• Nadine Rindlisbacher im Rapsfeld mit den Pferden Oak Dun it Blue und Mr Oak. Bild: · Andrea Rindlisbacher

  • Nadine Rindlisbacher mit Junior und Ribas Little Joe. · Bild: Karin Rohrer

  • Nadine Rindlisbacher an der Schweizer Meisterschaft 2021 mit Ribas Little Joe. · Bild: Kirstin Dittrich

11.05.2023
Emmental

Ein Beruf aus purer Leidenschaft

Nadine Rindlisbacher hat sich ihren Traum vom Trainer-Beruf verwirklicht und kann sich nichts Schöneres vorstellen, als junge Pferde anzureiten und Reitschüler auf ihrem Weg zu begleiten. Von einer Schnellbleiche hält sie nichts, sie legt ihren Fokus auf eine gute Kommunikation mit dem Pferd und will ihren Schülern ein Gespür dafür vermitteln.

Dürrenroth · Als Paul und Andrea Rindlisbacher 1999 den Hof Chipf in Dürrenroth übernahmen, wurde entschieden, mit der Haltung von Kühen aufzuhören und stattdessen das Standbein Pferd in Betracht zu ziehen. Damals war Tochter Nadine ein Jahr alt und so wurde quasi der Grundstein in Sachen Pferde-Virus gelegt, denn die ersten zwei Pferde wurden angeschafft und als dann das Shetty Niki zur Familie stiess, war Nadine meistens im Stall anzutreffen. «Der springende Punkt und somit Startschuss für die Westernreitweise war ein paar Jahre später die Übernahme der damals trächtigen Quarterhorse-Stute Josy von meinem Bruder in Kanada», erinnert sich Andrea Rind­lis­bacher. Nadine Rindlisbacher begeisterte sich für Voltige, nahm aber gleichzeitig auch Reitstunden, manchmal beides am selben Tag. Ihre ersten Western-Turniere in der Klasse LK4B bestritt sie mit Junior, einem prägnanten Freiberger mit viel weissen Abzeichen, welcher im Jahr 2008 erstanden wurde.

Reiterin und Pferd beide 24-jährig
«Junior ist nicht sein richtiger Name, sondern Sandro. Aber als wir ihn damals kauften, kannte ich Jungs mit Namen Sandro und ich war der Meinung, dass dies bestimmt kein Name für ein Pferd sei. Deshalb wurde der Freiberger ziemlich schnell umgetauft», erinnert sich die 24-Jährige lachend. Sie schmunzelt auch, wenn sie sich an ihre ersten Turniere mit dem Schlitzohr Junior erinnert: «Ein ganz lieber und gutmütiger Wallach, im Umgang brav und unkompliziert. Aber beim Reiten ging er manchmal mit dem Kopf durch die Wand, hatte immer viel Power, drehte manchmal Runde um Runde im rassigen Galopp. So manches Mal hätte ich mir gewünscht, ein etwas einfacheres Pferd unter dem Sattel zu haben. Junior ist jetzt 24, wird noch regelmässig geritten, und er läuft eigentlich besser denn je. Letztes Jahr war er noch an der Schweizer Meisterschaft am Start.» Viele gute Klassierungen und Siege gingen auf das Konto von Nadine Rindlisbacher mit ihrem bunten Freiberger.

Auf einen Pferde-Beruf fixiert
2008 kam der dunkle Buckskin Ribas Little Joe zur Welt, das zweite Fohlen von Josy. Angeritten wurde Little von Daniel Schmutz in Langenbruck. Bei ihm absolvierte Nadine Rindlisbacher später die dreijährige Lehre als Pferdefachfrau Western. Ab der siebten Klasse war für die Pferdenärrin, welche zwei Schwestern hat, sonnenklar, dass nur diese Lehre für sie in Frage kommt. «Unsere Tochter absolvierte keine andere Schnupperlehre und für sie gab es auch keinen Plan B, da war sie ziemlich hartnäckig, denn es kam einfach nur dieser Beruf für sie in Frage», betont ihre Mutter Andrea. Aber Nadine Rindlisbacher hat keinen Moment bereut, diesen Berufsweg gewählt zu haben und schwärmt von ihrer Lehre: «Ich hatte keine Angst und habe am liebsten bei den Jungpferden mitgeholfen. Und als ich dann selbst, natürlich unter Anleitung, die ersten Jungpferde anreiten durfte, war das für mich das Grösste und hat richtig viel Spass gemacht. Ich konnte sehr viel lernen und profitieren. Die schönsten Momente sind für mich, wenn ich ein Jungpferd an Sattel und Reiter gewöhnt habe, ihm die Basics zeigen kann und es diese umsetzen kann.»

Mit Little auf Erfolgskurs
Auf ihren ersten Turnieren mit Little musste die junge Reiterin etwas «beissen», denn der junge Wallach war ziemlich frech und hatte viel Power. «Wenn er so richtig aufdrehte und seine kleine Privat-Party hatte mit Bocksprüngen, musste ich im Pleasure manchmal in die Mitte, um die anderen Teilnehmenden nicht zu gefährden. Aber er war niemals böse und ich lernte immer besser, ihn zu händeln. Und im Nachhinein kann ich sagen, es waren gute und wichtige Erfahrungen, die ich gesammelt habe, sie haben mich auch geprägt.» Die Erfolge stellten sich an den Turnieren ein und vor allem im Ranch Riding und Horsemanship gab es blaue Schleifen für Nadine Rindlisbacher und Little. Nach der Lehre hat sie in Dürrenroth die ersten Ausbildungspferde angenommen, auch zum Anreiten. Sie war hier auf dem elterlichen Betrieb angestellt und hat zwischendurch bei Daniel Schmutz ausgeholfen. Dann fing die junge Trainerin an, Reitstunden zu erteilen auf ihren Pferden und hat dieses Standbein weiter ausgebaut.

