• Im Schlussgang konnte sich Matthias Aeschbacher gegen den Thurgauer Domenic Schneider durchsetzen und sich anschliessend auf den Schultern seiner Sumiswalder Schwingklubkollegen Konrad und Gustav Steffen als Weissenstein-Sieger feiern lassen. · Bilder: Barbara Loosli

25.07.2022
Sport

«Disu» auf dem Solothurner Hausberg unbesiegt

Matthias Aeschbacher (Rüegsauschachen) gewinnt erstmals den prestigeträchtigen Weissenstein-Schwinget. Nach einem Siegeslauf katapultierte der 30-jährige Emmentaler im finalen Gang des Tages den Ostschweizer-Brocken Domenic Schneider (Friltschen) nach 40 Sekunden mit voller Wucht ins Sägemehl.

Schwingen · Der Sieger auf dem Solothurner Hausberg heisst Matthias Aeschbacher. Er kam, gewann alle sechs Gänge und siegte darum völlig verdient. Der 30-jährige Rüegsauschacher gewinnt nach dem Schwarzsee-Schwinget im Jahr 2019 sein zweites Bergkranzfest, das erste Mal auf dem Weissenstein. Der Innere-Haken-Fachmann bezwang am Samstag im Schlussgang den Thurgauer Domenic Schneider (Friltschen) bereits nach 40 Sekunden mit seinem Spezialschwung. Schneider war einer der wenigen Schwinger aus den anderen Teilverbänden, die vorne mitmischen konnten. Kurze Zeit später jubelte der Festsieger Matthias Aeschbacher auf den Schultern der Gebrüder Gustav und Konrad Steffen den 4700 Zuschauerinnen und Zuschauern kräftig zu. Eine sackstarke Leistung des Emmentaler «Eidgenossen», der als einziger Athlet an diesem Tag unbesiegt blieb.

König Wenger mit 100. Kranz
90 Athleten von drei Verbänden standen auf dem Weissenstein in den Zwilchhosen. Doch nicht nur das Aushängeschild der Emmentaler hatte mit dem Festsieg allen Grund zum Feiern, sondern auch der Schwingerkönig Kilian Wenger (Horboden). Der 32-jährige Berner Oberländer kam auf dem Solothurner Hausberg in den Genuss des 100. Kranzes und gehört damit nun zum illustren Kreis von gerade mal 33 Schwingern, die diese Marke bisher knacken konnten. Dabei musste der aktive Schwingerkönig aber bis zum sechsten Gang bangen. Nach drei Siegen und zwei Niederlagen liess er im sechsten Gang gegen den Nordostschweizer Raphael Zwyssig (Gais) nichts anbrennen und schnappte sich unter tosendem Applaus und einer Standing-Ovation seinen 100. Kranz.

