«Ehrgeiz, Wille und Freude sind am wichtigsten»
Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Martina Buri, NLA-Unihockeyspielerin aus Rohrbachgraben – Die 35-jährige Martina Buri ist auf der Kaltenegg in Rohrbachgraben aufgewachsen. In der Jugendzeit war sie eine der besten Orientierungsläuferinnen. Seit dem 18. Lebensjahr spielt sie Unihockey und ist seit vielen Saisons eine etablierte NLA-Spielerin. Ausserdem mag sie das Mountainbiken. Der «UE»-Sport unterhielt sich mit der Polysportlerin.
Martina Buri, am Ende der letzten Saison wurden Sie vom NLA-Verein Wizards Bern Burgdorf verabschiedet, weil Sie den Rücktritt vom Unihockey-Spitzensport gegeben haben. Nun haben Sie in der Saison 2020/21 aber bereits sieben Einsätze für das NLA-Team geleistet ...
Ich hatte immer Spass und fühlte mich körperlich immer fit. Weil ich aber nach so vielen Jahren Spitzenunihockey den Aufwand nicht mehr betreiben wollte, entschloss ich mich im letzten Frühling zum Rücktritt. Nun kam es etwas unerwartet zum Rücktritt vom Rücktritt. Weil eine wichtige Neuverpflichtung in der Verteidigung nicht mehr zur Verfügung stand, fragte mich der Wizards-Trainer Mirco Torri an, ob ich nicht einspringen könnte. Weil mir der Unihockeysport wegen den Coronaeinschränkungen fehlte, sagte ich zu. Wegen der coronabedingten Pause hatte ich im Spätherbst genügend Zeit, mich gut vorzubereiten. Seit der Wiederaufnahme der Meisterschaft bin ich wieder dabei.
In der letzten Partie der Masterrunde gegen Skorpion Emmental wurden Sie sogar als beste Spielerin ausgezeichnet …
Das war cool, klar. Aber wir haben die Partie verloren. Ich hätte gerne auf meine Einzelauszeichnung verzichtet, wenn wir dafür das Spiel gewonnen hätten.
Wie schaffen Sie es, als 35-Jährige mit den um Jahre jüngeren Konkurrentinnen mitzuhalten?
Mein immer schon gross gewesener Ehrgeiz ist ungebrochen. Stehe ich mit einem Stock auf dem Feld, dann will ich auch gewinnen. Meine jahrelange sportliche Tätigkeit hilft mir. Und die vielen Sommertrainings zahlen sich jetzt aus. Ich muss aber mehr investieren als die jungen Spielerinnen, um parat zu sein.
Im Team werden Sie liebevoll «Mami» genannt.
Ich habe bis zu 20 Jahre jüngere Mit- und Gegenspielerinnen. Als Teamälteste gebe ich gerne von meinen Erfahrungen an die Jungen weiter. Als erfahrenste Spielerin mache ich es mir auch zur Aufgabe, das Team zusammenzuhalten, damit ein toller Teamgeist herrscht.
Die heutige Grundkondition haben Sie sich in einer anderen Sportart geholt. Der Orientierungslauf war über Jahre hinweg Ihr Paradepferd. Erinnern Sie sich an den Beginn?
Ich habe als Drittklässlerin im Ferienpass des Turnvereins Huttwil eine OL-Lektion besucht. Diese hat mir unglaublich gut gefallen. So richtig gefunkt hat es aber erst ein Jahr später, als ich am Huttwiler OL, der auf der «Kaltenegg»-Karte und damit direkt vor meiner Haustüre stattgefunden hat, teilgenommen habe. Als Greenhorn habe ich in der D10-Kategorie auf Anhieb den 2. Rang belegt. Ich trat daraufhin der OLG Huttwil bei und startete so meine OL-Karriere.
Was hat Sie am Rennen nach Karte und Kompass so fasziniert?
Das räumliche Vorstellungsvermögen hat mich fasziniert. Auch die Kombination von Laufen und Denken. Es ist eine Kunst, im richtigen Moment das Tempo anzupassen, um im Postenraum erfolgreich zu sein.
In der OLG Huttwil wurden Sie von Barbara Zimmermann zu einem Roh- diamanten geschliffen. Sie haben viele Schweizermeistertitel gewonnen und schon im Alter von 15 Jahren an der Jugend-Europameisterschaft in Russland teilgenommen. Wie erklären Sie sich den steilen Aufstieg?
