• Anhand eines Wirbelsäulenmodels erklärt die Therapeutin Rada Ingold ihren Kundinnen und Kunden das Vorgehen und die Auswirkungen der Atlaslogie-Behandlung. · Bilder: Marion Heiniger

  • Rada Ingold bringt durch energetische Schwingungen den Atlas wieder ins Zentrum. Dazu berührt sie mit ihren Mittelfingern die Haut über den Querfortsätzen des obersten Halswirbels.

19.07.2022
Langenthal

Ein Wirbel sorgt für Wohlbefinden

Ist der oberste Halswirbel, der Atlas, nicht im Zentrum, kann dies Ursache von verschiedenen, teils schwerwiegenden Beschwerden sein. Die Atlaslogie, eine ganzheitliche, komplementärmedizinische Methode, stellt keine Dia­gnosen und behandelt auch keine Krankheiten, sondern gibt lediglich dem Körper, unter anderem durch die Zentrierung des Atlas, Impulse zur Selbstheilung und das mit erwiesenermassen grossem Erfolg.

Rada Ingold tastet mit ihren Fingern nach dem obersten Halswirbel, dem Atlas. Die Berührungen sind sehr sanft. Sie stellt bei ihrer Kundin eine seitliche Verschiebung dieses Wirbels fest. Zuvor, mittels einem sogenannten Beintest, stellte sie einen Beckenschiefstand von rund einem Zentimeter fest. Die Kundin hat jedoch nicht deswegen die Atlaslogie aufgesucht, sondern wegen einem Rauschen im rechten Ohr, Verspannungen im Nackenbereich und zeitweiligen Rücken- und Hüftschmerzen. Dass ihr Becken schief steht, hatte sie weder bemerkt noch vermutet. «Ein Atlas, der sich nicht im Zentrum befindet, überträgt das Kopfgewicht unausgewogen auf die Wirbelsäule. Der Körper kompensiert die Fehlstellung, welche sich über den gesamten Bewegungsapparat erstrecken kann und reagiert beispielsweise mit einer Anspannung der Nackenmuskulatur, einem Beckenschiefstand, Kopfschmerzen, Schulter- oder Rückenschmerzen, Ischiasbeschwerden oder Knieschmerzen», erklärt Rada Ingold, die in Langenthal eine Atlaslogie-Praxis führt.
Um den Atlas dazu zu bringen, wieder dorthin zu wandern, wo er eigentlich hingehört, verwendet Rada Ingold nur ihre beiden Mittelfinger. Lediglich einige Sekunden berührt sie die Haut am Hals über den Querfortsätzen des Atlas. Dabei wird der Atlas energetisch in Schwingung versetzt und bewegt sich selbst in seine, von der Natur her vorgesehene Position. «Ich gebe dem Körper lediglich einen Impuls zur Selbstheilung», erklärt die Therapeutin. Unmittelbar nach der Behandlung müssen die Kunden für zwanzig Minuten ruhen. So auch ihre Kundin mit dem Rauschen im Ohr. Rada Ingold führt sie in einen abgedunkelten Ruheraum mit Betten. Aus einer kleinen Stereoanlage erklingt leise Musik. «Während dieser Ruhephase laufen im Körper verschiedene Prozesse ab. Insbesondere richtet sich die Wirbelsäule neu aus. Es kann zu Kribbeln an den verschiedenen Stellen des Körpers oder zu Wärmegefühl führen, manchmal verspürt man auch leichte Schmerzen, oder die Kunden fallen in einen entspannten Schlaf», so die
Therapeutin.

