Ein Ex-Gemeindepräsident wird Theaterautor
Das traditionelle Konzert mit Theater des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg am ersten Novemberwochenende wartet in der Linksmähderhalle Madiswil gleich mit zwei Premieren auf: Erstmals dirigiert Jakob Kulke das Jahreskonzert. Und das Theaterstück stammt aus der Feder des ehemaligen Ochlenberger Gemeindepräsidenten Hansueli Wüthrich, der zugleich Regie führt und auch noch mitspielt.
Ochlenberg/Madiswil · «Dass ich je einmal ein Theaterstück schreiben werde, das habe ich ehrlich gesagt nie von mir gedacht», scheint Hansueli Wüthrich selbst etwas von der Situation überrascht. Doch aus einer Not wurde für ihn eine Tugend: «Pfarrer Alex Kurz hat schon einige Stücke für uns geschrieben. Es war zu einer schönen Tradition geworden.» Aber nach der Aufführung im vergangenen Jahr habe Alex Kurz auf die Anfrage abwinken müssen, da es ihm aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich sei, ein weiteres Stück zu verfassen. «Wir haben das natürlich sehr bedauert», erklärt der 63-jährige «Jungautor». Was nun? Alternativen wurden gesucht. So hat Hansueli Wüthrich mehrere Stücke von Verlagen bestellt, eines um das andere durchgelesen und musste schliesslich feststellen: «Wir wollten etwas Zeitgenössisches spielen, das auch Jüngere hätte ansprechen können, denn wir haben sehr viele junge Mitglieder im Verein. Doch Stücke mit aktuellen Themen findet man einfach kaum.»
Plötzlich Fragmente im Kopf
Für Hansueli Wüthrich folgte auf die erste Ernüchterung eine positive, auch für ihn überraschende Wende. «Plötzlich hatte ich verschiedene Fragmente im Kopf, Geschichten, die mir begegnet sind oder die ich selber erlebt habe. Diese habe ich mit Ideen aus der eigenen Fantasie ergänzt. Irgendwann hatte ich das Gefühl, das könnte etwas Ganzes werden.» Immer neue Teile seien im Laufe der Zeit hinzugekommen. In seinem Beruf als landwirtschaftlicher Treuhänder seien ihm etliche schwere Schicksale und Geschichten begegnet, von denen Teile eingeflossen sind. «Das alles zu Papier zu bringen, das habe ich mir dann aber nicht zugetraut», gesteht Hansueli Wüthrich. «Doch meine Frau hat mich motiviert und gesagt, ich müsste mal eine ganze Woche Zeit haben, mich daran setzen zu können.» So hat Hansueli Wüthrich im Frühling eine Woche Ferien genommen. «Danach hatte ich tatsächlich ein Gerüst für das Stück gehabt, das ich dann anderen zum Lesen gab.» Die positiven Rückmeldungen blieben nicht aus. «Dennoch hatte ich noch immer etliche Zweifel. Das wird doch nichts.» Er blieb aber dran und formulierte das «Gerüst» weiter aus, so weit, dass er vor den Sommerferien sogar beginnen konnte, acht Schauspielerinnen und Schauspieler zu rekrutieren. Auch für Hansueli Wüthrich, der sich selber als leidenschaftlichen Theaterspieler zu erkennen gibt und schon seit etlichen Jahren immer wieder auf der Bühne stand, gab es dabei noch eine Rolle. Ab Mitte August fanden dann im Schulhaus Neuhaus die ersten wöchentlichen Proben für die Mitwirkenden im Alter zwischen 7 und 63 Jahren statt, bei denen Hansueli Wüthrich selber die Regie führt. Dabei kam ihm zugute, dass er bereits im vergangenen Jahr wertvolle Erfahrungen sammeln konnte als Co-Regisseur von Marlies Graber, die ihm auch heuer beratend zur Seite steht. Die Proben wurden zuletzt intensiviert und nach der Rüebenchilbi steht dann eine Intensivwoche in der Madiswiler Linksmähderhalle an, wo die Aufführungen stattfinden werden.
Humorvoll und doch tiefgründig
«Ich bin natürlich sehr aufgeregt», gibt Hansueli Wüthrich – nur wenige Tage vor der Uraufführung seines Vier-akters – im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler» unumwunden zu. «Man weiss ja nie im Voraus, wie das Stück ankommen wird, ob die Besucherinnen und Besucher mitgehen und mitleben. Ich hoffe einfach, dass der Saal noch halb voll ist, wenn wir das Stück fertig gespielt haben», schmunzelt der einstige Gemeindepräsident von Ochlenberg mit einer zünftigen Prise Selbstironie. Humor ist denn auch ein wichtiger Bestandteil im Theaterstück «Kes Problem!». «Es gibt Humoristisches verbunden mit Tiefgründigem aus unserem Gesellschaftsleben. Da tauchen Beziehungsprobleme ebenso auf wie Melancholisches. Ich hoffe, es hat für alle etwas.» Trotz Szenenwitz, als Schwank möchte Hansueli Wüthrich sein Theaterstück nicht bezeichnen, sondern vielmehr als eine tiefgründige Familiengeschichte nach wahren Begebenheiten. «Ich wollte mit Humor und einer gewissen Leichtigkeit vermitteln, dass Werte wie Ehrlichkeit, Transparenz und Vertrauen, die seit Jahrzehnten Gültigkeit haben in der Familie und im Gesellschaftsleben, auch heute noch aktuell und wichtig sind», betont Hansueli Wüthrich.
Von Thomas Peter/PR