Die Walterswiler Twins auf der grossen Bühne
Die 18-jährigen Zwillingsbrüder Adrian und Fabian Aebersold aus Walterswil haben die Teilnahme am Eidgenössischen Schwingfest in Pratteln geschafft. Das Duo versteht sich blendend, unterstützt sich gegenseitig und gestaltet neben dem Schwingen auch die restliche Freizeit gemeinsam.
Schwingen · Die zwei Jungs, die gerade so gut auch als beste Freunde denn als Zwillingsbrüder durchgehen könnten, wohnen abgelegen hoch über Walterswil im Weiler «Hasennest» – dort wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen – im elterlichen Bauernhaus. Zusammen mit Mutter Doris und Vater Daniel sowie dem zwei Jahre älteren Bruder David. «Wegen Vater und dem älteren Bruder sind wir zum Schwingen gestossen», berichten die Brüder – wie für Zwillinge passend – unisono. Der Sägemehlsport hat auch den zwei jüngeren der drei Aebersold-Brüder auf Anhieb gefallen.
«Disu» als grosses Vorbild
2011 ging es beim Schwingklub Sumiswald los. Die Wahl des Vereins passierte sozusagen automatisch. «Martin Sommer begann damit, dass die Walterswiler zu den Sumiswaldern gehen», sagt Adrian Aebersold. «Dort gefällt es uns ausgezeichnet. Nachwuchs-Leiter Matthias Aeschbacher ist auch darum unser grosses Vorbild, weil er uns in jedem Training wertvolle Tipps mit auf den Weg gibt», lobt Fabian Aebersold. «‹Disu› ist einfach super. Aber auch die Steffen-Brüder sind ausgezeichnete Ausbildner», ergänzt Adrian Aebersold. Zwei- bis dreimal pro Woche stehen die Aebersold-Brüder im Sumiswalder Schwingkeller im Einsatz. Dies lasse sich mit dem Beruf problemlos vereinbaren. Adrian Aebersold steht im dritten Jahr der vierjährigen Ausbildung zum Zimmermann, Fabian Aebersold hat im Sommer die Lehre zum Landwirt erfolgreich abgeschlossen. Momentan verdient er auf dem Bau seinen Lebensunterhalt. Später wird er den elterlichen Hof übernehmen, da der ältere Bruder den Käser-Beruf ausübt.
Gemeinsam in den Ausgang
Viel Zeit neben dem Schwingsport bleibt den Aebersolds in der Freizeit nicht. Ab und zu steht das Duo bei der Hornussergesellschaft Schmidigen in einer weiteren traditionellen Schweizer Sportart im Einsatz. Sowieso unternehmen die Zwillinge fast alle Sachen gemeinsam. «Es ist schon ewig lange her, seit wir uns so richtig ‹ufe Ranze gäh hei›», lacht Fabian Aebersold. «Wir verstehen uns einfach gut und haben auch den gleichen Kollegenkreis», informiert Adrian Aebersold. So gehen die zwei Brüder – eben fast wie beste Kollegen – auch gemeinsam in den Ausgang. Und zwar dorthin, wo gerade eine Chilbi läuft. «Natürlich sind wir vor allem da anzutreffen, wo der Walterswiler DJ Ref JD auflegt. Bei ihm ist ein gutes Fest immer garantiert», sagt Fabian Aebersold. Wenn gefeiert wird, gönnt sich das Duo auch mal ein Bierchen. «Vor allem mein Bruder. Ich bin dann meistens der Fahrer», lacht Fabian Aebersold. Sowieso scheint Adrian Aebersold beim Zwillings-Duo ein bisschen die Anführer-Rolle inne zu haben. «Er ist ja auch zwei Minuten vor mir auf die Welt gekommen», scherzt Fabian Aebersold.
Bisher sieben Brüder-Duelle
Auch beim Schwingen hat Adrian die Leaderrolle inne. In der Jungschwinger-Zeit hat Adrian Aebersold 69 Zweige gewonnen. Bei Fabian Abersold sind es deren 33 Zweige. Nach bisher sieben direkten Duellen – allesamt bei Nachwuchsschwingfesten – führt Adrian Aebersold mit 6:1-Siegen deutlich. Speziell ist die Tatsache, dass es sich bei sechs Duellen gleich um den Schlussgang handelte. Den bisher einzigen offiziellen Sieg schaffte Fabian Aebersold am Jungschwingertag Sumiswald, dem Heimfest. Speziell war der Schlussgang am Jungschwingertag Oberthal 2019, als Adrian seinen Bruder per «Lätz» und Vollenden am Boden bezwang und als Festsieger einen wunderschönen und gravierten Brunnen gewann, der heute im Garten des Elternhauses steht. Fabian gewann als Zweiter einen schönen Holzspiegel, der in seinem Zimmer hängt.
