Die vielen Erfolge nicht zur Schau stellen
Lorenz Liechti, ehemaliger Schwimmprofi aus Huttwil – 14 Jahre lang war der ehemalige Huttwiler Lorenz Liechti Schwimmprofi. Heute ist Liechti 45 Jahre alt und Vater zweier Töchter. Ein Rückblick auf eine Karriere mit 50 Meistertiteln, 20 Rekorden und einer EM-Bronzemedaille 2003 als absolutes Highlight.
Schwimmen · «Die EM-Medaille und ein paar wenige meiner über 50 Goldmedaillen von Schweizermeisterschaften sind in einer Schachtel irgendwo im Keller», lacht Lorenz Liechti. «Die Erinnerungen an meine grössten Erfolge sind präsent. Ich muss sie aber nicht unbedingt zur Schau stellen», schiebt der erfolgreichste Huttwiler Schwimmsportler aller Zeiten bescheiden nach.
Start an den Kadettentagen
Was der heute 45-jährige, zweifache Familienvater im Schwimmsport leistete, bleibt auch Jahrzehnte später beeindruckend. Erst mit 14 Jahren wurde sein Talent erkannt. Und zwar an den Kadettentagen 1989 in Langenthal, wo er 50 m Freistil in 30,70 Sekunden schwamm. Zuvor hatte er im elterlichen Pool sowie im Huttwiler Kadettenschwimmen die Wassersportart ausgeübt. Mit dem Wechsel zum Schwimmklub Langenthal 1990 kam die eindrückliche Karriere ins Rollen. Während sechs Jahren schwamm der Huttwiler für die Blau-Gelben und bescherte 1996 dem Schwimmklub Langenthal den bis dato allerersten Schweizermeistertitel der Vereinsgeschichte. «Um einen weiteren Schritt nach vorne zu tun, zügelte ich nach Wallisellen und trat dem renommierten Schwimmclub Uster bei», sagt Liechti. Der Schritt zum Profisportler war vollzogen. Der Aufwand war gigantisch. «Ich trainierte zweimal täglich und legte 10 bis 15 km zurück.» 1992 hat er am äusserst passend benannten «Hell-Day» seine längste Distanz an einem Tag zurückgelegt: 30 km am Stück. Lorenz Liechtis Karriere auf Topniveau dauerte 14 Jahre lang. In dieser Zeit hat er 25 000 Kilometer schwimmend zurückgelegt. Sein Leben verbrachte er während dieser Zeit zu einem grossen Teil im Wasser. Liechti ist halb um die Welt geschwommen.
Nur die Olympischen Spiele fehlen
In seiner Blütephase kam es zu vielen nationalen und internationalen Ernstkämpfen. Als Nationalmannschaftsmitglied sammelte der Huttwiler munter Medaillen und Rekorde. Liechti ist 50-facher Schweizermeister und verbesserte 20 Mal einen Schweizerrekord. Drei davon stehen noch heute. Sie stammen allesamt von 1994. «Es handelt sich um drei Staffel-Vereinsrekorde, die ich mit dem SK Langenthal geschafft habe. Diese werden aber kaum noch geschwommen und haben deswegen einen geringen Stellenwert», relativiert Liechti.
Vier Kurzbahn-WM, zwei Langbahn-WM, sieben Kurzbahn-EM, eine Langbahn-EM und drei Universiade-Teilnahmen stehen in Liechtis Palmarès. Dabei kam der Blumenstädter in der ganzen Welt herum. «Die Schwimmerei war auch eine Lebensschule.» Nicht geklappt hat es mit einem Start an Olympischen Spielen. «Damals war der Frust und die Enttäuschung da. Heute sehe ich dies entspannt. Ich habe in meiner Karriere viel mehr erreicht, als ich erträumte und andere mir zugetraut haben.»
