• Yannick Rathgeb will beim EHC Biel neuen Schwung holen. Trotz einer schwierigen Saison in der Nähe von New York, will er Amerika noch nicht ganz abhaken. · Bild: Leroy Ryser

16.08.2019
Sport

Ein Ende mit Schrecken

Yannick Rathgeb, Langenthal – Yannick Rathgeb hat nach einem Jahr sein Amerika-Abenteuer beendet. Der Verteidiger hat in der letzten Woche in Biel einen neuen Anlauf genommen, seine Karriere zu lancieren.

Eishockey · Mit grossen Hoffnungen ist Yannick Rathgeb vor etwas mehr als einem Jahr nach New York geflogen. Bei den Bridgeport Sound Tigers wollte sich der in Langenthal aufgewachsene Eishockeyspieler für die NHL empfehlen. Selbst in der AHL hatte der Ex-SCL-Junior aber hartes Brot zu beissen. Von Trainer Brent Thompson wurde er zumeist übergangen, seine Einsatzzeit war begrenzt, höchst selten hatte er reelle Chancen, sich zu empfehlen. Frühzeitig hat er deshalb die Saison abgebrochen und ist in die Schweiz gereist, um sich für die Nationalmannschaft zu empfehlen. Dort hat sich die fehlende Spielpraxis aber bemerkbar gemacht, weshalb der 23-Jährige keine Chance auf ein WM-Ticket hatte.
Rückblickend war für Yannick Rathgeb klar: Eine solche Saison soll es keine zweite geben. Gerade die Ausgangslage zum Ende der Saison sei für ihn untragbar gewesen, weshalb eine Veränderung folgen musste. «Als ich auf der Waiverliste war, bekundete ein anderes Team zwar Interesse. Weil die aber nie mein wirkliches Potenzial gesehen hatten, drohte es eine gleiche Saison zu werden, wie die letzte», erinnert sich Rathgeb. Rasch habe er deshalb seine Fühler auch in der Schweiz ausgestreckt. Mit Biel zeigte für Rathgeb dann genau der richtige Club sein Interesse. «Sie sind eine aufstrebende Mannschaft, hatten zuletzt Erfolg und im Kader stehen nur wenige Rechtsschützen in der Abwehr.» All dies sei entscheidend gewesen, um den Wechsel zurück in die Schweiz zu vollziehen. «Es hat sich schon auch wie ein Aufgeben angefühlt», sagt Rathgeb rückblickend, durchaus sei er auch etwas enttäuscht gewesen, habe er sich dieses Abenteuer doch anders vorgestellt. Zugleich freue er sich aber, hier in Biel eine neue Herausforderung in einem angenehmen Umfeld anzunehmen. Amerika scheint daher für den Verteidiger ein Schrecken mit Ende gewesen zu sein.

Neuen Schwung holen
Ganz aufgeben will er seinen Traum von der NHL aber noch nicht. In seinem Drei-Jahresvertrag besteht eine Ausstiegsklausel nach der zweiten Saison, die Bieler nach Nordamerika verlassen zu können. Auch sagt Rathgeb, dass er sich nun hier in der Schweiz neu aufbauen und durchsetzen will. Anders gesagt: Neuen Schwung holen. «Ich will hier Erfolg haben. Gerade auch als Team», sagt der 23-Jährige, der zuvor in drei Jahren mit Fribourg noch keinen Halbfinal spielen konnte. Mit Biel hat er nun zweifellos Chancen, ganz vorne mitzuspielen, bereits im letzten Jahr waren die Seeländer nahe an einer Finalqualifikation dran.
Ebenso wichtig sei aber auch der Umgang innerhalb des Teams, den er mittlerweile als besonders angenehm erfahre. «In Amerika musste man stets hoffen, dass einem Kollegen etwas weh tut, um zu spielen. Hier gönnt man einander den Erfolg, das alles ist viel angenehmer.» Auf einem gemeinsamen Ausflug nach Wien habe er auch bemerkt, dass der Teamzusammenhalt und die Dynamik sehr gut seien. «Jeder Spieler kann mit jedem gut umgehen, wir hatten es sehr lustig zusammen.» Für Rathgeb war dies nach der schwierigen Saison ein angenehmer Start im neuen Team.

Olympia im Visier
Ein Vorteil ergibt sich aus dem Wechsel in die Schweiz zusätzlich. Im kommenden Jahr findet in Lausanne und Zürich die Heim-Weltmeisterschaft statt, auch dafür will sich der Verteidiger in den kommenden Monaten empfehlen. «Das war kein Grund in die Schweiz zu kommen, hat mir den Entscheid aber vielleicht ein bisschen erleichtert», sagt Rathgeb. Zweifellos sei es ein wichtiges, persönliches Ziel, ein grosses, internationales Turnier zu spielen, weil ihm dies bisher noch nicht vergönnt war. So seien nicht zuletzt auch die Olympischen Spiele im Jahr 2022 ein Thema, in jenem Jahr wird dann auch der Vertrag von Rathgeb enden, weshalb die Voraussetzungen bestmöglichst sind, sich noch einmal für Amerika zu empfehlen.

Ein ganz besonderes Testspiel
Vorerst ist Übersee bei Yannick Rathgeb aber in den Hintergrund gerückt. In Biel will er zu alter Stärke finden, seine neuen Erfahrungen will er mitnehmen. Fortschritte habe er nämlich auch im letzten Jahr zweifellos gemacht, gerade mental konnte er sehr viel lernen, sagt er. «Natürlich möchte ich mich im Spiel nach vorne einbringen. Das System ist dafür ideal», sagt Rathgeb. Daneben dürfte er mit seinem guten Schuss auch für das Powerplay ein Thema sein, sowieso wird er im Seeland eine andere Rolle spielen, als noch in Bridgeport, in der Organisation der New York Islanders.
Für Rathgeb wird die Meisterschaft am 13. September zu Hause, ausgerechnet gegen seinen Ex-Club Fribourg Gottéron beginnen, am 29. August steht er bereits in der Champions Hockey League gegen Frisk Asker (Norwegen) im Einsatz. Die Fans aus seiner Heimat Langenthal werden den Verteidiger mit der Nummer 27 aber bereits früher zu Gesicht bekommen. Mit Biel wird er nämlich den Berner Cup bestreiten. Für Rathgeb wird dies zugleich sein erster Auftritt im Langenthaler Schoren als Aktivspieler sein. «Das wird speziell für mich. Ich freue mich ex-trem auf dieses Spiel», sagt er selbst. Dass er am 20. August beim Start auch noch gegen Langenthal beginnt, mache diesen Moment noch aussergewöhnlicher. «Das ist mit einem Testspiel nicht zu vergleichen. Ich denke, es wird ein besonderer Moment sein.» Während sich am Mittwoch Bern und Langnau messen, findet am Donnerstag dann der kleine und am Freitag der grosse Final statt. «Ich war schon lange nicht mehr im Schoren. Das müssen mittlerweile mehrere Jahre her sein», sagt Rathgeb und spricht begeistert von diesem für ihn ungewohnten Testspiel. Nach dem schwierigen Nordamerika-Abenteuer ist es wahrlich Zeit für ihn, nach vorne zu blicken. Die Voraussetzungen, dass dies nun gut gelingt, sind zweifellos gut.

Von Leroy Ryser