Ein hoffentlich letztes, grobes Minus
Die Emmentaler Schaukäserei hält weiterhin an der Vorwärtsstrategie fest und versucht, mit grossen Schritten in eine finanziell stabile Zukunft zu gehen. An der Generalversammlung, mit Rückblick auf das Jahr 2018, mussten sich die Aktionäre aber noch etwas gedulden: Wegen einer Bilanzbereinigung rund um zahlreiche Abschreibungen wurde ein Minus von fast einer Million ausgewiesen.
Affoltern · In der Emmentaler Schaukäserei ist im vergangenen Geschäftsjahr so einiges passiert. Am 1. Dezember konnte denn auch der neue Königsweg, ein Erlebnisrundgang, nach intensiver Bauzeit eröffnet werden. Dieser Bau hatte bis zuletzt auch die diesjährige Generalversammlung der ESK beeinflusst, bei der Präsentation von Jahresbericht und Rechnung drehte sich so einiges darum. Mit grosser Freude blickten Geschäftsführer Frank Jantschik und VR-Präsident Kurt Nüesch zurück und auch nach vorne. Im April und Mai haben über 4400 Personen zum Saisonauftakt den neuen Weg besucht, was verdeutlicht, dass das neue Aushängeschild bereits als Besuchermagnet dient. Seit der Eröffnung sind es immerhin über 6800 Besucher. Entsprechend gut zeigten sich die operativen Zahlen im laufenden Jahr, in allen Bereichen hat die Schaukäserei gegenüber dem letzten Jahr zum gleichen Zeitpunkt ein Plus erwirtschaften können.
Bereinigungen von 800 000 Franken
Was die Zahlen des letzten Jahres betrifft, konnten die Aktionäre aber höchstens bedingt zufrieden sein. Über allem prangt ein grobes Minus von insgesamt fast einer Million Franken auf der Erfolgsrechnung. Gut
800 000 Franken sind dabei aber auf einen ausserordentlichen Aufwand zurückzuführen, den die Verantwortlichen eingegangen sind, um Altlasten auch in der Rechnung endgültig zu beseitigen. Nach dem erfolgten Kapitalschnitt sowie der Rekapitalisierung mit Aktienzeichnungen um 2,5 Millionen Franken wurde entschieden, Abschreibungen nachzuholen und die Bilanz zu bereinigen. Sachanlagen, die aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten zuletzt nicht genügend abgeschrieben werden konnten, wurden damit korrigiert, ausserdem wurde vorgesorgt. Ausrüstungen, die in diesem oder dem nächsten Jahr ersetzt werden müssen, wurden bereits per 31.12.2018 zur statistischen Null abgeschrieben, damit dies die nächste Rechnung nicht mehr belastet.
Anders gesagt: Um den Fortschritt weiter zu fördern, und letztlich dem Ziel, einer schwarzen Null, näher zu kommen, haben die Verantwortlichen erneut ein grobes Minus akzeptiert. Dies führt ausserdem dazu, dass Altlasten aus schwierigen Zeiten endgültig beseitigt sind.
Dafür sei durchaus ein grosser Aufwand nötig gewesen, denn gerade für die Mitarbeitenden habe die Bautätigkeit unangenehme Auswirkungen gehabt. Frank Jantschik und Kurt Nüesch betonten mehrmals den Einsatz ihrer Arbeitsbienen, die auch in schwierigen Umständen fleissig und engagiert blieben. Dennoch führten Mehraufwände und Verkaufsrabatte im Zuge der Bautätigkeiten sowie ein Ertragsminus wegen der Sommerhitze zusätzlich zu negativen Zahlen. Immerhin konnte der Gesamtumsatz erneut um über 4 Prozent gesteigert werden, auch Gruppen kamen deutlich mehr nach Affoltern als im Vorjahr, und wie schon zuletzt ist auch das Restaurant weiterhin im Hoch.
