Eine Bankerin mit Leib und Seele
In diesen Tagen ist eine über 40-jährige Bankenkarriere zu Ende gegangen. Irene Meyer hatte auf der Bernerland Bank in Sumiswald ihren letzten Arbeitstag. Die stellvertretende Geschäftsführerin liess sich vorzeitig pensionieren. Sie war eine Bankerin mit Leib und Seele, obwohl sie ursprünglich gar nicht auf einer Bank arbeiten wollte. Doch bei der Bernerland Bank fand sie ihre Berufung, «hier durfte ich mich entfalten und konnte viel bewegen», blickt sie mit Genugtuung auf ihre 19-jährige Tätigkeit bei der Regionalbank zurück.
Sumiswald · Irene Meyer war seit der Kindheit ein Zahlenmensch. «Tatsächlich», gibt sie lachend zu verstehen, «Rechnen war mein Lieblingsfach in der Schule», erwähnt sie. Doch auf einer Bank arbeiten, das wollte sie nicht. Lieber wäre sie Handarbeitslehrerin geworden, doch Irene Meyer scheiterte bei der Aufnahmeprüfung. Weil ihre Mutter die Frau des Personalchefs der Bank in Langenthal kannte, durfte Irene Meyer hier die Bankenlehre absolvieren. Das war vor rund 41 Jahren. Seither hat sie die Bank nicht mehr verlassen, könnte man salopp hinzufügen, denn obwohl Irene Meyer den Arbeitgeber einige Male wechselte, war sie ihr gesamtes berufliches Wirken stets auf einer Bank tätig.
Via Berner Kantonalbank und der Credit Suisse kam sie im Jahr 2000 zur Spar- und Leihkasse Sumiswald, wo sie in die Geschäftsleitung gewählt wurde und als Leiterin Kreditabteilung tätig war. Zwei Jahre später erlebte sie die Fusion von vier Regionalbanken zur Bernerland Bank mit, wo sie die Leitung Fachzentrum übernahm, als Risiko-Verantwortliche der Gesamtbank für die Sicherheit zuständig war und seit 2008 als stellvertretende Geschäftsführerin amtete. Vor rund zwei Jahren hat sie zudem noch die Leitung der Unternehmenssteuerung übernommen.
Am Arbeitsplatz Fingernägel lackiert
Doch nun ist Schluss, nach 41 Jahren Tätigkeit auf einer Bank hat sich die 58-jährige Irene Meyer vorzeitig pensionieren lassen. Der Blick zurück erfüllt sie mit grosser Genugtuung. Dabei kann sie kaum glauben, wie sich die Bankenwelt in dieser Zeit verändert hat. Am deutlichsten sei das bei den Kommunikationsmitteln feststellbar, erinnert sich die gebürtige Langenthalerin (aufgewachsen in Schoren). «Zu Beginn meiner Tätigkeit auf der Bank habe ich noch mit einem Telefax gearbeitet», erwähnt die Huttwilerin. Die jüngere Generation dürfte mit so einem Gerät nie in Berührung gekommen sein und wird vermutlich gar noch nie eines zu Gesicht bekommen haben. Aber auch das Arbeitstempo habe sich radikal verändert. «Heute wird mit deutlich weniger Leuten mehr erreicht», betont Irene Meyer. Damals, als sie auf der Bank in Langenthal ihre Lehre absolviert habe, sei es hin und wieder vorgekommen, dass Mitarbeiterinnen an ihrem Arbeitsplatz während der Arbeitszeit die Fingernägel lackiert hätten, erwähnt sie herzhaft lachend.
Aber auch die Arbeit habe sich gewandelt, neue Produkte, Regulatorien und Sicherheitsvorschriften hätten die Bankenbranche einem epochalen Wandel unterzogen. Irene Meyer erwähnt diesbezüglich, dass sie sich noch daran erinnern könne, dass man Kunden Hypothekar-Zinsen von 9 Prozent auf Neu-Hypotheken angeboten habe. Heute seien diese zu einem Zinssatz von weniger als einem Prozent erhältlich. Nein, diese Entwicklung habe ihr nie Sorgen bereitet oder Angst gemacht, winkt Irene Meyer auf eine entsprechende Frage ab. «Im Gegenteil, ich liebe Herausforderungen, den rasanten Wandel habe ich stets als spannenden Prozess betrachtet, ich war immer interessiert, etwas Neues zu lernen.»
Das möchte sie nun vermehrt auch im privaten Bereich tun. Zwar habe sie noch keine konkreten Pläne für die Zeit als Pensionärin, sie freue sich vorerst einfach darauf, wenn der Tag nicht mehr von morgens bis abends verplant sei. Diese Zeit wolle sie vermehrt mit Dingen füllen, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen seien, wie Wandern, Velofahren oder zusammen mit ihrem Lebenspartner auf Reisen gehen. Auch möchte sie sich wieder vermehrt kreativ betätigen, nähen und basteln und damit ihre grosse Leidenschaft ausüben, so wie es ursprünglich als Handarbeitslehrerin geplant war. Dazu ist sie noch Mitglied im OK des Freilichtspiels Burechrieg, das im nächsten Jahr in Huttwil aufgeführt wird. «Langweilig wird es mir bestimmt nicht», sagt sie.
Das Team wird ihr fehlen
Vermissen werde sie zweifellos ihr Team, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Bank. «Die Zusammenarbeit im Team war für mich immer wieder ein Aufsteller», sagt Irene Meyer. Sie ist überzeugt, dass man nur in einem gut funktionierenden Team erfolgreich sein könne. Und erfolgreich war Irene Meyer mit ihrem Team bei der Bernerland Bank.
Zusammen mit Geschäftsführer Peter Ritter habe die gesamte Geschäftsleitung viel bewegen und die Bernerland Bank gut in der Region positionieren können. Sie verlasse eine Bank, die sich heute so präsentiere, wie sie sich das immer vorgestellt habe. Der Auftritt der Bernerland Bank sei sehr sympathisch und bodenständig, was in dieser Region sehr gut ankomme. Man habe aber auch zum richtigen Zeitpunkt die richtigen strategischen Entscheide getroffen, fügt Irene Meyer hinzu. Das Motto der Regionalbank, dass Qualität stets vor Quantität komme, habe sich bewährt. «Ich durfte mich hier entfalten und konnte viel bewegen», lautet ihr abschliessendes Fazit. Auch wenn Irene Meyer nun die Bank verlässt, mit dem Herzen bleibt sie weiterhin dabei. «Die Bernerland Bank bleibt meine Bank und ich ihre Aktionärin», gibt sie zu verstehen. Deshalb wünscht sie ihrem ehemaligen Arbeitgeber nur das Beste. Sie hoffe, dass die Bank den eingeschlagenen, sympathischen Weg weiterverfolge, auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber bleibe und dass der Verwaltungsrat zusammen mit der Geschäftsleitung stets die Zeichen der Zeit erkenne und rechtzeitig die notwendigen strategischen Entscheide treffe und umsetze. artext/war