Es war die Kombination meines Ehrgeizes mit dem Willen und der Freude. Natürlich hat mich jeder Erfolg weiter gepusht. Konditionell war ich schon als junge Athletin stark, weil ich den Schulweg von der Kaltenegg zur Sekundarschule in Huttwil und retour immer mit dem Velo bewältigte.
Was war rückblickend Ihr grösster Erfolg im OL-Sport?
Das war die EOM 1999, die Einzel-Schweizermeisterschaft, die an diesem September-Tag in Alt St. Johann ausgetragen wurde. Ich konnte als damals 14-Jährige meine Alterskategorie D14 mit über fünf Minuten Vorsprung auf die nächste Athletin gewinnen und SM-Gold in Empfang nehmen.
Haben Sie heute noch Kontakt zu den ehemaligen Huttwiler OL-Weggefährten?
Nein. Dies hat damit zu tun, dass ich nach meiner OL-Zeit aus der Region Huttwil weggezogen bin.
Besuchen Sie noch ab und zu einen regionalen OL-Wettkampf?
Dies habe ich seit meinem OL-Rücktritt nie mehr getan.
Wie kam es, dass Sie bereits im Alter von 17 Jahren die Postensuche beendet haben?
Ich gehörte damals dem Regionalkader an, stand auf dem Sprung ins Natikader. Wegen einem unbemerkten Eisenmangel stagnierten meine Leistungen. Es fielen Vorwürfe, ich trainiere zu wenig. Dies hat mich verletzt. Und so verlor ich die Freude am Orientierungslaufen. Ich hatte genug.
Wie erfolgte der Wechsel zum Unihockey?
Ich machte ein ganzes Jahr lang Sportpause, brauchte einfach eine Auszeit. Als ich dann auch den Eisenmangel im Griff hatte, stiess ich durch Kolleginnen zum Juniorinnen A-Team des UHC Black Creek Schwarzenbach. Obwohl ich erst mit 18 Jahren mit dem Unihockey begann, gefiel es mir ausgezeichnet. Ich machte – wie bereits beim OL – rasche Fortschritte. Schon nach zwei Saisons erfolgte der Wechsel ins 1.-Liga-Team von Oekingen. Ich machte technische Fortschritte, was mich zum NLB-Team Köniz und dann zur NLA-Equipe Gurmels führte.
Was gefällt Ihnen in der schnellen Team-Ballsportart besser als beim Einzelsport Orientierungslauf?
Mir haben schon im Schulturnen die Spiele sehr gefallen. Im Unihockey gewinnst und verlierst du als Team. Wenn es dir nicht so läuft, springen andere in die Bresche. Das nimmt – anders als im Einzelsport – etwas Druck von den Schultern.
Sie sind als resolut einsteigende Verteidigerin bekannt. An Mixedturnieren haben dies während Ihrer Anfangsphase auch männliche Gegner zu spüren bekommen. Ist dieses harte, aber faire Körperspiel – kombiniert mit Ihren konditionellen Fähigkeiten – Ihre grösste Waffe?
Auf jeden Fall, dies ist genau so.
Hat Ihre Durchschlagskraft auch mit Ihrem Job zu tun? Sie dürfen als Polizistin auch nicht zimperlich sein.
Bei mir profitieren Job und Sport voneinander. Ich kann sowohl als Polizistin wie auch als Unihockeyspielerin Synergien nutzen. Selbst meine Orientierungslauf-Zeit hilft mir heute noch. Einerseits verfüge ich über eine gute Kondition, anderseits kann bei der Polizei kein Mann so gut Karte lesen wie ich.
Sie spielen seit Jahren auf höchstem Niveau Unihockey: drei Saisons NLA bei den Red Ants Rychenberg Winterthur, sieben Saisons (3 NLB, 4 NLA) bei Aergera Giffers und nun drei Saisons NLA bei den Wizards Bern Burgdorf. Ihr persönliches Highlight?
Das war ganz klar die Saison 2013/14 bei Aergera Giffers. In dieser Saison hatten wir einen unglaublichen Lauf – und der Teamgeist war genial. Dies gipfelte Ende Saison im Aufstieg in die NLA. In der Freiburger Presse wurde damals mehr über uns berichtet als über den NLA-Eishockeyverein Fribourg-Gottéron.
