• Herrrliche Weitsicht und Abendstimmung auf dem Ahorn. · Bild: Claudia Steffen

10.07.2020
Emmental

Die Schweiz ist im Camping-Fieber

Das Coronavirus hat die Ferienpläne vieler Schweizerinnen und Schweizer über den Haufen geworfen. Bereits jeder Dritte hat eine Reise storniert oder umgebucht. Nun heisst es: Ferien im eigenen Land. Und da steht Camping zurzeit ganz hoch im Kurs. Was allerdings zur Folge hat, dass die meisten Campingplätze in der Deutschschweiz voll belegt sind. So auch auf der Ahorn Alp.

Ahorn · Dicht an dicht stehen Zelt an Zelt – Situationen, die wir im Moment eher zu meiden versuchen. Die Freiheit spüren abseits der überfüllten Campingplätze. An Bord eines Wohnmobils hat man ja eigentlich alles dabei, was man braucht, und kann dort, wo es einem gefällt, einfach bleiben …

Wildcampen – nicht ohne Risiko
Ganz so einfach ist es jedoch in der Schweiz nicht. Campingfahrzeuge dürfen nicht einfach irgendwo für die Übernachtung abgestellt werden. Das Campen ist streng reglementiert. Gestattet ist es lediglich, «zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit» zu rasten. Dazu gehört allerdings nicht, Tisch und Stühle rauszustellen und es sich so richtig gemütlich zu machen. Es gibt zwar solche, die diese Regeln nicht allzu ernst nehmen, aber von einem Förster oder Bauern verjagt zu werden, ist auch nicht Jedermanns Sache. Es hat auch nicht jeder Lust, kilometerweit über schlechte Wege zu rumpeln, in der Hoffnung, am Ende ein hübsches Plätzchen für die Nacht zu entdecken. Zum Glück gibt es auch in der Schweiz eine Reihe von Möglichkeiten, ganz legal abseits von Campingplätzen zu campen – man muss sie nur kennen. Internetseiten wie nomady.ch oder die App «park4night» helfen bei der Suche nach einem geeigneten Plätzchen für die Nacht. Hier heissen die Stellplätze: Bei den wilden Heidelbeeren, Rhododendron Arena oder Heckenfenster und werden von Bauernfamilien oder Restaurants und Hotels als kleiner Nebenverdienst angeboten. Auch in unserer Region gibt es mehrere Gastgeber. So zum Bespiel die beiden Landwirtschaftsbetriebe Ober-Tannen und Ober-Nespel in Hergiswil sowie das Bergrestaurant Ahorn Alp.

Ab in die Höhe
Vom Ahorn auf 1136 m ü. M. hat man einen wunderbaren Ausblick über das Schweizer Mittelland und die Berner und Innerschweizer Alpen. Seit Februar 2018 führt das Ehepaar Natascha und Reto Roos-Schaad das Bergrestaurant. Der Lockdown ging auch an ihnen nicht spurlos vorbei, aber das innovative Wirtepaar nutzte die Zeit, um sich Gedanken zu machen, wie sie künftig zusätzliche Gäste auf den Gipfel und somit in ihr Berg-Restaurant bringen können. «Nomady.ch» brachte sie schliesslich darauf, Stellplatze für Campingliebhaber anzubieten.

Die Idee war geboren
«Wir sind beide seit Jahren leidenschaftliche Camper und mit unserem VW-Bus, Baujahr 1973, viel unterwegs. Camping für Naturliebhaber – dafür ist das Ahorn ideal», erläutert Reto Roos. Einen Stellplatz für zwei Personen inklusive Nutzung der Sanitäranlagen gibt es bereits für 30 Franken pro Nacht. Ein vergleichsweise günstiges Angebot, aber dies hat seinen Grund. «Wir erhoffen uns eine Belebung unserer Gaststätte, vor allem in den Abendstunden», sagt Reto Roos.
Der eine oder andere Stellplatzgast werde vielleicht auf der Terrasse Platz nehmen, bei einem Glas Wein oder einem Dessert die Weitsicht geniessen oder gar ein Nachtessen bestellen. Auch Camper mit Zelt sind gerne gesehen. Und der Erfolg gibt dem Ehepaar recht. Täglich finden mehrere Reiselustige mit ihren Fahrzeugen den Weg auf den Berg. Meistens bleiben die Gäste ein bis zwei Nächte und ziehen dann weiter.
So auch das Ehepaar Heike und Andreas Weber aus Beringen in Schaffhausen. Mit ihrem grossen Morelo Wohnmobil nächtigen sie bereits zum zweiten Mal auf dem Ahorn. »Wir haben den Tipp von einer Facebook-Kollegin bekommen. Sie hat so geschwärmt, da mussten wir uns selbst von diesem tollen Ort überzeugen», sagt Heike Weber. Das Ehepaar liebt die Ruhe auf dem Berg, die tollen Wanderwege und die Weitsicht. «Man denkt immer, die Schweiz ist so klein. Aber hier an diesem Ort wird einem bewusst, wie faszinierend und gross unser schönes Land ist», schwärmt die Camperin verträumt. Gut zwei Stunden Fahrt nahmen sie gerne in Kauf, um diesen Ausblick zu geniessen. Auch das letzte Etappenstück auf den Gipfel sei kein Problem gewesen mit ihrem grossen Gefährt. «Wir werden ganz sicher wieder kommen. Das Wirtepaar und die Angestellten sind zuvorkommend und herzlich, und die Küche ist vorzüglich. Ich freue mich bereits jetzt auf das nächste Mal», sagt Heike Weber

Eine positive Sommersaison
Die Zusprüche ihrer Gäste ermutigen das Wirtepaar. Sie sind dankbar, dass ihr Angebot so rege genutzt wird. «Von Jung bis Alt, vom Natur-Freak bis hin zum gut betuchten Rentner – unsere Stellplätze werden zurzeit sehr gut besucht. Die Begegnungen mit den verschiedenen Gästen sind abwechslungsreich und wir lernen täglich positive und spannende Menschen kennen». schwärmt Reto Roos. Zusätzlich zu den sechs Stellplätzen bietet das Bergrestaurant Ahorn-Alp auch die Möglichkeit, in einem Oldtimer-Wohnwagen, in Gästezimmern oder im Massenlager zu übernachten.

Von Claudia Steffen