Ein Jahr voller Dankbarkeit
Das Thema Krieg und Flüchtlinge ist aktueller denn je. Tausende fliehen täglich aus ihren zerbombten Häusern und Städten und begeben sich auf eine gefährliche Reise in Sicherheit. Auch in Eriswil sind Flüchtlinge angekommen. Genau ein Jahr ist es her. Das gab Anlass, das Ereignis zu feiern
Eriswil · Vor einem Jahr hat wohl manche Eriswilerin und mancher Eriswiler etwas gestaunt, als plötzlich fremde Gesichter in den Dorfstrassen auftauchten und unbekannte Sprachen gesprochen wurden. Mittlerweile gehören die Flüchtlinge aus Eritrea, Afghanistan und dem Iran schon fast ein wenig zum Dorfbild wie der Volg oder die Mähdrescher an einem schönen Spätsommertag. Zwölf Männer diversen Alters aus Eritrea sind vor genau einem Jahr nach Eriswil gezogen, mittlerweile sind auch Familien aus dem arabischen Raum hinzugekommen. Zudem wurde eine «Interessengemeinschaft für Menschen in Not» gegründet, welche zum Ziel hat, die Integration für die Flüchtlinge etwas einfacher zu gestalten, ist doch unsere Kultur so grundlegend anders als die ihre.
Das «Jubiläum» sollte gefeiert werden. Am Sonntag, 18. Dezember, luden die Eritreer dafür zu sich ein, «voll Dankbarkeit für die freundliche Aufnahme und die Begleitung im vergangenen Jahr», wie man in der Einladung lesen konnte. Anstatt Spaghetti, Rösti oder sonst ein vertrautes Gericht gab es Injera zum Essen. Injera? Es könnte vom Aussehen her fast eine Omelette sein, allerdings ist der Geschmack zugegebenermassen nicht ganz derselbe, zudem gibt es noch Saucen – zum Teil sehr scharfe – zu diesem Fladenbrot. Und es wird ohne Besteck gegessen, für manchen Eriswiler doch etwas ungewohnt. Es war aber vorgesorgt, Gabeln lagen auf dem Tisch bereit. Und ein bisschen Weihnachten durfte dann doch nicht fehlen, auch Mandarindli und Schokolade gehörten ebenfalls zum Menü.
Traurige Geschichten im Gepäck
Nicht nur in Sachen Essen scheinen die Leute aus Eriswil «experimentierfreudiger» geworden zu sein, auch sonst hat sich wohl manche Meinung über Asylanten und Flüchtlinge in der Schweiz etwas verändert in diesem Jahr. Plötzlich stehen die Leute, über die sonst nur in den Medien berichtet wird, direkt vor einem mit ihren traurigen Geschichten im Gepäck. Plötzlich werden die Schauergeschichten von überfüllten Booten und tagelangen Fussmärschen real, greifbar. Plötzlich lernt man diese «Flüchtlinge» persönlich kennen, kann sich ein eigenes Bild machen und mögliche Ängste abbauen. So ist zu hoffen, dass über dieses erste Jahr hinaus noch so manche Begegnung zwischen den verschiedenen Kulturen stattfinden wird. Gelöst sind das sogenannte «Flüchtlingsproblem» sowie politische Situationen und Krieg auf dieser Welt deswegen noch lange nicht. Aber vielleicht ist es für alle Beteiligten etwas einfacher zu ertragen.
Von Mirjam Zehnder