Ein Mahnfeuer als Weckruf der Bauern
Vergangenes Wochenende fanden an verschiedenen Standorten in der Schweiz friedliche Mahnwachen mit Traktoren und Mahnfeuer statt. Auch in der Gemeinde Sumiswald machten Landwirte auf Missstände in der Landwirtschaft aufmerksam.
Wasen/Sumiswald · Das Bedürfnis der Schweizer Landwirte, auf ihre Probleme aufmerksam zu machen, wächst. Während die Produktionskosten für die Landwirte und Landwirtinnen stiegen, bleibe die Höhe der Direktzahlungen gleich oder würden auf Grund von Sparmassnahmen gekürzt. Auch die Grossverteiler berücksichtigten diese Steigerung in ihren Einkaufspreisen nicht. Die Transparenz entlang der Wertschöpfungskette fehle. Die sei eine Aufgabe der Politik. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten sollten über die Mechanismen der Preisbildung aufgeklärt werden. Aber nicht nur deshalb veranstalteten Landwirte am vergangenen Wochenende in einigen Kantonen der Schweiz stille Mahnwachen. Ihr Weckruf richtete sich an die Verwaltung, die Politik und die Marktakteure. Damit knüpften sie an die Bauern-Proteste im Ausland an. Tags darauf wurden Mahnfeuer angezündet, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. Auch einige engagierte Bauern und Bäuerinnen der Gemeinde Sumiswald machten mit einer Mahnwache und mit einem Höhen-Mahnfeuer auf der Gusti-Bisegg-Alp in Wasen auf die Situation der Bauernfamilien aufmerksam. Initiant war der Landwirt Christian Fankhauser vom Hof Nussbaum in Wasen. Der zweifache Familienvater wurde dabei tatkräftig von seiner Frau Katia und vielen weiteren Landwirten unterstützt. «Uns war es wichtig, den Kontakt zu der Bevölkerung knüpfen zu können», erklärt der Landwirt. Er und seine Frau sitzen am Küchentisch zusammen mit Peter Schärer und Michael Flückiger, beide sind Bauern aus Sumiswald. Sie alle haben sich bereit erklärt, dem «Unter-Emmentaler» über ihr Engagement zu Gunsten der landwirtschaftlichen
Betriebe Auskunft zu geben.
Viel Bürokratie
«Die Situation ist in der Schweiz eine andere als im Ausland, die Schweizer Bauern sind zum Beispiel in der Politik besser vertreten», erklärt Biobauer Michael Flückiger. Er übernahm 2016 den elterlichen Hof in Sumiswald. Zudem ist er Erhebungsstellenleiter in der Gemeinde Sumiswald. (Ein Erhebungsstellenleiter ist die Schnittstelle zwischen Gemeinde und Kanton im Bereich Agrarvollzug bei Direktzahlungen.) «Man spürt auch, dass die Bevölkerung in der Schweiz eher hinter der Landwirtschaft steht als in anderen Ländern», ergänzt Katia Fankhauser. Doch auch wenn in der Schweiz politische Forderungen eher durchkommen, entsteht dann oft Frust bei der Umsetzung. So werde seit Jahren eine Reduktion der Bürokratie versprochen, doch stattdessen werde der administrative Aufwand immer grösser und komplizierter. Besonders bekommt dies Erhebungsstellenleiter Michael Flückiger zu spüren. Aktuell nehmen für die Agrardatenerhebung in der Gemeinde Sumiswald-Wasen rund 90 Landwirte seine Unterstützung in Anspruch. «Wird bei den Direktzahlungen etwas falsch ausgefüllt, kann das Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge haben. Deshalb suchen sich viele Landwirte bei mir Hilfe», erklärt Flückiger. Er helfe zwar gerne, habe vor dieser Aufgabe aber auch grossen Respekt. «Mache ich einen Fehler, kann es sein, dass dadurch die Betriebskontrolle bei einem Landwirt Fehler aufweist und er deswegen sanktioniert wird. Zwar kann ich dafür nicht haftbar gemacht werden, eine Mitverantwortung habe ich aber trotzdem.» Für Michael Flückiger ist denn auch der administrative Aufwand eines der grösseren Probleme.
Der Schuh drückt unterschiedlich
Aber nicht jeder Landwirtschaftsbetrieb kämpft mit den gleichen Herausforderungen. Für Christian und Katia Fankhauser, die den Hof Nussbaum im Hornbach seit Dezember 2018 führen, ist es eher die fehlende Transparenz und die manchmal herrschende Unverhältnismässigkeit bei den Kontrollen. Bei Peter Schärer hingegen, der seit 25 Jahren den Senggenhof in Sumiswald bewirtschaftet, ist es die zum Teil fehlende Akzeptanz für die Landwirtschaft, die ihn am meisten stört. Dennoch sei es wichtig, dass diejenigen Probleme, welche alle Betriebe in der ganzen Schweiz betreffen, gemeinsam angegangen werden, sind sich die drei Parteien einig. Die zentralen Anliegen sind klar formuliert. Die Forderungen betreffen nicht nur den bereits erwähnten fairen Markt und den grossen Aufwand der Bürokratie, welcher reduziert werden müsste, sondern auch die Förderung der lokalen und nachhaltigen Landwirtschaft, um die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren. Bereits bestehende Qualitäts- und Lebensmittelstandards sollten hingegen weiterhin gewährleistet bleiben. Gefordert wird ebenfalls mehr Transparenz und Fairness in der Lebensmittelversorgungskette, indem faire Handelsbeziehungen zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Händlern sichergestellt würden. Ausserdem möchte man sich für den Schutz des Schweizer landwirtschaftlichen Erbes einsetzen, einschliesslich der Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten. Zu guter Letzt soll ein konstruktiver Dialog mit Behörden, Interessengruppen und Verbrauchern entstehen, um nachhaltige Lösungen zu finden.
Zusätzlich zu den schweizweit friedlichen Mahnwachen und Mahnfeuern beabsichtigen die Bauern und Bäuerinnen, jeder für sich allein, einen vorformulierten Brief an das Bundesamt für Landwirtschaft zu schicken, mit der Forderung, dass dem missbräuchlichen Bürokratismus in der Landwirtschaft rasch Einhalt geboten werden soll.
«Wir werden dran bleiben»
Dass die Aktion von vergangenem Wochenende nicht die einzige gewesen sein kann, sind sich die drei Bauern einig. Durch Werbung in den sozialen Medien fanden sich beim Höhen-Mahnfeuer auf der Gusti-Bisegg-Alp, trotz abgelegenem Standort, 40 bis 50 Personen ein. Nach Schätzung von Katia Fankhauser darunter rund zehn Personen, die nicht Landwirte seien. «Wir werden dran bleiben», zeigen sie sich weiterhin bereit, engagiert für ihren Berufsstand einzustehen. Wie, wo und wann die nächste friedliche Aktion der Bauern geplant ist, wurde jedoch noch nicht festgelegt.