«Ädu setzt sein etwas höheres Gewicht geschickt ein. Ausserdem ist er taktisch der bessere Schwinger als ich», erklärt Fabian Abersold. «Ich habe oft die Geduld nicht und greife zu ungestüm und übermotiviert an.» Doch die Zwillinge helfen einander. «Wir pushen uns gegenseitig zu guten Leistungen», sagen beide. Bei den Aktiven sind die zwei Walterswiler Newcomer. Fabian hat in der Einstiegssaison 2022 zwei Kränze gewonnen («Emmentalisches» und «Seeländisches»), Adrian einen («Seeländisches»). «Wenigstens in der Kranzstatistik stehe ich – momentan wenigstens noch – vor meinem Bruder und auch vor meinem Vater, der in seiner Karriere einen Kranz gewann», lacht Fabian Aebersold spitzbübisch.
Das ESAF einfach nur geniessen
Angesprochen auf die bisherigen Höhepunkte bei den Erwachsenen sprudelt es aus den Walterswilern heraus. «Bei mir ganz klar der Sieg gegen den ‹Eidgenossen› Reto Nötzli am Brünig-Schwinget», sagt Adrian Aebersold. «Ich erlebte mein Highlight am Seeländischen Schwingfest, an dem ich im dritten Gang den aufstrebenden Schwarzenburger Lukas Renfer besiegte und mit 30,00 Punkten die Zwischenrangliste nach drei Gängen anführte», erinnert sich Fabian Aebersold. Im Seeland in Oberwil im Mai gewannen die Zwillinge schliesslich beide den Kranz. «Wenn wir beide erfolgreich sind, bedeutet uns dies am meisten», tönt es geschlossen. Nun wurden die Zwillinge für ihre Erfolge und die erfrischende Art zu schwingen vom Bernisch Kantonalen Schwingerverband für das Eidgenössische Schwingfest in Pratteln selektioniert. «Wir waren fast ein bisschen perplex. Die Freude, bei diesem Spektakel, das wir auch als Zuschauer noch nie erlebt haben, als Athleten dabei sein zu dürfen, war riesengross», sagen beide. «Wir sind überhaupt nicht nervös, weil wir gar nichts zu verlieren haben», sagt Fabian Aebersold. «Es herrscht einfach nur Vorfreude», ergänzt sein Bruder. «Wenn wir dann wie Gladiatoren in diese Arena einlaufen werden, wird es uns so richtig ‹tschudere›», ist sich Adrian Aebersold sicher. «Wir werden einfach alle Eindrücke aufsaugen und unsere Premiere geniessen.» Je länger das Duo im Wettkampf dabei sein darf, umso besser. Ein leiser Wermutstropfen gibt es. Sehr gerne wären die Aebersold-Brüder als Trio dabei gewesen. «Doch unser älterer Bruder David hat sich beim Hallenschwinget Thörigen im Frühjahr leider das Kreuzband gerissen», bedauern die Zwillinge.
«Disu» – oder Samuel Giger
Auf die Frage, wer sich denn die Schwingerkönig-Krone hole, nennen die Walterswiler Zwillinge blitzartig den Namen Matthias Aeschbacher. Das Aushängeschild des Schwingklubs Sumiswald ist das grosse Vorbild der Aebersolds, die genau wissen, wie es bei den Grossen läuft: «Wenn die vielen Berner Spitzenschwinger es am ersten Tag schaffen, den Kronfavoriten Sämi Giger wie auch Joel Wicki zurückzubinden, wird garantiert ein Berner Schwingerkönig. Ansonsten wird es Giger schaffen.»
Für die Walterswiler Zwillinge wird der Schwingsport nach dem «Eidgenössischen» – dem bisherigen Höhepunkt – normal weiter gehen. «Wir haben nicht irgendwie im Kopf, 100 Kränze zu gewinnen», sagt Adrian Aebersold. «Nein, wir wollen den Schwingsport einfach weiterhin als willkommenen Ausgleich zur Arbeit bestreiten. Schön ist, wenn wir es gemeinsam und stets mit der nötigen Freude tun können. Einfach so, wie ein Hobby ausgeübt werden sollte», schliesst Fabian Aebersold.
Von Stefan Leuenberger