Daniel Meyer für Kurt Nüesch
Die Herausforderungen und auch der Druck auf das neue Jahr hin werden damit aber nicht kleiner. Im Sommer 2020 steht ausserdem der Umbau in der Produktion bevor, zusätzlich ist geplant, das Restaurant und den Eingangsbereich zu renovieren. In welchem Umfang die Arbeiten ausgeführt werden, wird erst noch geprüft, das Projekt soll in den nächsten Wochen entscheidend vorangetrieben werden, erklärte VR-Präsident Kurt Nüesch. Dafür wird der mittlerweile 67-Jährige aber nicht mehr verantwortlich sein, auf die GV hin gab er nämlich seine Demission bekannt. «Wie geplant, nach drei Jahren», betonte der Mann, der insgesamt während 30 Jahren im Verwaltungsrat der Schaukäserei mitwirkte. Nun sei ein guter Zeitpunkt, sich zu verabschieden, zumal jetzt alles wie gehofft vorbereitet sei, um mit Aufschwung in die Zukunft zu gehen. «Ich kann befriedigt zurücktreten und sehe meine Ziele als erreicht», erklärte Nüesch später im Interview mit dem «Unter-Emmentaler». Der Zeitpunkt kürzer zu treten und die Pension stärker zu geniessen, sei zweifellos ideal. «Die Basis ist geschaffen. Das wichtigste aller Projekte, der Königsweg, ist realisiert. Das macht das weitere Vorgehen möglich.»
Übernehmen wird für ihn Daniel Meyer, der schon in diversen Mandaten und Arbeiten Erfahrung sammeln konnte, die nun der Schaukäserei zugute kommen soll. Meyer führt damit ein Doppelmandat aus, er wird nicht nur die Schaukäserei, sondern auch die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland präsidieren. Ähnlich wie Kurt Nüesch zeigte sich auch sein 53-jähriger Nachfolger überzeugt, dass der Schwung nun für eine positive Zukunft genutzt werden soll. «Man konnte bereits sehen, dass der Königsweg eine gewisse Anziehungskraft hat. Das ist ein gutes und wichtiges Zeichen», erklärte Meyer gegenüber dem «UE». Ausserdem stimme ihn das eingespielte und engagierte Team der Schaukäserei zuversichtlich, dass nun die oftmals angekündigte, positive Zukunft endgültig eingeleitet werden kann. «Die Herausforderungen bleiben gross. Zurücklehnen können wir uns noch lange nicht», sagte Meyer auch, doch der nun sichtbare Horizont gleicht mehr einem Sonnenauf- als einem -untergang.
Verlustvortrag abarbeiten
Bei der Generalversammlung, an der immerhin fast 90 Prozent des Aktienkapitals vertreten waren, betonte VR-Präsident Kurt Nüesch, dass man stolz sein dürfe, was zuletzt geschah. Wahrlich ist ein Fortschritt erkennbar, durch die nun besser genutzten Synergien mit der Sortenorganisation Emmental Switzerland passiert auch im Marketingbereich einiges, um den Standort voranzutreiben. Das ist auch nötig, weil bis zuletzt ein Verlustvortrag von 275 000 Franken besteht, der in naher Zukunft abgearbeitet werden soll, um später wieder Reserven bilden zu können. Die hoffentlich letzte Rechnung mit einem groben Minus wurde indes ohne Gegenstimmen und Enthaltungen genehmigt, ebenso wurde Daniel Meyer als neuer VR-Präsident ohne Aufbegehren und Gegenstimmen gewählt. Neben Kurt Nüesch wurde indes auch Vizepräsident Josef Wyss verabschiedet, ehe die Versammlung geschlossen wurde und die Schaukäserei zum Mittagessen lud. Davor gab es für die Aktionäre ausserdem die Möglichkeit, den Königsweg zu besuchen und sich selbst ein Bild zu machen, wie die Zukunft in Affoltern aussehen soll.
Von Leroy Ryser