• Voller Saal im Hotel Meilenstein in Langenthal: Die SVP Schweiz lud zur Delegiertenversammlung und rund 800 Personen kamen und wählten mit Marcel Dettling einen neuen Parteipräsidenten. · Bilder: Leroy Ryser

  • Wechsel an der Spitze der SVP Schweiz: Marco Chiesa (links) übergab in Langenthal das Präsidium an Marcel Dettling. · Bilder: Leroy Ryser

  • Waren sich einig: Die SVP-Bundesräte Guy Parmelin (links) und Albert Rösti.

  • Gewohnt kämpferisch: Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher.

  • Sorgte für Disziplin an der DV: SVP-Generalsekretär Henrique Schneider.

25.03.2024
Langenthal

«Die Schweiz muss die Schweiz bleiben»

Mit emotionalen Worten hat sich Marco Chiesa an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz im Hotel Meilenstein in

Langenthal als Parteipräsident verabschiedet. «Die Schweiz muss die Schweiz bleiben», machte er den rund 750 anwesenden

Delegierten, Parteimitgliedern und Gästen klar, dass sich die SVP vehement gegen den neuen Rahmenvertrag mit der EU

zur Wehr setzen wird. Sein Nachfolger, der 43-jährige Schwyzer Landwirt und Nationalrat Marcel Dettling, ging gar noch einen Schritt weiter und versprach den Anwesenden unter tosendem Applaus: «In der Schweiz regiert das Volk und keine Brüsseler

Bürokraten. Wir dulden keine fremden Vögte in unserem Land.»

Es herrscht Volksfeststimmung an diesem Samstagmorgen im Hotel Meilenstein in Langenthal. Es ist wie bei einer grossen Klassenzusammenkunft, man trifft alte Freunde, Kollegen und Bekannte, begrüsst sich herzlich, klopft sich gegenseitig auf die Schultern, lacht und scherzt gemeinsam über vergangene Zeiten. Entsprechend herrscht eine lockere, fröhliche Stimmung. Eingeladen hat die SVP Schweiz, zu ihrer Delegiertenversammlung. Und rund 750 Delegierte, Parteimitglieder und Gäste strömen herbei und natürlich auch die beiden SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti, die sich unkompliziert unter die Anwesenden mischen und sich da und dort für ein kurzes Gespräch zur Verfügung stellen. Während rund sechs Stunden feiert sich die Partei selbst, ausgelassen, euphorisch und selbstbewusst, wie es sich für die SVP gehört.

«Wir dulden keine fremden Vögte»
Doch im Mittelpunkt stehen an diesem Samstag in Langenthal zwei andere: Der abtretende Parteipräsident Marco Chiesa und sein Nachfolger, der Schwyzer Nationalrat Marcel Dettling. Der noch amtierende Tessiner Parteipräsident spricht von einer aussergewöhnlichen Erfahrung, die er während vier Jahren an der Spitze der grössten Partei der Schweiz habe machen dürfen. Dabei habe er sich nachts, wenn er nicht schlafen konnte, ab und zu gefragt: «Machen wir wirklich alles richtig. Doch am nächsten Tag, wenn ich wieder mit Menschen in Kontakt kam, waren meine Bedenken rasch verflogen, weil ich spürte, dass es viele Leute gibt, die unsere Werte schätzen und mittragen», gibt er gegenüber den Delegierten zu verstehen. Und abschliessend macht er klar, welche Haltung er und auch die Partei in Zukunft weiter vertreten werden: «Die Schweiz muss die Schweiz bleiben», sagt der Tessiner Ständerat in Anspielung auf die kürzlich neu aufgenommenen Verhandlungen mit der EU.
Damit liefert er seinem Nachfolger eine Steilvorlage. Der 43-jährige Nationalrat Marcel Dettling wird von der Versammlung einstimmig zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Der dreifache Familienvater aus Oberiberg  schafft es auf Anhieb, mit wenigen Worten die Anwesenden für sich zu gewinnen, als er sich klar und unmissverständlich hinter den von Chiesa eingeschlagenen Parteikurs stellt. «Es wäre das Dümmste, jetzt eine Kehrtwende zu vollziehen, wir sind erfolgreich und voll auf Kurs. Deshalb werde ich die erfolgreiche Arbeit von Marco Chiesa weiterführen.»

Der heimliche Star des Tages
Dann setzt der «gmögige» Innerschweizer Landwirt noch einen drauf, als er das beliebteste SVP-Thema, die Beziehung zur EU aufnimmt und «klare Kante» zeigt: «Ich kann ihnen versichern, dass wir auch in Zukunft keine fremden Vögte in unserem Land dulden werden. Bei uns regiert das Volk und keine Bürokraten aus Brüssel», ruft er in den Saal, aus dem frenetischer Applaus zurückbrandet.
Doch beinahe stiehlt an diesem Tag ein anderer den beiden Hauptakteuren die Show, nämlich der neue Generalsekretär der SVP Schweiz, Henrique Schneider, der an diesem Tag durch die Versammlung führt. Dies tut er in einem äusserst zackigen, militärischen Stil, der sich je länger desto mehr zu einem humorvollen und willkommenen Unterhaltungs-Element entwickelte. So erwähnt Schneider vor Abstimmungen, dass jeder Redner exakt zwei Minuten zur Verfügung habe, was er anschliessend gnadenlos durchsetzt und jedem Votanten, der auch nur eine Sekunde überzieht, prompt das Mikrofon entzieht und dem nächsten Redner übergibt.
Um den Geräuschpegel in der Halle zwischendurch wieder auf ein erträgliches Mass zu reduzieren, greift er zu unzimperlichen Äusserungen, indem er in den Saal ruft: «Halten Sie jetzt einfach die Schnauze.» Und das Durchführen der einzelnen Abstimmungen wird zu einem resoluten Ritual, mit immer gleicher Wortwahl und Abfolge in energischer Tonlage. Der Mann  hat an diesem Tag alles im Griff und führt in überragender Manier durch die Versammlung.
Dagegen stand Bundesrat Albert Rösti für einmal nicht in der Gunst der Parteimitglieder. Trotz einer engagierten und überzeugenden Rede gelang es ihm nicht, die Delegierten davon zu überzeugen, die Ja-Parole für das neue Stromgesetz zu beschliessen, das am 9. Juni zur Abstimmung gelangt. Dabei hatte er in Nationalrat Christian Imark und Alt-Nationalrat Adrian Amstutz starke Befürworter. Am Ende stimmen zwar 149 Delegierte für das neue Stromgesetzt aber die Mehrheit der Anwesenden (249 Delegierte) folgt ihrem neuen Parteipräsidenten Marcel Dettling, der sich im Vorfeld der Versammlung vehement gegen diese Vorlage aussprach.
Begonnen hat die Parteiversammlung mit dem gemeinsamen Gesang der Schweizer Nationalhymne, abgeschlossen wurde sie mit dem bekannten Lied «Äs Burebüebli mag ig nid», musikalisch begleitet vom Trio «lüpfige Chüetriiber», das aus den drei Kindern des neuen Parteipräsidenten besteht – patriotisch, traditionell, typisch schweizerisch, so richtig nach dem Geschmack der SVP-Familie.

Von Walter Ryser