• So präsentiert sich die Landtechnik heute.

  • Seit dem 1. August ging die Landtechnik Affoltern GmbH in die Hände der Agro-Technik Zulliger AG, Hüswil. Von links: Roger Zulliger, Marc Flückiger und der Vermieter der Liegenschaft, Daniel Wynistorf. · Bilder: Marion Heiniger

  • 2010: Nach vier Generationen geht im Jahr 2010 Pfister Landmaschinen in die Hände von Peter Rothenbühler (rechts) und Marc Flückiger (Zweiter von rechts) und wird zu Landtechnik Affoltern GmbH. Links Fritz Pfister, neben ihm Sohn Hans Ulrich Pfister. · Archiv: ljw

  • Dorfschmiede Affoltern 1914. Familie Pfister mit Kindern, von links: Mutter Elise (geb. 1870), Vater Ulrich (1863), Gottfried (1891), Walter (1895), Frieda (1890), Rosa (1903), Hermann (1897), Ulrich (1900), Hans (1902) und Fritz (1904). · Bild: zvg

  • Die Dorfschmiede um 1890. · Bilder: zvg

  • 1923: Grosszügiger Bau mit Wohnteil.

  • Um 1910, neuer Anbau (östlich).

  • Um 1900, der erste Anbau (links).

03.09.2024
Emmental

Die Landtechnik geht in neue Hände über

120 Jahre lang war die Schmiede in Affoltern im Besitz der Familie Pfister. Anfangs 2010 übergab Hans Ulrich Pfister, in vierter und letzter Generation, den Betrieb an seinen Werkstattchef Peter Rothenbühler und an Marc Flückiger. Heute, 14 Jahre später, steht wieder ein Wechsel bevor. Seit dem 1. August hat die Agro-Technik Zulliger AG aus Hüswil die Landtechnik Affoltern GmbH übernommen.

Emmental · Ende 2009 ging die Familientradition Pfister nach 120 Jahren und vier Generationen zu Ende. Hans Ulrich Pfister legte das ganze Unternehmen am 1. Januar 2010 in die Hände seiner langjährigen Mitarbeiter, dem Werkstattchef Peter Rothenbühler und Marc Flückiger. Aus der Schmiede wurde die Landtechnik Affoltern GmbH. Anfangs unter der Leitung von Peter Rothenbühler, ab 2013 führte Marc Flückiger das Unternehmen. 2015 wurde eine neue Halle gebaut und mit einer Umstrukturierung in den Jahren 2021 und 2022 wurde die Werkstatt modernisiert. Der junge Chef Marc Flückiger übernahm fortan den Betrieb allein, führte ihn mit Herzblut und half seinen Kunden, wo er konnte. Seine besondere Freude galt dem Schmieden an der Esse. Ende 2023 jedoch entschied er sich, den Betrieb in andere Hände weiterzureichen, um eine einzigartige Gelegenheit zur Weiterbildung zu nutzen und damit seine berufliche Laufbahn zu fördern. «Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, doch es ist an der Zeit, neue Wege zu gehen», erklärt Marc Flückiger, in seiner Stimme schwingt eine leichte Wehmut mit. Seither hat er sich intensiv mit einer Nachfolgelösung auseinandergesetzt, um den Fortbestand der Landtechnik Affoltern GmbH und die Zukunft der Mitarbeitenden zu sichern. «Es haben sich verschiedene Interessenten auf die Ausschreibung gemeldet. Die meisten Verhandlungen scheiterten nicht etwa an den Investitionskosten oder an den betriebswirtschaftlichen Aussichten, sondern an den fehlenden Landmaschinenmechanikern», verrät Marc Flückiger. Der Markt sei ausgetrocknet, viele Lehrabgänger würden heute, da der Verdienst höher sei, in anderen Berufssparten arbeiten. Durch die vielseitige Ausbildung sind Landmaschinenmechaniker gefragte Berufsleute.

Auf der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb
Von dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt liess sich Roger Zulliger hingegen nicht beirren. Er war schon seit längerem auf der Suche nach einem Betrieb, um Lehrlinge ausbilden zu können. Nicht zuletzt, um dem Mangel an Landmaschinenmechanikern entgegenzuwirken. 2003 gründete Roger Zulliger die Agro-Technik Zulliger AG in Hüswil. Die erfolgreiche Importfirma beliefert Landmaschinenfachhändler in der gesamten Deutsch- und Westschweiz sowie in Lichtenstein. Daneben bietet sie einen umfassenden Kundendienst und ein grosses Ersatzteillager. In der eigenen Werkstätte werden Maschinen aufbereitet, grössere Revisionen getätigt sowie Spezialanfertigungen in Kleinserien hergestellt. Seit dem 1. August hat er nun die Landtechnik Affoltern GmbH übernommen. Auch für Roger Zulliger war die Suche nach Fachpersonal nicht einfach. Motiviert von seiner Idee, die Landtechnik in Affoltern zu übernehmen, liess er nicht locker und hat einen geeigneten Landmaschinenmechaniker gefunden, der den Betrieb ab Oktober diesen Jahres weiterführen wird. «Es war eine Herausforderung, jemanden mit Faszination und Begeisterung für Landmaschinen zu finden», sagt Zulliger. In der nun zweimonatigen Übergangszeit werden die beiden bestehenden Mitarbeiter den Affolter Traditionsbetrieb reduziert weiterführen. «Je nach Arbeitsaufkommen werden wir weitere Mitarbeitende suchen», lässt Roger Zulliger einen Blick in die Zukunft zu. Zudem hofft er, die offene Lehrstelle für Sommer 2025 besetzen zu können. 

