Ein zweites Wasserkraftwerk geplant
Wasserkleinkraftwerke liegen nicht im Trend, doch Markus Bösiger und Markus Affentranger von der Swiss Clean Power AG bauen in Rohrbach dennoch daran. Das Schliffeli wurde 2018 in Betrieb genommen, ein zweites in unmittelbarer Nähe im Sägeloch ist geplant. Noch steht Idealismus über der Rendite. Langfristig hofft man aber, dass sich die Investitionen auszahlen.
Rohrbach · Der Start ins erste Stromproduktionsjahr war für das Wasserkraftwerk Schliffeli in Rohrbach alles andere als optimal: Ab dem Frühling 2018 hätten die Turbinen auf Hochtouren drehen sollen, doch sie standen mehrheitlich gänzlich still.
Technische Probleme? «Nein, das Wasser fehlte», entgegnet Markus Affentranger. Der 60-Jährige ist Co-Mitbesitzer und Präsident der 2013 gegründeten Swiss Clean Power AG aus Altbüron, der das Schliffeli gehört. Die Trockenheit setzte dem Wasserstand der Langeten derart zu, dass aus Rücksicht auf die Fischpopulation nicht an Stromproduktion zu denken war. «Und jetzt, wo genügend Wasser da wäre, können wir nicht produzieren, weil in Rohrbach momentan am Hochwasserschutz-Rückhaltebecken gebaut wird», stellt Markus Bösiger fest. Der Langenthaler Geschäftsmann ist mit Patrick Phillot weiterer Mitbesitzer der Swiss Clean Power AG und ihm gehört auch das Sagi-Areal, auf dem sich das Kraftwerk Schliffeli befindet.
Idealismus statt Gewinn
So lieferte das Schliffeli im Jahr 2018 nur knapp einen Monat lang Strom, bei Vollauslastung (180 Tage pro Jahr) wären es jährlich rund 150 000 Kilowattstunden, mit denen gut 10 Haushaltungen versorgt werden könnten. Lohnt sich denn so ein Minikraftwerk finanziell überhaupt?
«Kurzfristig nicht», bestätigt Markus Affentranger. Es gehöre viel Idealismus und Nostalgie dazu, um das Schliffeli zu betreiben. Der gegenwärtig tiefe Ankaufspreis stimmt ihn dabei nachdenklich. «Es kann ja nicht sein, dass ein Produzent 13 Rappen pro Kilowattstunde erhält, während die Elektrizitätswerke 30 bis 40 Rappen für grünen Strom verlangen», prangert der Bauunternehmer die hohen Margen an. Weltweit erhalten private Kraftwerkbetreiber zwei- bis dreimal so viel wie in der Schweiz. «Es ist die Lobby, die uns das Geschäft kaputt macht.» Deshalb hofft er auf eine totale Liberalisierung des Strommarktes. Das würde die Überlebenschancen von Kraftwerken wie den Schliffeli mittel- und langfristig sichern. «So könnten die Kunden selber auswählen, von wem sie den Strom beziehen wollen, und wir könnten die Kunden beliefern, die uns am besten entsprechen.»
Das langfristige Denken gab denn auch den Ausschlag, das gut 100-jährige Wasserkraftwerk Schliffeli zu sanieren, das einst für die Lanz Fournier- und Sägewerke gebaut wurde. Nach dem grossen Unwetter 2007 in der Region Huttwil, bei dem das ursprüngliche Kraftwerk weggeschwemmt wurde, forderte die öffentliche Hand eine Entscheidung: Wieder instand stellen oder ganz entfernen! Anfang 2015 wurde die konkrete Planung in Angriff genommen. Da so viele Ämter in das Projekt involviert waren und zahllose gesetzliche Vorgaben erfüllt werden mussten, zog sich die Planung in die Länge. Am 17. Juni 2016 gab schliesslich das Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) grünes Licht und erteilte die Betriebsbewilligung für weitere 40 Jahre.
Doch die Bauarbeiten konnten erst Ende 2016 nach dem Einhalten der Schonzeit für die Fische in Angriff genommen werden. Während sieben Monaten wurde die ganze Wasserfassung mit der Fischtreppe erneuert, am Kraftwerk selber musste hingegen nur wenig verändert werden. «Das Turbinenhaus, die Turbinen und der Kanal sind geblieben», so Markus Affentranger. «Die Effizienz der Turbinen ist weiterhin gut, die werden heute kaum anders gebaut als früher.»
450 000 Franken für die Fischtreppe
Über Zahlen redet der Bauunternehmen nicht gerne: «Unser Kostenanteil lässt sich nicht genau beziffern, da Markus Bösiger auch Land zur Verfügung gestellt hat, das in der Gesamtrechnung nicht erscheint. Die Fischtreppe alleine hat aber rund 450 000 Franken gekostet.» Dieser Betrag wurde vollumfänglich von der öffentlichen Hand übernommen, «weil Bund und Kanton so oder so etwas für die Fische hätten machen müssen, auch wenn das Kraftwerk abgerissen worden wäre», so Markus Affentranger. Das Wohl der Wasserbewohner und ihr Lebensraum hatten denn auch Priorität beim Projekt.
Nach dem Abschluss der Bautätigkeit konnte das Kraftwerk noch lange nicht in Betrieb genommen werden. «In den Folgemonaten wurden die technischen Einrichtungen hochpräzise eingestellt, um die exakte Wassermenge für die Fische zu gewährleisten», erklärt Markus Affentranger.
«Für die Fische müssen mindestens 300 Liter Wasser pro Sekunde fliessen.» Nur mit der Mehrwassermenge dürfe Strom produziert werden. Um dies zu regulieren, wurde ein komplexes Klappensystem mit hochempfindlichen Sensoren installiert. Und in einer langwierigen Testphase wurden die Fische oberhalb und unterhalb des Kraftwerkes gezählt. «Ziel der Treppe ist es, dass der Fischbestand in der Langeten gleichmässig verteilt ist.»
Trotz fehlendem Gewinn soll das Schliffeli nicht das einzige Wasserkraftwerk in Rohrbach bleiben. «Markus Bösiger hat wenige hundert Meter entfernt, am Sägeloch, ein Haus mit einem Kraftwerk erworben», so Markus Affentranger. Auch dieses Kraftwerk war durch das Unwetter von 2007 arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Zusammen mit dem angrenzenden Bauern suche Markus Bösiger nach Möglichkeiten, wie und wo die dazu nötige Fischtreppe gebaut werden kann. «Es läuft erst die Vorprojektierungsphase», lässt der Bauunternehmer das Zeitfenster offen. Das Kraftwerk Sägeloch sei von der Grösse und der Leistung mit dem Schliffeli vergleichbar.
Solarpower
Die beiden Wasserkraftwerke gehören eigentlich nicht zum Kerngeschäft der Swiss Clean Power AG, die sich vor allem auf den Betrieb von Solaranlagen spezialisiert hat.
Auf mehreren Gebäuden von Markus Bösiger und der Affentranger Bau AG sind im Oberaargau Photovoltaikanlagen installiert, die gesamthaft rund drei Millionen Kilowattstunden Strom produzieren, mit denen sich gut 2000 Haushalte versorgen lassen. Dazu zählen etwa das Sportzentrum Huttwil, die Bösiger Firmensitze in Langenthal und Roggwil, aber auch Industriegebäude in Wiedlisbach, Bannwil oder Rohrbach. Hier seien momentan aber keine weiteren Projekte geplant.
Von Thomas Peter