«Ein Hausbau ist einfacher als ein Teichbau»
Im und ums Rottal legten die Mönche aus dem Kloster St. Urban mehrere Dutzend Teiche für die Karpfenzucht an. Mit der Zeit verschwanden diese, das Gelände wurde melioriert und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht, bevor in den 80er Jahren ein langsames Umdenken startete. 2004 konnte im ersten, neugebauten Karpfenteich Fische ausgesetzt werden, 2006 wurde der Verein Karpfen pur Natur gegründet. Dieser Verein konnte nun den sechsten Teich in Fischbach einweihen.
Fischbach · Obschon es am Freitag regnete, Martin Hafner war überaus glücklich: «Jeder Tropfen füllt unseren neuen Weiher», zu dessen Eröffnung der Förster aus Fischbach und seine Partnerin Sandra Birrer luden. Bereits 2011 fanden die ersten Sondierungen oberhalb von Fischbach statt und die Planungen wurden in Angriff genommen. Bis zum Baugesuch dauerte es allerdings, dieses wurde 2015 eingereicht und grünes Licht gab es erst ein Jahr später. «Zuerst mussten wir weitere Planungen nachreichen, nämlich zu den Ersatzmassnahmen betreffend Fruchtfolgeflächen», wusste Hafner zu erzählen. Der anwesende Kantonsvertreter der Dienststelle Landwirtschaft und Wald, Jörg Gemsch, erklärte die geforderten Nachreichungen mit gesteigerter Aufmerksamkeit: «Die Kantone haben die Auflage, eine gewisse Anzahl Fruchtfolgeflächen auszuweisen, weshalb bei Neubauten aller Art Ersatzmassnahmen nötig sind.»
Zusammenarbeit zahlte sich aus
Weil der Teich als Neubau gilt, galt es auf dem Wildberg ebenfalls Ersatzmassnahmen zu planen: «Wir werteten gleich oberhalb des Weihers den Boden zur Ackerfläche auf, um die geforderten Fruchtflächen zu erhalten. Dazu bauten wir den Humus und den Unterboden vom Weihergelände auf der Wiese ein, während wir im Gegenzug das schotterhaltige Material, welches unterhalb der Ausgleichsfläche zum Vorschein kam, für den Weiherbau nach unten zügelten», berichtete Hafner. Was im Nachhinein einfach klingt, stellte die Bauleute vor Herausforderungen, denn es galt nicht weniger als 1400 Kubikmeter Unterboden, 700 Kubikmeter Humus und 500 Kubikmeter schotterhaltiges Material zu transportieren. Gleichzeitig wurden von umliegenden Baustellen 2800 Kubikmeter lehmiger Aushub herangefahren, um den Damm aufzubauen und die Teichsole abzudichten. «Der Erfolg entstand durch die gute Zusammenarbeit der verschiedenen involvierten Parteien», bilanzierte Markus Gerber, welcher mit seinem Unternehmen das Gros der Bauarbeiten ausführte. «Wir können aber schon auf viel Erfahrung im Weiherbau zurückgreifen und mit der Zeit eigneten wir uns ein grosses Material- und Fachwissen an.» Ebenso arbeiteten bei der Finanzierung des Teichs verschiedene Parteien zusammen, vor allem aber beteiligte sich die Albert-Koechlin-Stiftung grosszügig am Bau: Von den gut 300 000 Franken Projektkosten übernahm die Stiftung rund Dreiviertel der Ausgaben, ebenfalls legte der Naturschutzfonds des Kantons Luzern einen Beitrag dazu. Neben den Eigentümern Birrer und Hafner und dem Projektleiter Steffen beteiligten sich Freiwillige mit viel Eigenleistung an der Planung und dem Bau.
Vielfältiger Lebensraum
Nach gut einem Jahr konnte die Teichanlage fertiggestellt und der Natur übergeben werden. «Eine grosse Sensation ist, dass bereits stark gefährdete Arten wie die Kreuzkröte oder die Moorbinse diesen Lebensraum erfolgreich besiedelten. Wir hoffen, dass sich eines Tages weitere seltene Arten am naturnahen Karpfenteich und an den fischfreien Amphibienweihern in der Umgebung wohlfühlen, vielleicht sogar die Geburtshelferkröte», wünschte sich Manfred Steffen, welcher das Gesamtprojekt leitete. «Ein solch extensiv bewirtschaftetes Lebensraummosaik ist ein Bijou in der Landschaft und bietet für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten perfekte Entwicklungsbedingungen. Deshalb sollen mit der Teichperlenkette in der Region noch weitere neue Karpfenteiche folgen», so der Umweltnaturwissenschafter Steffen. Die Karpfen werden durch den Verein Karpfen pur Natur gezüchtet, eingesetzt und schlussendlich abgefischt. Der Präsident des Vereins, Peter Liebi, erklärte, dass der rund 15 Aren grosse Teich künftig 30 bis 40 Spiegelkarpfen beheimaten werde, welche nach dem Abfischen grösstenteils im Gasthof Löwen in Melchnau aufgetischt würden.
Nachhaltigkeit wird greifbar
«Unsere Motivation für den Bau war, dass wir nachhaltig mit den natürlichen Ressourcen umgehen wollen», begründen Sandra Birrer und Martin Hafner ihr Engagement. «Nachhaltig ist der Weiher gleich in allen drei Punkten Ökologie, Soziales und Wirtschaft: Er ist ein wichtiges Bindeglied im Ökosystem, eine alte kulturelle Tradition und dient zur Produktion von hochwertigen Lebensmitteln». Dennoch: Der Bau seines Hauses sei deutlich einfacher gewesen. «Da gab es keine rollende Planung, die Materialien mussten nicht zusammengesucht werden und alle konnten sich darunter etwas vorstellen, während der Weiher zuweilen auch auf weniger Verständnis stiess», schloss der stolze Bauherr Hafner.
Von Patrik Baumann