Ein Melchnauer auf Anhieb im Schlussgang
Eidgenössisches Turnfest 2019 in Aarau – Konrad Steffen vom Schwingklub Sumiswald war mit dem 9. Rang der beste regionale Nationalturner im 104-köpfigen Elitefeld. Für Aufsehen in der Schweizer Traditionssportart sorgte der erst 16-jährige Severin Staub vom TV Melchnau, der es in seiner Nachwuchskategorie bis in den Schlussgang schaffte.
Nationalturnen · Auch im Nationalturnen wurden die Turnfestsieger ermittelt. 367 Nationalturner traten in den sechs verschiedenen Leistungs- und Alterskategorien an. 104 Wettkämpfer waren es in der Elitekategorie. Beim Nationalturnen handelt es sich um eine Schweizer Traditionssportart. Der Zehnkampf wird in einem turnerischen Teil (die sogenannten Vornoten) und einem Zweikampfteil mit Ringen und Schwingen durchgeführt. Die Wettkämpfer können wählen, ob sie vier oder sechs Disziplinen aus dem Vorprogramm ausüben. Mindestens je zwei Gänge im Ringen und Schwingen müssen aber alle Mitmachenden absolvieren. Da es sich bei den Nationalturnern grösstenteils um Wettkämpfer, die aus dem Schwingsport stammen handelt, wählten auch in Aarau über 80 Prozent der Elitestartenden nur vier Vorprogramm-Disziplinen (zur Auswahl standen Steinheben, Steinstossen, 80-m-Lauf, Hochweitsprung, Weitsprung, Bodenübung) und dann vier Gänge Schwingen und zwei Gänge Ringen.
Imhof mit drittem ETF-Titel
Als Titelverteidiger der Eidgenössischen Turnfeste in Biel (2013) und Frauenfeld (2007) trat Andi Imhof vom STV Bürglen an. Und der bald 35-jährige Urner wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Nach einem nicht ganz optimalen Vorprogramm und einem verhaltenen ersten Gang im Schwingen reihte der 72-fache Kranzgewinner im Schwingen drei Siege im Schwingen und zwei Siege im Ringen aneinander. Den Schlussgang gewann der 120-kg-Mann gegen seinen Vereinskameraden Matthias Herger. Damit holte sich Imhof im Nationalturn-Wettkampfzentrum Schachen den dritten Eidgenössischen Turnfestsieg in Serie.
Konrad Steffen bester Regionaler
Aus regionaler Sicht trat in der Elitekategorie ein erfahrenes Sägemehl-Quartett des Schwingklubs Sumiswalds an. Alle Athleten brachten auch eine langjährige Erfahrung im Nationalturnen auf. Zwei Brüder schafften die begehrte Auszeichnung, die an 31 der 104 Eliteathleten verteilt wurde. Am erfolgreichsten war der am 5. Juli 1994 geborene Konrad Steffen. In seinen vier gewählten Vorprogramm-Disziplinen verlor Steffen satte drei Punkte auf das Maximum. Zum Vergleich: Sieger Imhof liess nur 1,5 Punkte liegen. Allerdings war dies auch nicht verwunderlich, da die geübten Schwinger im Vorfeld wenig Trainingszeit in die Disziplinen ausserhalb des Sägemehlrings steckten. Dafür lief es dem Schreiner, der schon dreimal Vizemeister im Nationalturnen wurde, in den Zweikampf-Disziplinen. Rasch wurde der Rückstand auf die besten Vorprogramm-Wettkämpfer verkleinert. Konrad Steffen gewann vier seiner sechs Zweikämpfe, darunter auch einen der beiden Ringkämpfe. Einen absoluten Spitzenrang vergab er mit der Niederlage im letzten Schwing-Duell. Mit einem Sieg mit der Maximalnote wäre Konrad Steffen auf den 4. Rang vorgestossen. So blieb ihm mit dem 9. Rang immer noch eine ausgezeichnete Klassierung. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Valentin Steffen war nach durchzogenem Vorkampf in den Zweikämpfen noch erfolgreicher. Er musste sich nie das Sägemehl abwischen lassen. Mit drei Siegen und drei Gestellten schob er sich auf Rang 22 nach vorne und durfte ebenfalls die begehrte Auszeichnung in Empfang nehmen. Diese verpasste sein Sumiswalder Schwingklub-Kollege Philipp Gehrig im 32. Rang nur um einen Rang, respektive bloss um einen Zehntelspunkt. Kilian Gehrig verlor zu viele Zweikämpfe, um einen vorderen Rang zu erreichen (64. Rang).
Auf Anhieb im Schlussgang
Einen ganz starken Wettkampf zeigte Severin Staub vom TV Melchnau, der vor Ort von Matthias Niklaus, Aktiven-Hauptleiter beim TV Melchnau, betreut wurde. Das Mitglied des Schwingklubs Langenthal machte sich vor allem als Jungschwinger einen Namen. Der am 20. September 2002 geborene Athlet hat beim Nachwuchs über 120 Zweige sowie 40 Feste gewonnen. Seit 2018 schwingt er bei den Aktiven. Nun versuchte sich Staub in der Kategorie L2 (16 und 17 Jahre) im Nationalturnen. Und dies mit grossem Erfolg. In den vier Vornoten überzeugte Staub im Steinheben, Steinstossen und 80-m-Lauf. Einzig im Weitsprung ist noch Steigerungspotenzial vorhanden. Die Kategorie L2 besteht aus einem Achtkampf. Deshalb musste Staub nur viermal ins Sägemehl. Zwei Siege im Ringen und einen Sieg im Schwingen brachten den Quereinsteiger auf Anhieb in den Schlussgang. Dort traf er im allerletzten Schwing-Duell auf Roman Wandeler aus Grosswangen. Mit einem Sieg hätte sich Severein Staub den Sieg am Eidgenössischen Turnfest gesichert. Der ganz grosse Coup blieb aber aus. Das Glück lachte Wandeler, welcher sich mit der glatten 10,00 den Titel sicherte. Severin Staub musste sich mit dem 5. Rang begnügen. Nach der ersten kurzen Enttäuschung über den knapp verpassten Überraschungs-Triumph war die Freude über den Spitzenrang und die Auszeichung gross. Das Schwingtalent scheint mit dem Nationalturnen ein zweites sportliches Betätigungsfeld gefunden zu haben.
Auszug aus der Rangliste: Elite (104 Klassierte): 1. Andi Imhof, STV Bürglen, 97,3; 2. Marcel Bieri, STV Menzingen, 96,1; 3. Jeremy Vollenweider, TV Marthalen, 95,7; 9. Konrad Steffen, SK Sumiswald, 93,9; 22. Valentin Steffen, SK Sumiswald, 92,2; 32. Philipp Gehrig, SK Sumiswald, 91,7; 64. Kilian Gehrig, SK Sumiswald, 88,8. – LK 2, 16/17 Jahre (37): 1. Roman Wandeler, TV Grosswangen, 78,6; 2. This Kolb, STV Affeltrangen, 77,8; 3. Christoph Waser, TV Beckenried, 77,2; 4. Lars Mehr, STV Ennetbürgen, 77,0; 5. Severin Staub, TV Melchnau, 77,0.
Von Stefan Leuenberger