Die EM-Bronzemedaille von Dublin
Lorenz Liechti gewann über 100 Meisterschaftsmedaillen an nationalen Titelkämpfen. Obwohl er auch mit der europäischen Spitze mithalten konnte, reichte es international nie zu einem Medaillengewinn im Einzelschwimmen. Leer ging er trotzdem nicht aus. Verantwortlich dafür zeichnet sein absoluter Karrierenhöhepunkt. Dieser ereignete sich im Dezember 2003 in Dublin. Erstmals in der Geschichte des Schweizer Schwimmsports holte eine Männerstaffel eine internationale Medaille. An der Kurzbahn-EM schwamm Liechti die Delfinstrecke der Schweizer 4 x 50 m-Lagenstaffel, die hinter Deutschland und Schweden etwas überraschend die Bronzemedaille gewann. «Der Lohn für unzählige Stunden harter Trainingsarbeit.» Was Liechti ebenfalls nie vergisst, ist die Tatsache, dass er der schnellste Starter der Welt war.
Dafür gab es zwar keine Medaillen, doch mit einer Reaktionszeit von regelmässig unter 0,65 Sekunden liess er selbst die damaligen Superstars Pieter van den Hoogenband, Alexander Popow und «Torpedo» Ian Thorpe klar hinter sich.
Mit einem Rekord zurückgetreten
Lorenz Liechti beendete seine Glanzkarriere mit einer Glanzleistung. An der Kurzbahn-EM im Dezember 2004 in Wien verbesserte er mit der Schweizer 4 x 50 m-Lagenstaffel den Schweizerrekord deutlich. Liechti und seine Kollegen waren 45 Hundertstel schneller als bei ihrem EM-Bronzegewinn vor einem Jahr. Trotz der besseren Leistung reichte es hinter Deutschland, der Ukraine und Finnland «nur» zum 4. Rang. «Für mich zählte immer die geschwommene Zeit und nicht der Rang», erklärt der zweifache Familienvater. So trat der regionale Topschwimmer mit einem weiteren Rekord von der grossen Schwimmbühne ab.
Attraktive Berufslaufbahn
«Ich mag das Element Wasser immer noch. Ich kann heute aber gut einfach nur darin herumplantschen», lacht Liechti 16 Jahre nach seinem Rücktritt. «Es ist ewig her, seit ich das letzte Mal eine längere Strecke schwimmend zurückgelegt habe.» Nach dem Karrierenende blieb der heute mit seiner Partnerin und zwei Kindern in Kappel am Albis im Kanton Zürich lebende Sportler dem Schwimmsport treu. Von 2005 bis 2009 arbeitete er als Geschäftsführer im Schweizer Schwimmverband. Zudem hatte er die Ämter als Medienverantwortlicher und als Teammanager der Nationalmannschaft inne. Dann folgte ein Abstecher in die Informationstechnologie. «Es war eine wertvolle Erfahrung. Und meine bisher einzige Tätigkeit ausserhalb des Sports.» Zu diesem kehrte er 2011 zurück. Als Leiter Medien und Kommunikation von Swiss-Ski lernte er auch den Skizirkus kennen.
2014 machte er sich dann selbstständig und gründete die Firma «Liechti Communication». Fortan übernahm Liechti Mandatsarbeiten. So beispielsweise als Kommunikationschef bei der Tourenwagen-Rennserie DTM. Seit Frühling 2019 arbeitet Lorenz Liechti beim weltweiten Sportvermarkter Infront Sports & Media AG in Zug. «Sport ist einfach meine Leidenschaft. Es passt für mich, wenn ich mich beruflich weiterhin in dieser Welt bewege.» Privat sieht es mittlerweile anders aus. «Ich geniesse die Zeit mit meiner Familie in vollen Zügen. Gerne betätigen wir uns sportlich. Aber alles im gemäs-sigten Rahmen. Velofahren und Mountainbiken bereiten uns grossen Spass.»
Auf die Frage nach dem sportlichen Werdegang seiner Kinder hat der einstige Spitzensportler eine klare Antwort: «Sie sollen sportlich alles tun, was ihnen Freude bereitet. Ich werde sie in allem unterstützen. Auf keinen Fall werde ich aber irgendwelchen Druck ausüben. Im Wissen, wieviel Fleiss investiert werden muss, wenn man den Sport auf Hochleistungs-Niveau ausübt.»
Von Stefan Leuenberger