird laut den Gemeindevertretern von Huttwil und Herzogenbuchsee der unbestrittenen Zentrumsfunktion von Langenthal weiterhin ausreichend Rechnung getragen. Der Anteil von rund 80 000 Franken für Beiträge an Huttwil/Herzogenbuchsee entspreche rund neun Prozent, dies bei einem Einwohneranteil von 37 Prozent in den beiden Subregionen an der Gesamtbevölkerung im Oberaargau.

Werden sogar die Beiträge sistiert?
Das Kultur-Drama ist damit nicht beendet, sondern erst richtig lanciert. Ausgang und Ende nicht absehbar. Nächster Akt folgt an der Verbandsparlamentsversammlung am 20. August. Man darf gespannt sein, welche Haltung die Oberaargauer Gemeinden diesem Antrag gegenüber einnehmen werden. Fest steht schon jetzt, dass die Stadt Langenthal keine Freude an diesem Vorgehen finden wird. Wie sich der Kanton bei einer Annahme des Antrages verhalten wird, ist ebenfalls offen. Nachdem er bereits einmal eine Aufnahme von weiteren Oberaargauer Kulturinstitutionen von «regionaler Bedeutung» abgelehnt hatte, könnte er mit Beitragskürzungen drohen.
Klar scheint aber auch, dass die Gemeindevertreter von Herzogenbuchsee und Huttwil auch bei einer Niederlage an der Verbandsparlaments-Versammlung nicht klein beigeben wollen, wie Markus Loosli abschlies-send versicherte: «Als nächster Schritt bliebe uns die Ergreifung des Referendums oder die vorübergehende Sistierung der Beiträge an die Langenthaler Kulturinstitutionen. Beide Möglichkeiten ziehen wir bei einer allfälligen Ablehnung unseres Antrags in Betracht.» Wahrlich ein spannendes Kultur-Drama, mit mehreren Akten und vorerst ohne Happy-End ...

Von Walter Ryser