Sie trugen sogar das Schweizer Nationaldress.
Ich gehörte dem erweiterten Natikader an, durfte ein halbes Jahr lang dabei sein. So erlebte ich auch die Euro-Floorball-Tour im November 2017 mit. Und dort kam ich bei der Niederlage gegen Finnland (2:7) zu meinem einzigen Natieinsatz. Zur Teilnahme an der im Dezember stattfindenden WM in Bratislava reichte es nicht. Ich fiel dem letzten Kaderschnitt zum Opfer.
Nun stehen Sie vor dem NLA-Playoff-Start. Was wollen Sie mit den Wizards Bern Burgdorf erreichen?
Das Überstehen des Viertelfinals, ganz klar. Obwohl unser Gegner Zug gerade einen Lauf hat. Alles ab dem Halbfinal ist dann Zugabe – und alles möglich.
Ein Wort zum Ligarivalen UHV Skorpion Emmental, bei dem viele Spielerinnen aus dem «UE»-Gebiet mitspielen?
Schon seit längerer Zeit läuft es diesem Team sehr gut. Ich finde es vorbildlich, wie die «Skorps» immer wieder junge Spielerinnen integrieren. Ich denke, dass die «Skorps» den Playoff-Halbfinal erreichen.
Werden Sie Ihre Spitzensport-Karriere nach dem Playoff-Out definitiv beenden? Oder hängen Sie noch einmal eine NLA-Saison an?
Nein, dann ist definitiv Schluss. Ich will dann mehr Zeit für meinen Partner und meine Hobbys haben.
Werden Sie nächste Saison zum Ausgleich und als Hobby wieder beim Unihockeyteam Krattigen 2. Liga-Kleinfeld spielen?
Da der Aufwand dafür gering ist, werde ich dies tun, jawohl.
Wird auch das Radfahren wieder vermehrt ausgeübt? Sie haben an der Schweizerischen Polizeiradmeisterschaft in der Bikekategorie bereits eine Silbermedaille gewonnen.
Mountainbiken wird definitiv mein zukünftiger Sport sein. Ich werde aber keine Rennen bestreiten. Dafür möchte ich vermehrt längere Ausfahrten sowie Biketrips mit Übernachtungen durchführen.
Kurz gefragt
Bester Unihockeyspieler ever: Matthias Hofbauer.
Gerade so gut wie Unihockey: Mountainbiken. Seit zehn Jahren ist dieser Sport – zusammen mit dem Unihockey – meine grosse Passion.
Rückennummer: 32. Allerdings nur, weil die 18 schon vergeben war. Die 18 ist meine Lieblingszahl, weil Lonny Bohonos sie einst beim HC Davos, für den ich fane, trug. Er war mein absoluter Lieblings-Eishockeyspieler.
Verletzungen: Ab und zu ist der Rücken verspannt. Gravierende Sachen hatte ich – wohl auch, weil ich immer polysportlich trainiert habe – aber nie. Dafür bin ich sehr dankbar.
Familienplanung: Ich bin in festen Händen. Nachwuchs ist momentan nicht geplant. Es stimmt für uns so, wie es aktuell ist.
Facebook: Habe ich, bin darauf aber nicht aktiv.
Instagram: Darauf bin ich viel aktiver als auf Facebook.
WhatsApp: Mein Nachrichtenkanal. Ich werde dabei bleiben und nicht zu einem anderen Anbieter wechseln.
Kreuzworträtsel: Jawohl, aber eher selten.
Süssigkeiten: Ich mag Salziges mehr. Ich bevorzuge Antipasti-Sachen.
Jahreszeit: Ich habe alle vier Jahreszeiten gleich gerne.
Instrument: Spiele ich keines.
Covid-19: In meinem Job als Polizistin kann ich manchmal die Distanz nicht wahren und muss darum sehr vorsichtig sein. Da ich meiner Arbeit und auch meinem Sport nachgehen kann, hat sich in meinem Tagesablauf wegen Covid-19 nicht viel verändert. Für dieses Privileg bin ich sehr, sehr dankbar. Ich bin glücklicherweise auch nicht an Corona erkannt, musste zudem nie in die Quarantäne.
Putzen: Ein notwendiges Übel.