• Eine schöne Erinnerung: Ausverkauftes Schoren-Stadion während dem Cupspiel gegen den SC Bern. · Bilder: Leroy Ryser

  • In Zukunft gibt es im Langenthaler Schoren vor allem freien Eislauf und leere Zuschauerränge.

  • Mischa von Gunten leitet die Task Force. · Bild: Walter Ryser

09.12.2022
Sport

Ein Schock für die Eishockey-Schweiz

Der SC Langenthal zieht sich zum Ende der laufenden Saison 2022/23 aus der NLB (Swiss League) zurück. Den Oberaargauern ist es künftig nicht mehr möglich, den professionellen Spielbetrieb zu finanzieren. Dieser Entscheid schockt die Eishockey-Schweiz.

Schlittschuh-Club · Der Schlittschuh-Club Langenthal hat am Mittwoch für einen donnernden Knall in der Eishockey-Schweiz gesorgt. Am Nachmittag hat die tragende Aktiengesellschaft kommuniziert, dass sich der Verein aus dem Profibetrieb per Ende Saison 2022/23 zurückziehen und sich damit aus der NLB (Swiss League) verabschieden wird. Damit fehlt der zweithöchsten Schweizer Eishockeyliga der Männer künftig ausgerechnet jene Mannschaft, die mit drei Meistertiteln in den letzten Jahren zu den erfolgreichsten Teams gehörte. «Nach eingehender Prüfung aller möglichen Optionen und Szenarien im Bereich des sportlichen Betriebs und der dazu notwendigen Mittel» kam der Verwaltungsrat laut dessen Mitteilung zum Schluss, dass «mit der aktuellen Eishalle Schoren und fehlenden Perspektiven eines Stadionneubaus» der Spielbetrieb im professionellen Eishockey konstant zu einem zu hohen Minus in der Jahresrechnung führt. Deshalb, vermeldete der Verwaltungsrat weiter, will sich der SCL künftig «auf den Amateurbereich konzentrieren und voraussichtlich ab der kommenden Saison in der MyHockey League spielen.» Damit diese Neuausrichtung klappt, wird eine Task-Force gegründet, die der Langenthaler Mischa von Gunten, der zeitgleich VR-Präsident der SC Langenthal Nachwuchs AG ist, anführen soll.

Stadt will kein Stadion bauen
Für den SC Langenthal ist dieser Schritt zwar nicht das Ende aller Tage, sondern eher der dritte Abstieg aus der zweithöchsten Liga in der Vereinsgeschichte. Und dennoch sind die gestern vermittelten Tatsachen aus mehreren Gründen haarsträubend. Da ist in erster Linie der gescheiterte Stadionneubau. Obwohl das Langenthaler Volk im März 2020 einen Planungskredit in der Höhe von 2,05 Millionen Franken bewilligte, um ein neues Stadion im Gebiet Hard zu planen, will der Gemeinderat dies gemäss der Mitteilung wegen «fehlenden Erfolgsaussichten aus verschiedenen Gründen» nicht weiter verfolgen. Dem Stimmbürger wird dadurch die Möglichkeit genommen, sich auch für den Bau einer neuen Eishalle (und für einen professionellen SCL) auszusprechen – und dies nachdem die erste Abstimmung mit 75,3 Prozent (!) angenommen wurde.
Zwar engagiert sich die Stadt an der Neuausrichtung des SCL mit einmaligen 150 000 Franken, ausserdem will sie «umgehend eine langfristige Lösung im Schoren» anstreben, um Eishockey als Breitensport weiterhin zu ermöglichen. Zugleich könnte das diesbezügliche Scheitern auch aus politischer Sicht kaum dramatischer sein. Während Langenthals Stadtpräsident Reto Müller in der Mitteilung in einem Zitat bekräftigt, dass der Eishockeysport zur Stadt Langenthal gehöre, hat diese soeben ihr grösstes, schweizweit bekanntes Aushängeschild durch über Jahre hinweg stoische politische Passivität verloren ...

Neuausrichtung ist gescheitert
Nicht zu übersehen ist aber auch die fehlgeschlagene Neuausrichtung seit dem Abgang von Stephan Anliker als Verwaltungsratspräsident. Dieser überliess dem ehemaligen Geschäftsführer Gian Kämpf das Ruder. Unter dessen Führerschaft wurden aber zahlreiche Probleme grösser, statt kleiner. Alleine dem fehlenden Stadion oder der Coronapandemie, die dem Eishockey arg zusetzte, die Schuld zu geben, wäre aber zu einfach. In den letzten Jahren hat der SC Langenthal an Image eingebüsst, Sponsoren verloren und auch Fans verärgert. Die desolaten Zuschauerzahlen in der laufenden Saison im Langenthaler Schoren verdeutlichen dies, während andere Teams wie Olten oder La Chaux-de-Fonds bereits wieder vergleichbare oder verbesserte Zuschauerzahlen aufweisen können.

Kein überraschender Schock
Immerhin: Die Verantwortlichen haben Verantwortung übernommen und wollen das weitere Fortbestehen des SC Langenthal mit Taten sicherstellen. Beispielsweise garantieren die Hauptaktionäre durch ausserordentliche Beiträge, dass die laufende Saison finanziert ist und beispielsweise die Rückführung des Covid-Kredites und die Bezahlung aller Löhne möglich sein wird, wodurch die Saison zu Ende gespielt werden kann. Auch will die Stadt Langenthal bis im Jahr 2025 dem Stimmvolk eine abstimmungsreife Vorlage zur Weiterentwicklung des Stadions Schoren unterbreiten. Bis zuletzt läuft dennoch alles auf ein Fazit heraus: Das Scheitern im als «Sportstadt» bezeichneten Langenthal ist an vielen Ecken und Enden erstklassig und trifft dabei vor allem die eingefleischten Fans und die Arbeitnehmer (total rund 3000 Stellenprozente) des SC Langenthal hart, die in den vergangenen Wochen und Monaten nur dabei zusehen konnten, wie das Ende des Vereins in seiner jetzigen Form naht. Denn obwohl die Nachricht die Beteiligten am Mittwoch geschockt hatte, so kam sie doch auch nicht völlig überraschend.

Von Leroy Ryser