Wichtig für das Wohlbefinden
Um genau zu verstehen, wie wichtig die richtige Position des Atlas für das Wohlbefinden ist, ist ein tieferer Blick in die menschliche Anatomie nötig. Durch den Atlas, auf dem die Schädelbasis sitzt, ist es uns möglich, den Kopf nach vorne und hinten zu bewegen, so dass man zustimmend nicken kann. Bewegt man den Kopf zur Seite, dreht der Atlas auf dem zweiten Halswirbel, dem Axis, sodass der Kopf hin- und herbewegt werden kann.
Wenn der Atlas sich, beispielsweise nach einem Autounfall, seitlich verschiebt, verliert er seine ideale Position. Ebenso kann dies bei einem Sturz geschehen oder durch psychischen Stress. Selbst eine schwierige Entbindung kann beim Kind dazu führen, dass der Atlas von Geburt an nicht am richtigen Ort ist.
Unmittelbar neben wie auch innerhalb des Atlas verlaufen Blutgefässe, die die Blutversorgung des Gehirns gewährleisten. Verschiebt sich der Atlas, können diese lebenswichtigen Gefässe unter Druck geraten, was einen Einfluss auf die Blutversorgung im Gehirn haben kann. Die Wiederherstellung der natürlichen Position des Atlaswirbels und damit die Wiederherstellung einer optimalen Durchblutung in diesem Bereich kann in der Folge einen positiven Einfluss auf die Funktionen des Gehirns und auf den gesamten Organismus haben.
Ebenfalls durch den Atlas verläuft das verlängerte Rückenmark, der Hirnstamm, welcher zum Zentralnervensystem gehört. Auch das Nervensystem kann unter den Folgen eines verschobenen Atlaswirbels leiden. So verläuft beispielsweise im Bereich vom Atlas der Anfang des Vagusnervs, einer der wichtigsten und verzweigtesten Nerven des autonomen Nervensystems überhaupt, der an vielen Regulationsvorgängen im Körper beteiligt ist. Eine der Funktionen des Vagusnervs besteht darin, die Produktion von Magensäure zu stimulieren und die Bewegungen des Magens und des Darms während der Verdauungsphase zu regulieren. Drückt ein verschobener Atlas auf den Vagusnerv, kann dies chronische Magen-Darm-Beschwerden auslösen. Magenübersäuerung, Magen-Reflux, Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall können die Folgen sein.
Eine weitere wichtige Funktion dieses Nervs ist die Stimulation zur Freisetzung von Galle aus der Gallenblase. Der Gallensaft wirkt bei den Verdauungsprozessen der Fettabsorption mit und ermöglicht die Beseitigung unerwünschter Stoffe wie Cholesterin und toxische Substanzen. Die Bauchspeicheldrüse, der Nachbar der Gallenblase, kann ebenfalls durch einen unter Druck geratenen Vagusnerv negativ beeinflusst werden. Weitere Störungen, die dabei auftreten können, sind Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen. Der Vagusnerv beeinflusst ebenfalls die Regulierung der Herzfunktionen und der Blutgefässerweiterung. Wenn keine Herzerkrankungen vorliegen, kann die Kompression dieses Nervs die Ursache für einen unerklärlich beschleunigten Herzschlag oder einen zu niedrigen oder zu hohen Blutdruck sein. Eine Dysfunktion des Vagusnervs kann also die Funktionsfähigkeit des gesamten Organismus erheblich beeinträchtigen.

Gewissheit durch Behandlung
Nach zwanzig Minuten holt Rada Ingold ihre Kundin wieder aus dem Ruheraum und wiederholt im Behandlungszimmer den Beintest: Der Beckenschiefstand ist aufgehoben, der Atlas im Zentrum. «Mit einer einzigen Behandlung kann in der Regel eine Fehlstellung des Atlas nicht behoben werden. Eine nachhaltige Korrektur braucht Zeit und meist mehrere Behandlungen mit zunehmendem Abstand, damit sich der Körper an die neu entstandene Wirbelsäulenstatik anpassen kann und die Fehlhaltung beseitigt, die er als Reaktion auf die Atlasfehlstellung vorgenommen hat. Es ist nicht möglich, vorherzusagen, welche Beschwerden letztendlich behoben werden und welche Zeit dafür erforderlich ist. Um Klarheit zu schaffen, sollte man wissen, dass der Auslöser der Beschwerden nicht zwingend der Atlas sein muss. Die Gewissheit erlangt man nur durch die Behandlung», erklärt Rada Ingold. Die Behandlung der oben beschriebenen Kundin zeigte bereits nach der ersten Sitzung Erfolg. Ihre Hüftschmerzen waren verschwunden, das Rauschen im rechten Ohr bereits deutlich besser. Nach weiteren Behandlungen der ganzen Wirbelsäule lösten sich auch nach und nach die Nacken- und Rückenschmerzen.
Rada Ingold und ihr Mann Robert Ingold führen seit mehreren Jahren erfolgreich zwei Atlaslogie-Praxen. Während sie in Langenthal praktiziert, führt er eine Praxis in Bern. Das Ehepaar ist Mitglied im Schweizerischen Verband für Atlaslogie (SVFA). Durch gelegentlich durchgeführte öffentliche Vorträge zu ausgewählten Themen bringen Rada und Robert Ingold der interessierten Bevölkerung die Vorzüge der Atlaslogie näher. Die Kosten, welche sich bei der ersten Sitzung auf 80 Franken und bei jeder weiteren Sitzung auf 60 Franken belaufen, übernehmen jedoch lange nicht alle Krankenkassen-Zusatzversicherungen. Es empfiehlt sich, zuvor bei der eigenen Kasse nachzufragen, welche Leistungen in der Zusatzversicherung abgedeckt sind. Behandlungen von Kleinkindern bis zwei Jahre werden von Rada und Robert Ingold kostenlos durchgeführt.

Von Marion Heiniger