• Frank Jantschik (von links), Kurt Nüesch und Josef Wyss konnten positive Stimmung verbreiten. · Bild: Leroy Ryser

22.06.2018
Emmental

«Die Talsohle ist durchschritten»

An der Generalversammlung der Schaukäserei Affoltern war der Aufschwung besser denn je zu spüren. Die Zahlen zeigen alle nach oben, obwohl das Jahresergebnis weiterhin leicht im Minus steht. Da konnte auch ein skeptisches Votum aus der Versammlung die Stimmung nicht kippen. Dafür sorgte vor allem auch der neu gewählte Verwaltungsrat Stefan Gasser.

Affoltern · «Die Talsohle ist durchschritten» – es sind die Worte von Verwaltungsratspräsident Kurt Nüesch, welche eine erfreuliche Generalversammlung eingeleitet haben. Die Verantwortlichen der Emmentaler Schaukäserei arbeiten mittlerweile seit mehreren Jahren daran, dass nicht nur der Aufwind spürbar, sondern auch eine stabile finanzielle Lage erreichbar ist. Auch wenn im letzten Jahr ein Minus von über 100 000 Franken resultierte, so waren bei den Präsentationen positive Zahlen im Vordergrund. Jetzt soll es endgültig nach oben gehen, versicherte Kurt Nüesch und bald soll die schwarze Null tatsächlich stehen. Auch, weil derzeit rund um das Projekt «Emmentaler Schaukäserei 2020 – das Schaufenster des Emmentalers» stark investiert und gebaut wird. Und auch, weil die Zusammenarbeit mit der Sortenorganisation «Emmentaler Switzerland AOP» unter anderem nach entsprechender finanzieller Beteiligung im letzten Jahr, endlich wie erhofft funktioniert.
Wichtig für den Aufschwung, der auch im aktuellen Jahr anhält, ist die allgemeine Lage im Milch- und Käsemarkt. «Wir hatten schwierige Jahre in unserer Branche. Aktuell herrscht aber der Eindruck, dass sich die Lage beruhigt hat», so Schaukäserei-Verwaltungsratspräsident Kurt Nüesch. Die Preise haben sich entspannt und ausserdem wurde der gesundheitliche Wert von Käse- und Milchprodukten zuletzt vermehrt wieder anerkannt. «Ernährungsberater empfehlen Käse und Milch wieder. Das Image hat sich verbessert.» All das habe auch dazu geführt, dass mehr Käse verkauft werden konnte. Das Käsefachgeschäft hat gegenüber dem Jahr 2016 ein Umsatzplus von 4,9 Prozent erreicht.

7 Millionen Franken Grenze geknackt
Ganz allgemein sind die Zahlen vom Jahr 2017 in der Schaukäserei positiv. So konnten 0,2 Prozent mehr Besucher begrüsst werden, Gruppenbesuche wurden sogar 10 Prozent mehr verzeichnet. Der Gastrobereich legte beim Umsatz mit 6 Prozent zu, zuzüglich einem Plus in der Produktion resultierten 5,5 Prozent mehr Gesamtumsatz. Das führte dazu, dass sogar die 7 Millionen Franken Marke geknackt werden konnte. Daneben war auch die Käsequalität mit erstmals durchgehend 19 Qualitätspunkten absolut zufriedenstellend. Dennoch konnte keine schwarze Null erreicht werden, weil auch die Aufwände auf der Gegenseite gestiegen sind. Unter anderem wegen der Rekapitalisierung, die einen einmaligen Aufwand von 31 000 Franken verursachte, steht letztlich ein Reinverlust von 109 000 Franken zu Buche. Dafür sind – eben wegen dieser Rekapitalisierung mit Kapitalschnitt und Neuzeichnung von Aktienkapital – die Eigenkapitalreserven besser. Bis im Herbst können weitere Aktien gezeichnet werden, damit das Projekt «ESK 2020» möglichst ohne zusätzliches Fremdkapital finanziert werden kann.
Wenig überraschend wurde die Rechnung letztlich ohne Gegenstimmen angenommen. Ebenso deutlich wurden die Verwaltungsräte mitsamt Präsident Kurt Nüesch wiedergewählt, Heinz Wälti, ehemaliger Direktor der Sortenorganisation Emmentaler Switzerland AOP, wurde durch den neuen Emmentaler-Direktor Stefan Gasser ersetzt und auch die Revisionsstelle wurde wiedergewählt.

Positiver Trend hält an
Daneben informierten Kurt Nüesch und Frank Jantschik, dass die Zeichnung von neuem Aktienkapital zufriedenstellend verläuft. In einer ersten Runde wurden 1,3 Millionen Franken an neuem Aktienkapital gezeichnet, in einer zweiten Runde soll weiteres Kapital zur Unternehmung fliessen. Zudem läuft auch das neu gestartete Jahr gut. Wie schon im letzten Jahr konnte in diversen Gebieten ein Umsatzplus erreicht werden. Daneben ist auch das Projekt «ESK 2020» bereits gut unterwegs. Einzelne Bauarbeiten sind gestartet, wie der «Unter-Emmentaler» berichtete wird dabei die Produktion erneuert und ein Erlebnisrundgang für die Besucher gebaut. Dafür werden 8 Millionen Franken eingesetzt, auch um Produktionsabläufe zu verbessern und letztlich früher oder später Aufwände – unter anderem mit einer neuen Küche im Gastrobereich – zu verringern.

Flammende Rede von Neu-VR
Ganz ohne Skepsis ging die Generalversammlung dann aber doch nicht über die Bühne. Dass die Produktion für maximal 16 Wochen niedergelegt werden soll, um den Umbau durchzuführen, behagte einem der Besucher nicht. Ausserdem monierte er, dass im Sinne einer «Showproduktion» nach altem und nicht nach neuem Handwerk gekäst wird. Mit der Frage ob es denn wirklich nötig ist, so viel Geld zu investieren – so schien es beinahe – wollte er den Aufwind bremsen und zurück zum harzigen Ursprung der Entwicklung der letzten Jahre gelangen. Ausgerechnet der erst zuvor gewählte Neu-Verwaltungsrat Stefan Gasser vermochte dies aber mit einer flammenden Rede zu verhindern. «Seid stolz, auf das was ihr hier habt. Das ist geil», sagte er emotionsgeladen. Man solle an dieses Produkt glauben, das immerhin erst vor wenigen Tagen von der Schweizer Markenlandschaft zum «schweizerischsten» aller Produkte überhaupt gewählt wurde. Ausserdem, so Projektbegleiter Alfred Rufer, wird in Affoltern nicht das Käsen nach Qualität und Menge im Zentrum stehen, sondern vielmehr die besucherfreundliche Präsentation des Handwerks.
Sowieso war aber kurz nach dem skeptischen Votum der Aufschwung wiederum spürbar. Dieser soll nun im neuen Jahr zu einem noch besseren Ergebnis führen. Und wenn die Talsohle tatsächlich durchschritten ist, so können die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland und die Schaukäserei endlich Hand in Hand in eine gemeinsame, positive Zukunft gehen. Vielleicht sogar mit konstant schwarzen Zahlen.

Von Leroy Ryser