Die neue Visitenkarte der Stadt
Seit zehn Jahren beschäftigt sich die Stadt Langenthal mit dem Entwicklungsschwerpunkt (ESP) Bahnhof. An einem Anlass wurde über den Zwischenstand der Vorarbeiten informiert. Dabei erfuhr man, dass der Bahnhofplatz vor dem Restaurant Da Luca vom motorisierten Individualverkehr (MIV) befreit werden soll.
Vor genau zehn Jahren erfolgte in Langenthal der Startschuss zu einem der grössten Bauprojekte in der Geschichte Langenthals. An einem Infoanlass über den Zwischenstand der Vorarbeiten am Entwicklungsschwerpunkt (ESP) Bahnhof sprach Stadtbaumeister Enrico Slongo von einem gewaltigen Eingriff in das Stadtbild von Langenthal, den man hier vornehmen werde. Mit dem ESP Bahnhof werde eine neue Verbindung zwischen dem Norden der Stadt und dem Zentrum Langenthals geschaffen.
Slongo blickte aber vorerst noch etwas zurück und erwähnte, dass im Jahr 2011 der Richtplan genehmigt worden sei, der im Jahr darauf einen Planungsauftrag ausgelöst habe. 2014 hat Langenthal das Agglomerationsprogramm 2. Generation eingereicht, mit Schwerpunkt ESP Bahnhof. Die Stadt habe dabei gut abgeschnitten, bemerkte der Stadtbaumeister, habe man doch im Rahmen dieses Programms die Zusicherung von Bundesmitteln erhalten. Im gleichen Jahr stimmte eine überwältigende Mehrheit der Langenthaler Bevölkerung (83 Prozent) einem Planungskredit von sechs Millionen Franken zu. Anschliessend wurde eine Projektorganisation ins Leben gerufen und letztes Jahr ein Koordinationsplan ausgearbeitet.
Doppelt so viele Bushaltestellen
Den Infoanlass zum Stand der Vorarbeiten am Vorprojekt bezeichnete Stadtpräsident Reto Müller als Blick in eine Werkstatt. «Dabei sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen, wird es noch weitere Änderungen geben», machte er den Anwesenden klar, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt und nicht um definitive Pläne und Vorgaben. Nichtsdestotrotz hielt Enrico Slongo bereits jetzt fest: «Der neue Bahnhof soll eine eindrückliche Visitenkarte der Stadt werden.»
Die grösste Herausforderung bildet dabei der Busverkehr. Befinden sich heute beim Bahnhof aktuell vier Bushaltestellen (Bushaltekanten), so sind nach dem Umbau des Bahnhofs, aufgrund der zu erwartenden Pendler-Entwicklung, deren neun vorgesehen. «Es wird in Zukunft zweifellos mehr Leute haben, die den Bahnhof nutzen wollen», bemerkte der Stadtbaumeister dazu. Man habe deshalb eine Studie gemacht, um zu eruieren, wie die neun Bushaltekanten am besten platziert werden könnten. Dabei habe man sogar in Betracht gezogen, das Restaurant Da Luca zu entfernen. Weil sich dieses nicht im Besitze der Stadt befinde, wären einerseits zusätzliche Kosten durch den Erwerb der Liegenschaft entstanden und andererseits auch ein erheblicher Mehraufwand (Abbruch der Liegenschaft), erläuterte Slongo, weshalb man diese Variante als untauglich taxierte.
Bahnhofplatz künftig autofrei
Die Platzierung der Busse vor dem Bahnhof (wie heute) und beidseitig entlang der Eisenbahnstrasse wird zum jetzigen Zeitpunkt von allen Beteiligten als bevorzugte Variante angesehen. Gleichzeitig wird in Erwägung gezogen, den Platz vor dem Restaurant Da Luca vom motorisierten Individualverkehr (MIV) zu befreien. Wie und wo genau der MIV am Bahnhof vorbeigelenkt werden soll, sei im Detail noch nicht restlos geklärt, bemerkte Enrico Slongo.
Der neue Busbahnhof ist aber nur eines von zahlreichen Teilprojekten, die am ESP Bahnhof Langenthal realisiert werden. Kurz zusammengefasst enthält das Projekt folgende Umbau-Elemente: eine breitere, unterirdische Bahnhofpassage, neu auch mit Veloverkehr, Velostationen im Norden und Süden, eine Rampe mit Treppe beim nördlichen Zugang zum Bahnhof. Umfangreich fallen auch die Eingriffe bei den Gleisanlagen aus, wie Andreas Wingeier, Netzentwickler bei den SBB, erläuterte. So werden die SBB den Mittelperron erhöhen und verbreitern. Damit wolle man einen stufenfreien Zugang zu den Zügen ermöglichen und gleichzeitig sicherstellen, dass auch künftig genügend Platz für die Reisenden zur Verfügung stehe. Dafür seien breitere Zugänge in die Bahnhofpassage nötig (Treppen, Rampe). Ein neues Perrondach und eine neue Perronmöblierung sind ebenfalls vorgesehen. Im Weiteren erfolgt auch der Ausbau verschiedener Weichen.
Bahnhofareal Nord
Ein weiterer Schwerpunkt bildet das Bahnhofareal Nord, das Gebiet rund um die Geiser Agrocom, die demnächst ihren Sitz nach Alchenflüh verlegen wird. Hier soll ein komplett neues Quartier entstehen. Vorgesehen ist hier der Bau einer Siedlung mit gemischter Nutzung Gewerbe/Wohnen. Dazu soll eine unterirdische Park+ Ride-Anlage entstehen. Gemäss Stadtbaumeister Enrico Slongo soll bereits im Frühjahr 2019 das Gesamtprojekt dem Langenthaler Stimmvolk zur Abstimmung unterbreitet werden. Dabei geht es um die Genehmigung eines Kredites von rund 50 Millionen Franken. Davon werden Bund und Kanton rund 30 Millionen übernehmen, 20 Millionen werden für die Stadt Langenthal anfallen. Erste Teilprojekte des ESP Bahnhof Langenthal sollen laut Terminplan im Jahr 2022 in Angriff genommen werden. Bis Ende 2024 soll das gesamte Bauvorhaben realisiert sein.
Von Walter Ryser