In Italien Reining-Luft geschnuppert
Bei einem zweimonatigen Praktikum in Italien im Jahr 2019 schnupperte sie so richtig Reining-Luft und erhielt wertvolle Einblicke in andere Trainingsmethoden und Haltungsformen: «Italien ist diesbezüglich schon ganz anders als die Schweiz und ich konnte so beide Welten vergleichen, viel lernen und hatte eine gute Zeit.» Der Begriff Reining leitet sich aus dem Englischen ab. Das englische Wort «rein» bedeutet übersetzt «Zügel». Reining gilt als Disziplin im Westernreiten und hat ursprünglich den Umgang mit Rindern inne. Reining wird ausschliesslich im Galopp geritten. Weiterhin wird beim Reining von Reiter und Pferd eine festgelegte Aufgabe in Form mehrerer Manöver abverlangt.
Nach der Zeit in Italien hat Nadine Rind­lisbacher wieder eine Teilzeitanstellung in Langenbruck bei Daniel Schmutz angenommen . «Am Morgen machen wir den Stall, Pferde aufwärmen oder selbst trainieren, eine gute Mischung für mich. Ich schätze es sehr, mich mit Dani auszutauschen, kann ihn auch jederzeit um Rat fragen und lerne viel dabei.»
Den Rest ist Nadine Rindlisbacher auf dem elterlichen Betrieb in Dürrenroth angestellt. Andrea und Paul Rindlis­ba­cher haben die Reitanlage Chipf 2012 gebaut und betreiben einen Pensions-stall mit zwölf Auslaufboxen und vier Innenboxen sowie einer 20 auf 40 Meter grossen Reithalle mit Reining Boden. «Hier gebe ich Reitstunden, habe normalerweise zwei Ausbildungspferde vor Ort und einige Pensionspferde im Teilberitt, bin also wunderbar ausgelastet», erzählt die Trainerin, welche am liebsten Einzelunterricht erteilt. Sie mag diese eins zu eins Betreuung. Als Schulpferde werden die eigenen Familienpferde eingesetzt oder auch mal ein Pensionspferd.

Reiten mit Gefühl
Nadine Rindlisbacher legt bei ihren Reitstunden grossen Wert auf die Kommunikation mit dem Pferd: «Die Reitschüler sollen ein Gespür dafür entwickeln, was unter ihnen passiert und was ihnen ihr Pferd sagt. Mir ist es wichtig, dass ich ihnen die entsprechenden Hilfen zeigen kann. Dann sollen sie spüren, was das Pferd bei dem Manöver macht und wo genau sie mehr Bein oder Hand einsetzen sollen und wie sie ihren vierbeinigen Partner mit einem ruhigen und korrekten Sitz unterstützen können.»
Nadine Rindlis­bacher schult Reitanfänger, begleitet sie bis zum Brevet und später im Turniereinstieg: «Die fortgeschrittenen Reitschüler können wählen, in welche Richtung es gehen soll und was sie für Ziele haben, dann gestalte ich den Unterricht in diese Richtung. Und manchmal gebe ich ihnen eine Idee oder einen Weg vor, denn es ist wichtig, nicht nur einfach drauflos zu reiten, sondern zu fixieren, auf was hin gearbeitet werden soll.»

Spass am Unterrichten
Nadine Rindlisbacher musste zuerst in das Reitstundengeben «hineinwachsen», denn sie sah bei der Jungpferdeausbildung schneller Fortschritte. Aber mittlerweile hat sie festgestellt, dass sie sich über jeden noch so kleinen Fortschritt ihrer Reitschüler freuen kann, dass die Kunden weiterkommen, dankbar sind für die Hilfe und diese gerne annehmen. «Ich habe aktuell drei Jugendliche, welche ich coache, und das ist eine schöne Aufgabe», ergänzt Nadine Rindlisbacher, welche letztes Jahr mit einem Kundenpferd in Jungpferde-Prüfungen gestartet ist und als nächstes Ziel die Junior Classes nennt.
Die Ranch Klassen und Trail liegen der jungen Reiterin, aber Lieblingsdisziplinen in dem Sinne hat sie nicht. «Ich himmle die Reining an, auch die entsprechenden Zucht-Linien haben es mir angetan und es wäre schon ein Ziel, im Reining Fuss zu fassen und Erfahrungen zu sammeln», sagt Nadine Rindlisbacher. Die Voraussetzung dafür ist vorhanden, und zwar mit ihrer vierjährigen Stute, welche sie roh gekauft hat und nun gemeinsam mit Daniel Schmutz in Reining ausbildet. Und dann wäre da auch noch das neue Pferd ihrer Schwester, welches sie reitet und diese Saison langsam an die Turniere heranführen möchte.

Von Karin Rohrer