Ein Magier mit der Mundharmonika
Bluesharpvirtuose Mitch Kashmar lancierte mit seinen Blues & Boogie Kings die 27. Jazz-Tage mit einem fulminanten Konzert im katholischen Kirchgemeindehaus. Diese bluesige Mischung entflammte das Publikum. Eine Standing Ovation für dieses Highlight zum Auftakt des Festivals blieb nicht aus.
Pink war die Bühne eingekleidet, assortiert zu den weissen Orchideen und rosafarbenen Kerzen. Einmal mehr verantwortlich für das jazzige Ambiente zeichnete das Dekoteam rund um OK-Mitglied Willy Schnetzer. So lobte auch Pianist Niels van der Leyen die unvergleichliche Atmosphäre im Kirchgemeindehaus, die einst von Bandleader Dani Felber sogar mit jener von New Yorker Jazzclubs verglichen wurde. Neben der musikalischen Stilvielfalt und den hochstehenden Bands mit ein Grund, weshalb das Langenthaler Jazzfestival seit Jahren ein Publikumsmagnet ist.
Zur Eröffnung der diesjährigen Jazztage strömten die Besucher auch an einem gewöhnlichen Donnerstagabend zahlreich ins katholische Kirchgemeindehaus, wo Programmchef Bruno Frangi und Claudia Frangi die 27. Jazz-Tage mit einem der weltweit besten Blues-Harmonika-Virtuosen ansagen konnten.
Im einfachen T-Shirt steht Mitch Kashmar auf der Bühne, sympathisch, beinahe etwas unscheinbar, anfänglich im Clinch mit dem Kabel des Mikrofons. Dieses hält er gleichzeitig mit der Bluesharp in der Hand, während er spielt. Sobald er seinem Instrument die ersten Töne entlockt, befindet er sich in einer anderen Welt und nimmt Bühne und Zuhörer ein. Sein Spiel überzeugt mit virtuoser Technik, Feeling und Power. Der begnadete Bluesharpspieler gefällt mit einer sonoren Stimme, die er mit seinem Instrument in absoluter Professionalität und Ausdruck vereint.
Eine hochkarätige Band aus Deutschland begleitet den US-Amerikaner auf seiner vierten Europatournee. Nur zwei Stationen führen Mitch Kashmars Blues & Boogie Kings in die Schweiz, eine davon ist Langenthal. Dort liess sich das erwartungsvolle Publikum augenblicklich von der Improvisationsfreude und ansteckenden Begeisterung der genialen Musiker anstecken. Begleitet von Szenenapplaus ertönen Songs wie «Route 66», «Whiskey Drinkin’ Woman» oder «Take a little walk». Gänsehaut-Feeling verleiht «Sad Night», ein sanfter melodiöser Blues. Klagende Töne der Mundharmonika, nur begleitet vom weichen, fliessenden Klang der Jazzbesen, während der Schatten des Drummers an der Wand reflektiert wird. Ein entrückter Moment, der viele Festivalbesucher verzaubert.
Hautnah und authentisch
Kein anderes Instrument verkörpert den authentischen Blues mehr als die kleine Mundharmonika. Mitch Kashmar spielt auf verschiedenen Harps. Einige scheinen fast in seinen Händen zu verschwinden. Mit seinem chromatischen Harpspiel erzeugt er eine beeindruckende Klangvielfalt und Power. Sein Stil ist vom Chicago- und Westcoast-Jump-Blues geprägt, enthält aber auch Elemente des New Orleans R & B, Texas-Blues und Jazz.
Der 1960 in Santa Barbara geborene Kalifornier hat zuerst Klavier gespielt, bevor er sich mit 16 Jahren von der Mundharmonika faszinieren liess. «Einer der Gründe für die Anziehungskraft der Bluesharp ist ihr Klang und die Möglichkeit, alle erdenklichen Stilrichtungen zu spielen», erklärt der begnadete Musiker gegenüber dem «Unter-Emmentaler».
Als herausragender Blues-Gitarrist brilliert Jan Hirte. Einfühlsam, mit energiegeladenen Soli harmoniert der Berliner mit seinen Mitmusikern und versprüht bluesige Energie.
Er glänzt mit kräftigem Anschlag und setzt seine Gitarre gekonnt ein, mal groovend rhythmisch oder in solistischer Zwiesprache mit der Bluesharp. So wie es eine Dame aus dem Publikum treffend beschreibt: «Er spricht mit seiner Gitarre.»
Schlagzeuger Andreas Bock versetzt die Band in den perfekten Groove und wird von Pianist Niels van der Leyen als «das pochende Herz der Band» bezeichnet. Als einer der besten deutschen Schlagzeuger wurde er 2015 und 2016 mit dem German Blues Award ausgezeichnet.
In schwindelerregendem Tempo mit einer unglaublichen Leichtigkeit fliegen die Finger von Niels van der Leyen über die Tasten. Seine Füsse tanzen rhythmisch mit und so transportiert er die gesamte Energie in den Saal.
Wiedersehen am 30. Geburtstag
Die Musiker werden mit Standing Ovations belohnt. Sie bedanken sich mit einer Zugabe und Niels von der Leyen bemerkt charmant: «Zum 30-Jahr-Jubiläum der Jazz-Tage kommen wir gerne wieder nach Langenthal.»
Von Brigitte Meier