Machtdemonstration von «Disu»
Nach dem Schlussgang meinte «Disu» Aeschbacher zum SRF-Journalisten, dass er sich beim Aufstehen am Morgen ziemlich gut gefühlt habe. «Normalerweise tut einem 30-Jährigen ja schon vieles weh, heute war das nicht so», schmunzelte der Festsieger. «Und da wusste ich, es könnte gut kommen.» Und sein Gefühl täuschte ihn keineswegs. Mit sechs Siegen in sechs Duellen war es eine wahre Machtdemonstration des Emmentalers, der von niemandem aufzuhalten war. Im Anschwingen bodigte der Innere-Haken-Spezialist Joel Strebel (Aristau) mit einem grandiosen Plattwurf. Der angriffige Matthias Aeschbacher liess dem Aargauer am frühen Samstagmorgen keine Chance. Im zweiten Gang bettete er mit Reto Leuthard (Merenschwand) einen weiteren Aargauer Athleten mit dem Rücken voran ins Sägemehl. Kurz nach 12 Uhr reichte er schliesslich Sinisha Lüscher (Uerkheim) die Hand, welcher erst seit dieser Saison bei den Aktiven mitmischt. Schon nach 20 Sekunden drückte «Disu» den Jüngling ins Sägemehl und holte sich den dritten Sieg. Nach dem Mittagessen kam es schliesslich zum ersten Berner Duell gegen Fabian Staudenmann (Guggisberg). Dies war unausweichlich, denn die Berner dominierten das Geschehen an der Ranglistenspitze vollumfänglich und der Einteilung blieb nichts anderes übrig als die starken Verbandskollegen gegeneinander antreten zu lassen. Entschlossen schritt Matthias Aeschbacher in den Sägemehlring. Nach drei Minuten fand der gelernte Maurer schliesslich mit einem Kniestich das Siegesrezept gegen seinen Verbandskollegen. Im fünften Gang bodigte er Severin Schwander (Riggisberg) mit der Höchstnote von 10,00 Punkten und zog damit als Erster in den finalen Gang des Tages ein. Matthias Aeschbacher konnte sich auf dem Solothurner Hausberg zum 75. Mal mit Eichenlaub krönen lassen (achter Kranzgewinn der Saison).  Gustav Steffen (Sumiswald) kam am Weissenstein-Schwinget auf drei Siege und ein Remis. Den Kranz verpasste der Turnerschwinger schlussendlich nur um einen Punkt (Rang 9c). Sein zögerndes Verhalten im Anschwingen mit einem Unentschieden und einer Niederlage konnte er auch mit der Aufholjagd von drei gewonnenen Duellen nicht mehr wettmachen, um die Heimreise mit dem Kranz antreten zu können. Seinem Bruder Konrad Steffen (Koppigen/Schwingklub Sumiswald) lief es identisch (Rang 9d). Der Emmentaler Turnerschwinger war ebenso in drei Duellen siegreich. Ein weiterer Kampf endete resultatlos. Vom Schwingklub Langenthal stand der Ufhuser Dominik Zangger im Einsatz. Da er sich im letzten Gang von Adrian Odermatt (Liesberg) den Rücken putzen lassen musste, rückte der Kranz für den erfahrenen Ufhuser in weite Ferne (Rang 10c).

Berner Dominanz
Der Festsieg, ein 100. Kranz sowie 11 von 15 Kränzen gingen an die Berner Athleten. Trotz der Abwesenheit von König Christian Stucki (Lyss) spürte man die Breite des Berner Schwingerverbandes auf dem Weissenstein deutlich. Auch Remo Käser (Alchenstorf) musste sich wegen einer erneuten Corona-Erkrankung kurzfristig abmelden. Nachdem der Anlass im Jahr 2020 abgesagt und 2021 ohne Zuschauerinnen und Zuschauer durchgeführt wurde, setzte das OK alles daran, wieder dort anzuknüpfen, wo es vor drei Jahren aufgehört hatte. Das Wetter auf dem Weissenstein war am frühen Samstagvormittag geprägt von Regen und dichtem Nebel. Die Regen-Pelerine und eine Jacke waren von Vorteil. Der Nebel war kurze Zeit so dick, dass der Platz-Speaker nicht mehr alle drei Schwingplätze einsehen konnte. Am Nachmittag hingegen brauchte man dann Sonnenhut und Sonnencreme. Doch das wechselnde Wetter tat der Stimmung keinen Abbruch und die 4700 Zuschauerinnen und Zuschauer genossen die packenden Zweikämpfe am prestigeträchtigen Bergkranzfest auf dem Weissenstein. Vier von sechs Bergkranzfesten sind vorbei. Es folgen noch der Brünig-Schwinget (31. Juli) und der Schwägalp-Schwinget (14. August), bevor die Athleten dann am Saisonhöhepunkt am ESAF in Pratteln in die Zwilchhosen steigen werden.

Auszug aus der Rangliste: 1. Matthias Aeschbacher, SK Sumiswald, 59,25; 2a. Domenic Schneider, Friltschen, 57,75; 2b. Thomas Sempach, Heimenschwand, 57,75; 2c. Fabian Staudenmann, Guggisberg, 57,75; 9c. Gustav Steffen, SK Sumiswald, 55,75; 9d. Konrad Steffen, SK Sumiswald, 55,75; 10c. Dominik Zangger, Ufhusen, 55,50.

Von Yanick Kurth