Ein Verlust, der ein Gewinn war
Die Jahresrechnung des Wirtschaftsverbandes Oberaargau (WVO) weist einen happigen Verlust von 89 718 Franken auf. Der Grund liegt darin, dass der WVO die Abstimmungskampagne für die beiden Verkehrssanierungen in Aarwangen und Burgdorf mit einem namhaften Betrag von 100 000 Franken unterstützt hat. Mit dem Verweis auf die erfolgreich verlaufenen Abstimmungen sprach deshalb WVO-Präsident Edi Fischer (CEO Motorex-Bucher Group, Langenthal) dennoch von einem grossen Gewinn, der mit diesem Verlust erzielt worden sei.
Aarwangen · Es war ein historischer Schritt, der mit den beiden Abstimmungen über die Verkehrssanierungen in Aarwangen und Burgdorf vor wenigen Wochen erfolgte. Mit dem Ja der Stimmbevölkerung zu den beiden Strassenbauprojekten trat ein jahrzehntelanger Kampf um eine Verkehrsentlastung an den beiden Standorten in eine neue, entscheidende Phase. Beim Kampf um ein JA der Stimmbürger in den beiden Regionen wirkte auch der Wirtschaftsverband Oberaargau (WVO) an vorderster Front mit. Mit 100 000 Franken beteiligte sich der WVO an der Abstimmungskampagne.
Erfolg dank Emmentaler Stimmen
Verständlich deshalb, dass sich die Jahresrechnung 2022 des Wirtschaftsverbandes an der Hauptversammlung bei der Thommen AG in Aarwangen nicht rosig präsentierte. Verwaltungsrat Werner Meyer (Langenthal, Ressort Finanzen) musste den 120 erschienenen Mitgliedern einen Jahresverlust von 89 718 Franken präsentieren. Dabei fiel der Verlust noch rund 20 000 Franken geringer aus als budgetiert. Laut Werner Meyer ist dies auf Mehreinnahmen bei den Mitgliederbeiträgen zurückzuführen – dank elf neuen WVO-Mitgliedern – sowie geringeren Aufwendungen bei den traditionellen WVO-Anlässen. Damit verringerte sich das Eigenkapital auf 94 360 Franken. Das Budget für das laufende Jahr sorgt für eine finanzielle Stabilisierung und weist einen Gewinn von 800 Franken aus. Per 31. Dezember 2022 zählte der WVO 364 Mitglieder.
WVO-Präsident Edi Fischer sprach mit Blick auf die erfolgreichen Verkehrs-Abstimmungen von einem grossen Gewinn für die regionale Wirtschaft, der nicht zuletzt auch dank den zur Verfügung gestellten, finanziellen Mitteln des WVO möglich wurde, was den Jahresverlust beträchtlich schmälere. Zwar zeigte sich der WVO-Präsident über den Abstimmungserfolg erfreut, wies aber darauf hin, dass dieser im Oberaargau nur dank der stimmlichen Unterstützung aus dem Emmental möglich gewesen sei, da die Zustimmung im Oberaargau für die Verkehrssanierung Aarwangen für ihn überraschend «lau» gewesen sei.
Abfall ist nicht gleich Abfall
In seinem Jahresbericht streifte Edi Fischer kurz das vergangene Jahr, das in Wirtschaftskreisen aufgrund zahlreicher, bekannter Faktoren wie dem Ukraine-Krieg, der Inflation, der Teuerung oder der drohenden Energieknappheit die Zuversicht, den Optimismus und letztendlich auch die Investitionsfreude gedämpft habe. Für das laufende Jahr sei er jedoch deutlich optimistischer gestimmt, betonte Fischer, obwohl aktuell die Unternehmen mit einem unglaublich ausgetrockneten Arbeitsmarkt zu kämpfen hätten. Diesbezüglich verwies er auf die Nationalratswahlen im Herbst und appellierte an die Mitglieder, an den Wahlen teilzunehmen und den kandidierenden Unternehmern aus dem Oberaargau ihre Stimme zu geben. «Ich staune immer wieder, wie sich die Politik mit Nebenschauplätzen befasst und die dringenden Probleme zur Seite schiebt. Deshalb ist es wichtig, dass wir Leute in unser Parlament wählen, die täglich tatkräftig anpacken und lösungsorientiert handeln. Sie stellen sich den Problemen und leisten ihren Beitrag zu deren Behebung.»
Familien-AG in dritter Generation
Anschliessend an die HV entführte Thomas Ganz, Standortleiter der Thommen AG in Aarwangen (ehemals Zimmerli AG), die WVO-Mitglieder in die Welt des Recyclings. Thommen gehört seit Jahren zu den führenden Schweizer Recycling-Unternehmen. Was in den 1930er-Jahren mit der Gründung eines Schrotthandelbetriebes durch Gustav Thommen in Basel begann, ist heute mit Tochterunternehmen und Beteiligungen eine
der führenden Recycling-Gruppen der Schweiz. Thomas Ganz machte den Anwesenden klar, dass die Schweiz nicht bloss Weltmeister im Recyclen ist, sondern auch am meisten Abfall in Westeuropa produziert. Deshalb werden in der Schweiz rund die Hälfte aller Siedlungsabfälle wiederverwertet. Mit 450 Mitarbeitenden und einer sehr gut ausgebauten Infrastruktur an zehn Standorten in der Schweiz recycelt die Thommen Group täglich mehrere Tonnen Material. Geleitet wird die Familien-Aktiengesellschaft in der nunmehr dritten Generation durch ein Mitglied der Familie Thommen. Das Unternehmen bildet zusammen mit den Marken Immark und Metallum die Thommen Group. Mit Staunen nahmen die WVO-Mitglieder zur Kenntnis, dass bei der Thommen AG von Eisen, Verbrennungsmaterial, über Holz, Autos, Bauschutt, Gastronomieabfällen, Elektroschrott bis hin zu Kunststoff, Papier, Karton und Sonderabfällen alles Mögliche entsorgt und recycelt wird.
Von Walter Ryser