• Roland Binz, der letzte Gemeindepräsident von Leimiswil: Seit Längerem schon widmet er sich vermehrt seinen Mundartgeschichten. · Bild: Patrick Bachmann

03.10.2019
Oberaargau

«Dr Gschichteerzähler vo änefür»

Er mag Charakterköpfe und Dorforiginale. Dabei ist Roland Binz selber auch aussergewöhnlich: Mit seinem zweiten bern-

deutschen Buch beweist er sich als genauer Beobachter, fantasievoller Geschichtenerzähler und virtuoser Mundartkünstler.

Seit er nicht mehr im Gemeinderat ist, hat er mehr Zeit zum Schreiben und für gemeinsame Auftritte mit dem Musiker

Thomas Aeschbacher.

Leimiswil · Roland Binz war der letzte Gemeindepräsident von Leimiswil. Acht Jahre hatte er dieses Amt ausgeführt und zusammen mit seinem Amtskollegen aus Kleindietwil die Fusion mit Madiswil in die Wege geleitet. 

Schicksalsschlag …

Im Dezember 2010 dann der Schicksalsschlag: Auf dem Fussgängerstreifen vor dem «Bären» in Madiswil wurde er von einem Automobilisten angefahren und landete mit mehreren Brüchen und einer Schädelfraktur im Spital. Es folgten zahlreiche Operationen und Therapien. Längere Zeit war er ans Bett und an den Rollstuhl gefesselt – es blieb ihm die Welt der Fantasie, und er malte sich Geschichten aus. 

… und das Beste daraus gemacht

Daraus entstand im Jahr 2012 sein erstes Berndeutschbuch «Alls im Anke». «Nach einem Ereignis wie meinem Unfall ist man hochsensibel, dünnhäutig, emotional. Um das in Worte zu fassen, was man in dieser Situation sagen will und erzählen muss, braucht man feinste Nuancen, die für mich nur im Dia­lekt möglich sind.»

2014 stellte er sich nach der Gemeindefusion nochmals für vier Jahre im neuen Madiswiler Gemeinderat zur Verfügung, zusammen mit der anderen ehemaligen Leimiswiler Gemeinderätin Annemarie Käser. 

«Weil ich kurz vor der Pension als Schulleiter in der Gartenbauschule Oeschberg stand, hatte ich mehr Zeit, mich für das Dorf zu engagieren.» Er politisierte gerne und setzte sich mit Leib und Seele für das Gemeinde-

wohl ein. «Doch noch mehr als die Politik sind es die Menschen, die mich interessieren.» Zu den letztjährigen Wahlen trat Roland Binz dann nicht mehr an. Nach über zwei Jahrzehnten Engagement in Gemeindegremien ist das Kapitel für ihn abgeschlossen. Zu Hause im Steinhaufen mit Blick auf den Pilatus widmet er sich nun verstärkt dem Schreiben. Seit 32 Jahren lebt er mit seiner Frau Anita im idyllisch gelegenen Bauernhaus, sie haben drei inzwischen erwachsene Kinder. «Hier fühle ich mich definitiv zu Hause», sagt er, lehnt sich zufrieden zurück und blinzelt in die Sonne. 

Er freut sich auch auf vermehrte Auftritte. Da erzählt er aus seinen Geschichten oder besser: Er führt seine Geschichten auf, musikalisch begleitet von Thomas Aeschbacher am Örgeli. Es sind Erzählungen mit feinem Humor und einem «Gspüri» für Land und Leute. Doch sind sie wahr? 


Charakterköpfe und Aussenseiter

«Es stimmt de nie aues», schmunzelt er. «Ich brauche nie einen richtigen Namen, und es kommt auch die Fantasie zum Tragen.» Ihm liegen vor allem die Charakterköpfe und Aussenseiter am Herzen. Ihn faszinieren Menschen, die zu ihrer Eigenart stehen und die sich die Freiheit nehmen, offen zu denken und zu sprechen. Überhaupt wird in seinen Geschichten deutlich, dass er die darin beschriebenen Figuren mag. Sie sind nicht einfach nur Statisten für eine lustige Anekdote – er haucht ihnen Leben ein und beschreibt sie liebevoll und mit Respekt.


Von Patrick Bachmann