• Von links: Regula May (MPA), Dr. Samuel Leuenberger, Dr. Dieter Fenner und Dr. Damian Meli in der neuen Praxis. · Bild: Patrik Baumann

31.01.2022
Oberaargau

Die neue Hausarztpraxis wurde eröffnet

Seit Anfang des Jahres befindet sich die Melchnauer Hausarztpraxis nicht mehr an der Feldstrasse, sondern mitten im Dorf im Gebäude der ehemaligen Bankfiliale der Bank Oberaargau. Vergangene Woche luden die Verantwortlichen zur Eröffnung ein und der «Unter-Emmentaler» konnte einen Blick in die neuen Praxisräume werfen.

Melchnau · «Seit 1904 gibt es in Melchnau eine Hausarztpraxis. Damals stellte die Gemeinde dem ersten Arzt, Dr. Brand, ein Stück Bauland zur Verfügung. Bis Ende letztes Jahr praktizierten die Hausärzte in dieser Liegenschaft», erzählte Susanne Kratochvil anlässlich der Eröffnung. Ihr Mann, Dr. Dieter Fenner, führt die Hausarztpraxis seit 19 Jahren. «Für mich war klar, dass ich der letzte Melchnauer Arzt sein werde, der bei der Übernahme gleich das Wohnhaus und die Praxis kaufen musste», so Dieter Fenner. Entsprechend habe er sich seit längerem nach Alternativen umgeschaut. «Wie so oft brauchte es etwas Glück, den rechten Zeitpunkt und die richtigen Leute», schmunzelt Susanne Kratochvil. Diese Mischung sei im September 2020 entstanden, als Dr. Damian Meli und Dr. Dieter Fenner ins Gespräch kamen. Bald machten sich die Ärzte auf die Suche nach einer geeigneten Liegenschaft und wurden mitten im Dorf fündig.

Behandlungsräume statt Schalterhalle
Denn vor einem Jahr schloss die Bank Oberaargau ihre Filiale an der Dorfstrasse 76. «Mit Parkplätzen direkt vor der Tür, einem flexiblen und ausreichend grossen Grundriss und dem guten Angebot der neuen Besitzerin überzeugte uns dieser Standort», erklärt Damian Meli. So entstanden in der einstigen Schalterhalle drei moderne und freundliche Behandlungsräume, ein grosszügiger Empfangsbereich und im ehemaligen Sitzungszimmer ein Labor sowie die Apotheke. Wichtig seien auch Sozialräume, in die sich die Angestellten zurückziehen könnten, erklärt Damian Meli. Zu einem solchen wurde der einstige Tresor im Untergeschoss umfunktioniert: Die Panzertür und die Schliessfächer sind nun Kulisse für Pausen oder einen Umtrunk nach Feierabend.

Neuer Hausarzt in Melchnau tätig
Damian Meli, der bereits in Huttwil und Langenthal je eine Hausarztpraxis betreibt, ist vom Konzept der Gemeinschaftspraxis überzeugt: «Wir können die Ressourcen besser nutzen, den fachlichen Austausch unter den Ärzten anregen und sind attraktive Arbeitgeber, auch für Teilzeitmitarbeitende», ist Damian Meli überzeugt. Dieter Fenner ist neu bei der Gemeinschaftspraxis angestellt und nicht mehr selbstständig. Jeweils mittwochs wird er in der Bahnhofpraxis in Langenthal arbeiten, während sein Kollege, Dr. Samuel Leuenberger, an diesem Tag in Melchnau die Patientinnen und Patienten behandelt. Samuel Leuenberger ist Mitbegründer der ersten Langenthaler Gemeinschaftspraxis, der Haslipraxis, und weiterhin auch dort angestellt. Der Vater zweier erwachsener Kinder vertritt die Oberaargauer Ärzte im Vorstand der Ärztegesellschaft des Kantons Bern und ist überzeugt vom Modell der Gruppenpraxis. «Um nur schon die momentane Ärztedichte in der Grundversorgung aufrechtzuerhalten, benötigt der Kanton Bern bis 2025 mindestens 270 neue Ärztinnen und Ärzte», weiss Samuel Leuenberger. Entsprechend froh ist er über die neue Gruppenpraxis, in der die Arbeitsbedingungen attraktiv sind und junge Ärzte für das Fach der Hausarztmedizin gewonnen und weitergebildet werden können.

Unterstützung von der Gemeinde
Im neuen Schuljahr wird in Melchnau eine medizinische Praxisassistentin ausgebildet, die das Team um die bisherige Regula May und die neue Assistentin Andrea Wüthrich unterstützt. «Sie hat in ihrer Lehrzeit ebenfalls die Möglichkeit, in unseren Praxen zu rotieren», weiss Damian Meli.
Neben den Ärzten zeigt sich auch die Gemeinde überzeugt von der neuen Praxis: «Für Melchnau ist eine medizinische Grundversorgung enorm wichtig, gerade auch für unsere beiden Alters- und Pflegeheime», betonte Gemeindepräsident Ueli Jäggi. «Ent­spre­chend glücklich sind wir, dass nun eine nachhaltige Lösung gefunden werden konnte.» Die Gemeinde leistet denn auch Starthilfe: Ein Darlehen von 50 000 Franken stellte sie der Praxis zur Verfügung. Diese verpflichtete sich im Gegenzug, die nächsten zehn Jahre im Dorf zu bleiben.

Von Patrik Baumann