Die Postgeschäfte werden künftig im VOLG-Laden getätigt
Anfang Juni beginnt in Lotzwil eine neue Post-Ära. Die Poststelle beim Bahnhof wird am 25. Mai geschlossen. Drei Tage später wird im VOLG-Laden neben der Kirche die neue Poststelle in Betrieb genommen. An einem Infoanlass wurden die Lotzwiler über die Neuerungen informiert, wobei vor allem die markant längeren Öffnungszeiten der neuen Poststelle herausstechen.
Lotzwil · Der Alltag verändert sich und mit ihm auch die Post. Eine Erkenntnis, die zwar nicht neu ist, die vielen Leuten jedoch erst dann so richtig bewusst wird, wenn sie direkt betroffen sind, will heissen, wenn es die eigene Poststelle im Dorf betrifft. Wie stark die Bevölkerung mit der Post verbunden ist, zeigte der Infoanlass in Lotzwil, zu dem die Dorfbewohner in grosser Anzahl erschienen und die Turnhalle im Dorf bis auf den letzten Platz besetzten. Vertreter der Post informierten an diesem Abend über die künftige Post-Lösung in Lotzwil. Ein Film erläuterte den Anwesenden die aktuelle Post-Situation in unserem Land. Dabei wurde klar, dass sich die Gesellschaft heute viel einfacher organisieren und besser kommunizieren kann. «Dieser Wandel bedeutet für die Post eine grosse Herausforderung», gab Bernhard Büchler, Leiter Region Mittelland, zu verstehen. Er bestätigte, dass der Postschalter nach wie vor eine grosse Bedeutung hat und von der Bevölkerung sehr geschätzt wird. «Doch damit können wir mittlerweile nicht mehr alle Bedürfnisse abdecken», bemerkte er.
Postgeschäfte allgemein rückläufig
Die Post verändere sich, weil sich auch die Postkunden verändern würden. Das Tempo der Veränderung sei dabei oftmals so rasant, dass es einem fast ein wenig Angst mache, sagte Büchler. Unterschiedliche Bedürfnisse verlangten nach unterschiedlichen Dienstleistungen. «Die Post bietet deshalb Lösungen an, damit der Kunde seine Postgeschäfte auch von unterwegs erledigen kann», führte Bernhard Büchler weiter aus. Mit eindrücklichen Zahlen dokumentierte der Post-Leiter Region Mittelland den anhaltenden Wandel. So seien in den letzten 16 Jahren 65 Prozent weniger Briefe an den Postschaltern in der Schweiz aufgegeben worden. Bei den Paketen beläuft sich der Rückgang auf 46 Prozent und Einzahlungen sind Ende 2016 an den Postschaltern rund 40 Prozent weniger getätigt worden als noch im Jahr 2000. «Wenn sich dann zu diesen Zahlen noch das Defizit von 200 Millionen Franken pro Jahr beim Poststellennetz hinzugesellt, dann ist allen klar, dass wir zum Handeln gezwungen sind», macht Büchler klar, dass Umstrukturierungen beim Poststellen-Netz unausweichlich sind. Büchler wie anschliessend auch Urs Krattiger, Spezialist Netzentwicklung bei der Post, bekräftigten, dass die Post keinen Abbau, sondern einen Umbau betreibe. Dabei sei man stets bestrebt, die Leistungen im Dorf zu behalten. Der schweizweite Trend bei den Geschäften am Postschalter habe sich auch in Lotzwil bemerkbar gemacht, erwähnte Krattiger und unterlegte diese Aussage mit Zahlen. Zwar seien die Einzahlungen in den letzten sieben Jahren unverändert bei rund 220 pro Tag geblieben, dagegen sei bei den Sendungsabholungen (-26 Prozent) und beim Briefversand (-42 Prozent) ein markanter Rückgang zu verzeichnen gewesen. Dagegen habe der Paketversand einen Zuwachs von 22 Prozent verzeichnet, der nicht zuletzt auf die Schliessung der Poststelle beim «Löwenplatz» in Langenthal zurückzuführen sei. Krattiger warnte jedoch davor, diese Zunahme zu stark zu gewichten, spreche man doch hier von einem bescheidenen Mittelwert von 62 Paketen pro Tag, weshalb sich die Zunahme auf etwa drei Pakete mehr pro Tag belaufe.
Deutlich längere Öffnungszeiten
Die Überprüfung der Poststelle Lotzwil habe trotz allem ein klares, unmissverständliches Fazit ergeben. Die Poststelle verfüge über ein konstantes, aber kleines Volumen. Weil die Zustellung mittlerweile von Langenthal aus erfolge, verfüge die Poststelle in Lotzwil über erhebliche Leerflächen. Dies alles führe dazu, dass die Poststelle in Lotzwil defizitär betrieben werde und sich deshalb eine neue Lösung aufdränge, argumentierte Urs Krattiger. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde habe man Lösungen diskutiert und zwei Modelle zur Auswahl gehabt, eine Postagentur oder den Hausservice. Man sei letztendlich zur Einsicht gelangt, dass eine Postagentur mit Partner die beste Lösung für Lotzwil sei. Auch bei der Suche nach einem geeigneten Partner sei man rasch fündig geworden. So befindet sich die neue Postagentur künftig im VOLG-Laden mitten im Dorf (bei der Kirche). Krattiger machte die anwesenden Lotzwiler darauf aufmerksam, dass mit dem Poststellenwechsel in den VOLG-Laden ein massiver Service-Ausbau erfolge und wies auf die Öffnungszeiten hin: Von Montag bis Freitag können im VOLG-Laden von 6 bis 20 Uhr Postgeschäfte erledigt werden und am Samstag von 6.30 bis 17 Uhr. Damit steht den Lotzwilern während total 81 Stunden pro Woche ein bedienter Postschalter zur Verfügung. Lotzwil wird nämlich einer von insgesamt fünf Pilotstandorten sein, an denen das neue «bediente Agenturmodell» getestet wird. Die Kunden können dabei sämtliche Postgeschäfte an der von den VOLG-Mitarbeitern bedienten Posttheke bei der Kasse erledigen.
Krattiger erwähnte, dass man mittlerweile an über 900 Standorten in der ganzen Schweiz erfolgreich mit Partnern zusammenarbeite. Dazu biete man auch den Hausservice an. Auch im Bereich des Postfachangebotes biete man Lösungen an, entweder mit einer Aussenpostfachanlage bei der neuen Agentur oder mit einem Alternativangebot in einer Nachbarfiliale. Fest steht auch schon der Umzug. Der VOLG-Laden wird in den kommenden Wochen innen komplett umgebaut, und aussen werden vier zusätzliche Parkplätze realisiert. Am 25. Mai schliesst die Poststelle beim Bahnhof und drei Tage später, am Montag, 28. Mai, können die Postgeschäfte neu im VOLG-Laden erledigt werden.
Gemeindepräsident Markus Ott zeigte sich erleichtert und überzeugt zugleich, dass man mit dem neuen Postmodell eine Lösung gefunden habe, die allen Bewohnern diene. Mit einer einzigen Ausnahme konnten sich die übrigen Anwesenden ebenfalls mehrheitlich mit dem neuen Post-Angebot anfreunden, während ein Bewohner sich entsetzt zeigte und der Post vorwarf, ältere Leute und deren Bedürfnisse zu ignorieren, weshalb er die Post ultimativ aufforderte, die aktuelle Poststelle mit ihrem Angebot unverändert zu belassen.
Von Walter Ryser