Ein Paradies, das über den See hinausreicht
Nur ein paar Kilometer von unserer Haustüre entfernt befindet sich ein paradiesisches Ausflugsziel, das mehr als ein paar atemberaubende Blicke auf eine wunderbare Seelandschaft im Angebot hat: Der Sempachersee bietet den Besucherinnen und Besuchern auch in seiner Umgebung unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse.
Sempachersee · «Der Sempachersee ist für unseren Ort identitätsstiftend und trägt unseren Namen weit in die Schweiz hinaus», sagt Franz Schwegler, Stadtpräsident von Sempach, nicht ohne Stolz. Der See sei für Sempach und die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Schwegler erwähnt, dass man in der Region jährlich rund 90 000 Übernachtungen von auswärtigen Personen zähle. Die Ausflügler und Touristen sorgen für eine erhebliche Wertschöpfung rund um den See. «Stellen Sie sich vor, in unserem Städtli mit knapp 4200 Einwohnern gibt es noch neun Restaurants und eine grosse Anzahl Läden», bemerkt der Stadtpräsident. Das sei wichtig für Sempach, und dazu müsse man Sorge tragen.
Langer Kampf gegen Seeschifffahrt
Gleichzeitig weist Franz Schwegler darauf hin, dass man gegen eine zu starke Kommerzialisierung des Sempachersees sei und sich deshalb vor neun Jahren gegen das Begehren einer Gruppe ausgesprochen habe, die den See mit Passagierschiffen befahren wollte. «Viele Leute waren der Meinung, dass dieses Vorhaben die heutige Seeidylle nachhaltig beeinträchtigen würde, nicht zuletzt durch die entstehenden Schiffs-Anlagestellen und deren Infrastruktur», erläutert Schwegler. Deshalb reichte eine Vereinigung im Jahr 2002 eine Petition mit 5000 Unterschriften ein und wehrte sich damit vehement gegen eine Passagierschifffahrt auf dem Sempachersee. Nach jahrelangem Kampf gegen dieses Projekt wurde 2011 das Bewilligungsgesuch für das «Sempischiff» zurückgezogen. Die von Schwegler genannte Seeidylle entsteht nicht zuletzt auch dadurch, weil – im Gegensatz zu den meisten Schweizer Seen – weite Teile des Sempacher-Seeufers nicht öffentlich zugänglich, sondern durch abgezäunte Privatgrundstücke abgesperrt sind. Dennoch können die Besucher an diversen Stellen entlang des Sees verweilen, spazieren oder in den beiden grossen Seebadis in Sursee und Sempach dem Badevergnügen frönen.
Paradiesisches Bild von oben
Viel zum touristischen Aufschwung beigetragen hat die künstliche Seeabsenkung von rund 1,7 Meter, die 1806 erfolgte, wodurch viel Land gewonnen und die Gefahr von Überschwemmungen reduziert werden konnte. Seither wird die Seehöhe beim Abfluss der Sure in Oberkirch künstlich reguliert. Ab den 1970er-Jahren wurden zudem mehrere Massnahmen ergriffen, um die Sauerstoff-Verhältnisse im See zu verbessern. So wurde beispielsweise 1984 in einer Tiefe von rund 80 Metern der See künstlich belüftet. Anschlies-send wurden in den Jahren 1984 bis 1996 im Sommer jeweils beträchtliche Mengen von reinem Sauerstoff in den See eingebracht. Ab 1997 zeigte die Seesanierung Wirkung und der Reinsauerstoff konnte wegen der fortschreitenden Gesundung des Sees durch normale, feinblasig eingepumpte Luft ersetzt werden.
Der Sempachersee bietet aber nicht nur entlang der Seepromenade, beispielsweise beim Seepark in Sempach, atemberaubende Blicke auf den See und die Uferlandschaft, sondern auch in unmittelbarer Umgebung des Sees erfährt der Besucher unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse. So empfiehlt es sich, in Sursee den Weg Richtung Schenkon einzuschlagen und dort, statt direkt via Eich nach Sempach zu fahren, den Weg Richtung Vogelsang zu wählen. Bereits nach wenigen Metern auf der ansteigenden Strasse wird klar, weshalb diese Route zu bevorzugen ist, liegt einem doch auf dieser Strecke der Sempachersee praktisch zu Füssen. Oben, beim Weiler Vogelsang (Gemeinde Eich), zeigt sich dem Besucher ein paradiesisches Bild, mit einem blau schimmernden See, der sich in mitten einer grünen Hügellandschaft befindet, die von einem grandios-kräftigen Innerschweizer Bergpanorama umgeben ist.
