Ein unerwarteter Geldsegen für die Gemeinde
Eine Million Franken mehr Steuereinnahmen als budgetiert sorgen für ein kräftiges Plus in der Jahresrechnung 2019 der Gemeinde Huttwil (Ertragsüberschuss von 291 189 Franken). Die fehlenden Fussgängerstreifen auf der Kantonsstrasse im «Städtli» sorgen dagegen für Unmut in der Bevölkerung.
Es sei zwar schon ziemlich lange her, aber der Blick zurück erfülle ihn immer noch mit grosser Freude, sagte Gemeinderat Marcel Sommer (Ressort Finanzen) zu Beginn der Gemeindeversammlung im Saal des Hotel Kleiner Prinz gegenüber den 56 anwesenden Stimmberechtigten (1,59 Prozent der 3505 stimmberechtigten Huttwiler). Mit seinen Worten spielte er auf die Jahresrechnung 2019 der Gemeinde an, die aufgrund der Corona-Pandemie mit reichlicher Verspätung den Stimmbürgern zur Genehmigung vorgelegt wurde, dafür aber einen unerwarteten Geldsegen aufweist. So schliesst die Jahresrechnung im Gesamthaushalt mit einem Ertragsüberschuss von 291 189 Franken. Der Allgemeine Haushalt schliesst zwar ausgeglichen ab, nachdem die gesetzlich vorgeschriebenen, zusätzlichen Abschreibungen in der Höhe von 1,564 Millionen Franken vorgenommen wurden. Dieses kräftige Plus sei in erster Linie auf mehr Steuereinnahmen zurückzuführen, betonte Gemeinderat Sommer und erwähnte, dass man 2019 rund eine Million Franken mehr Steuern eingenommen habe als budgetiert (987 909 Franken).
Angebot für Betreuungsgutscheine
Mit drei zu genehmigenden Reglementen verfügte die Traktandenliste der Gemeindeversammlung nicht gerade über Themen von grossem Interesse. Dazu zählte zweifellos auch das komplexe und eher abstrakte Reglement über die Auflösung der Neubewertungsreserve, das ohne Wortmeldung aus der Versammlung genehmigt wurde. Ab 1. Januar 2021 wird auch Huttwil Betreuungsgutscheine für die familienergänzende Kinderbetreuung einführen und damit den vom Kanton geforderten Systemwechsel vollziehen. Die Stimmbürger genehmigten das entsprechende Reglement dazu. Die Gemeinde subventioniert bereits heute die familienergänzende Kinderbetreuung, in dem sie 20 Prozent des Selbstbehalts übernimmt und die restlichen Kosten dem kantonalen Lastenausgleich zuführt. Die Gesetzesänderung bedeutet für die Gemeinde, dass nicht mehr die jeweiligen Betreuungsinstitutionen, sondern neu direkt die Eltern subventioniert werden.
Die Eltern können über die Onlineplattform KiBon ein Gesuch um einen Betreuungsplatz beantragen. Sobald die Bestätigung vorliegt, können die Eltern ein Gesuch um Abgabe eines Betreuungsgutscheins bei der Wohnsitzgemeinde einreichen. Gesuche können bereits ab 1. Oktober eingereicht werden. Betreuungsgutscheine gibt es für Kinder ab dem dritten Monat und Kinder im Kindergartenalten für Kitas sowie vorschulpflichtige und schulpflichtige Kinder für Tagesfamilien. Bis Ende 2022 werde die Gemeinde keine mengenmässige Kontingentierung vornehmen. Anschliessend erfolge eine Überprüfung der aktuellen Situation, gab Gemeinderätin Sandra Lambroia bekannt.
Mit der Teilrevision des Abfallreglementes soll eine Ungleichbehandlung zwischen Privaten und Unternehmen behoben werden. Denn bislang wurden Grundgebühren aufgrund der Anzahl Containerleerungen eines Betriebes vorgenommen, während Private eine Grundgebühr pro Wohnung entrichteten, die künftig beibehalten werden soll. Weil jedoch auch Wohngebäude und Mehrfamilienhäuser über einen Container verfügen, konnte es beim alten System von Grundgebühren pro Containerleerung zu doppelten Grundgebührenerhebungen bei Privatpersonen kommen. Dagegen bezahlten Gewerbebetriebe ohne Container gar keine Grundgebühren.
Diese Ungleichheit wird mit dem teilrevidierten Abfallreglement behoben. Nicht begeistert vom neuen Reglement zeigte sich allerdings Christoph Ruch, der kritisierte, dass sein Betrieb (Woodwork AG) künftig Grundgebühren zu entrichten habe, obwohl seine Firma den Abfall selber entsorge. Mit dem Hinweis, dass dieses Vorgehen kantonalen Vorschriften entspreche und zudem bei Gebühren auch immer der Solidaritätsgedanken zum Tragen komme, wurde ihm klar gemacht, dass aufgrund gesetzlicher Vorgaben keine Möglichkeit bestehe, an dieser Praxis etwas zu ändern.
Fehlende Fussgängerstreifen
Deutlich grösser ist der Unmut der Huttwiler Bevölkerung über die Situation entlang der sanierten Kantonsstrasse im Städtli. Die fehlenden Fussgängerstreifen werden als grosses Sicherheitsrisiko eingestuft, vorab für Kinder und ältere Leute, die nur mit Mühe die Strasse queren können, was oft zu prekären Situationen führt. Mittels einer Petition fordert Erich Stamm den Gemeinderat auf, energisch beim Kanton zu intervenieren. Obwohl in einer entsprechenden kantonalen Verordnung festgehalten sei, dass die Anordnung von Fussgängerstreifen in einer Tempo-30-Zone unzulässig sei, ist Stamm der Meinung, dass diese Verordnung nicht absolut sei. Er verwies diesbezüglich auf die Gemeinde Herzogenbuchsee, die sich in einem ähnlichen Fall erfolgreich gewehrt und beim Kanton eine Bewilligung für einen Fussgängerstreifen in der Tempo-30-Zone erwirkt habe.
Gemeinderat Alexander Grädel (Ressort Öffentliche Sicherheit) wies darauf hin, dass man bereits verschiedentlich beim Kanton interveniert habe, bislang jedoch erfolglos, man sei vertröstet worden, dass man die Situation nach Abschluss der Sanierungsarbeiten anschauen und beurteilen werde. Die Versammlung war sich deshalb einig, dass die Gemeinde den Druck auf den Kanton erhöhen und vorab den Aspekt der Gefährdung von Schulkindern noch stärker in den Vordergrund rücken müsse.
Von Walter Ryser