Vier Generationen Familie Pfister
Die Landtechnik Affoltern GmbH hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Hans Ulrich Pfister, der als letzter der Familie Pfister die Schmiede von 1987 bis 2010 in vierter Generation führte, erinnert sich: «Mein Ur-Grossvater Ulrich Pfister, er kam von Oberburg, hatte 1890 die Dorfschmiede in Affoltern übernommen.» Wie damals üblich, führte der Kleingewerbler daneben einen Landwirtschaftsbetrieb. Weitsichtig hat er immer wieder Erweiterungen vorgenommen, schon wenige Jahre nach der Übernahme. Zuerst baute er einen bescheidenen seitlichen Anbau, später dann einen grösseren auf der östlichen Seite des Hause. Seit 1903 besitzt der Betrieb einen Vertrag mit der Landmaschinenfabrik Aebi in Burgdorf. Als der Sohn, Walter Pfister 1923 heiratete, erfolgte der grosszügige, teilweise zweistöckige Bau der Wohnung über dem gesamten Geschäfts- und Landwirtschaftsteil der Liegenschaft. 1925, als Ulrich Pfister verstarb, übernahmen die Söhne Walter und Gottfried Pfister zusammen die Schmiede und den Landwirtschaftsbetrieb, wobei sich Gottfried vorwiegend der Landwirtschaft widmete. Er zog sich 1942 zurück und der gesamte Betrieb ging an Walter Pfister über. «Mein Grossvater Walter Pfister  war ein Taglöhner und ging auch auf Wanderschaft. Ausserdem hat er Metallbeschläge für Saustall-Türen patentieren lassen», erzählt Hans Ulrich Pfister aus seinen Erinnerungen. Sein Vater Fritz Pfister folgte 1962 und übernahm in dritter Generation die Schmiede. «1964 hat mein Vater mit Landmaschinen angefangen. In diesem Jahr verkaufte er den ersten Traktor, kurz darauf übernahm er die Vertretung von Bucher», erinnert sich Hans-Ulrich Pfister, der Jahre später die Schmiede nach seiner Ausbildung zum Huf- und Wagenschmied und der Zusatzlehre als Landmaschinenmechaniker und der darauffolgenden Meisterprüfung (1977) im Jahr 1987 in vierter Generation übernahm. Fortan bildete nicht mehr die Schmiede, sondern die Landmaschinen das Hauptgeschäft. Neben Hans Ulrich Pfister arbeiteten zu Anfang drei Mitarbeiter und zwei Lehrlinge im Betrieb mit. «Wir haben neben den Landmaschinen, wenn Zeit war, vieles gemacht, auch Sanitärarbeiten oder Stahlbau. Den letzten Wagenreif zum Beispiel haben wir 1990 für einen antiken Kanonenwagen hergestellt.» Als Landmaschinenmechaniker musste Hans Ulrich Pfister flexibel sein und manchmal auch erfinderisch. «Ich habe auf Initiative eines Landwirtes eine fahrbare Mosterei für Äpfel konstruiert oder eine Hydraulikanlage für Aebi Transporter gebaut, damit man die Maschinen nicht nur an einem Traktor, sondern auch an einem Transporter leicht wechseln konnte. Nicht jeder konnte sich damals einen Transporter und einen Traktor leisten», weiss Hans Ulrich Pfister. Die Firma Aebi war von dieser Hydraulikanlage so begeistert, dass sie diese gleich in ihr Sortiment aufnahm.

Wichtig auch für die Gemeinde
Dass es mit der Landtechnik Affoltern GmbH weitergeht, freut auch den Gemeindepräsidenten Roland Ryser: «Für die Gemeinde ist es wichtig, dass ein solcher Betrieb weitergeführt werden kann, er belebt wie beispielsweise auch die Schaukäserei oder die Bäckerei das Dorf. Die Schmiede ist seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil von Affoltern und deshalb historisch gesehen wichtig.» Roland Ryser ist selbst Landwirt und Kunde der Landtechnik, deshalb weiss er um die Vorzüge einer Landmaschinenwerkstätte im eigenen Dorf. «Den guten Service, auch bei Notfällen, erhält man nicht, wenn man im Internet eine Maschine bestellt, bei uns im Dorf hingegen schon.» Zudem wäre dem Dorf, hätte die Landtechnik schliessen müssen, dann auch die Tankstelle verloren gegangen. «Die Gemeinde würde es sehr schätzen und dem auch Rechnung tragen, dass die Landtechnik weitergeführt werden kann», so Roland Ryser.


Von Marion Heiniger