Schlacht bei Sempach
Auf der Weiterfahrt vom Weiler Vogelsang nach Sempach empfiehlt sich ein kurzer Abstecher zur «Schlacht», jenem geschichtsträchtigen Ort, wo am 9. Juli 1386 die Schlacht bei Sempach stattfand, die damals den Weg für die Entstehung der heutigen Schweiz ebnete. Dort war nämlich die entscheidende Schlacht im Sempacherkrieg (1385 –1389) zwischen der sich entwickelnden Eidgenossenschaft und dem Herzogtum Österreich. Die Schlacht bei Sempach gilt in der Geschichte der Schweiz als Höhepunkt des Konfliktes zwischen den Habsburgern und den Eidgenossen während der Schweizer Habsburgerkriege. Der Sieg des eidgenössischen Bündnisses in Sempach führte zu einer Festigung der Eidgenossenschaft und zum Zusammenbruch der Macht des Hauses Habsburg in den habsburgischen Vorlanden.
Bewegte Baugeschichte
Die Schlachtkapelle, nur wenige Schritte von der «Wirtschaft zur Schlacht» entfernt, erinnert an dieses denkwürdige Ereignis. Die Kapelle selbst hat eine bewegte Baugeschichte hinter sich. Die vorgefundenen Putzschichten weisen auf vier Bauetappen hin. Spärliche Reste eines Fundamentes und einer Pflästerung wurden anlässlich der Grabungen 1983/84 gefunden. Sie gehören wahrscheinlich zu einem relativ kleinen Bau, der im Bereich des heutigen Chores über einem grösseren Grab stand. Eine Überlieferung weiss zu berichten, dass ein Jahr nach der Schlacht an der Stelle, wo Herzog Leopold fiel, eine Gedenkstätte errichtet wurde.
Der eigentliche Kapellenbau geht auf die Jahre 1472/73 zurück. 1885/86 wurde auf das grosse Schlachtjubiläum hin die Kapelle restauriert. Man fügte die heutige Decke ein, restaurierte und ergänzte das Schlachtgemälde (J. Balmer) und führte die Bemalung neu aus, allerdings teilweise nach alten Vorgaben. 1985/86 erfolgte eine weitere Restaurierung. Das Schlachtfeld ist bis heute Eigentum des Staates Luzern. Darauf befindet sich die Schlachtkapelle, der Winkelriedstein (1864) und eine Gastwirtschaft (1963). Der Winkelriedstein soll die Stelle bezeichnen, wo angeblich der freiwillige Heldentod Winkelrieds den Sieg der Eidgenossen ermöglichte.
Vogelwarte Sempach
Bevor man an den Sempachersee zurückkehrt, lohnt sich ein Zwischenstopp bei der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, einer gemeinnützigen Stiftung für Vogelkunde und Vogelschutz. Die Schweizerische Vogelwarte wurde 1924 als Beringungszentrale zur Erforschung des Vogelzugs im Alpenraum gegründet. Sie hat ihren Hauptsitz in Sempach. 1954 wurde die Schweizerische Vogelwarte Sempach in eine unabhängige Stiftung nach schweizerischem Recht überführt. Von einem ehrenamtlich geführten Einmannbetrieb hat sie sich zu einem eigenständigen, im In- und Ausland anerkannten Institut mit rund 100 Mitarbeitenden entwickelt.
Die Vogelwarte überwacht die einheimische Vogelwelt, erforscht die Lebensweise der wildlebenden Vögel und geht den Ursachen der Bedrohung der Vogelwelt auf den Grund. Die Schweizerische Vogelwarte Sempach betreibt eine Pflegestation für kranke, verletzte und verwaiste Vögel. Von der Vogelwarte aus sind es nur wenige Schritte bis zur Sempacher Seebadi, wo man mit einem kühlen Bad oder einer Erfrischung im Badi-Restaurant seinen Ausflug an den Sempachersee genussvoll abschliessen kann.
Von Walter Ryser