Eine Eishalle und die Demokratie als grosse Sieger des Abends
745 stimmberechtigte Huttwilerinnen und Huttwiler haben an der Gemeindeversammlung ein überzeugendes Bekenntnis zur Eishalle auf dem Campus Perspektiven abgegeben. Sie haben mit einer deutlichen Mehrheit der Erhöhung des jährlichen Gemeindebeitrags von 96 000 auf 295 000 Franken an die Kosten des Eisbetriebs zugestimmt (inklusive Gegenleistungen zugunsten der Gemeinde Huttwil in der Höhe von 40 000 Franken). Die perfekt organisierte Versammlung war ein Musterbeispiel gelebter direkter Demokratie.
Politiker von links bis rechts verweisen in ihren Reden immer wieder auf die direkte Demokratie in der Schweiz, auf deren Besonderheiten und deren Wert für die Gesellschaft und unser Land. Ein Musterbeispiel gelebter Demokratie erlebten am Montag, 10. Juni, 745 stimmberechtigte Einwohnerinnen und Einwohner von Huttwil (20,7 Prozent der 3789 stimmberechtigten Huttwilerinnen und Huttwiler), die sich zusammen mit einer grossen Gäste-Schar in der Dreifachturnhalle im Campus Perspektiven einfanden. Bereits eine halbe Stunde vor der angesetzten Gemeindeversammlung herrschte grosser Andrang auf dem Campus-Gelände. Auf dem Programm stand an diesem Abend wahrlich eine Jahrhundert-Gemeindeversammlung. Eiszeit oder Tauwetter lautete simpel ausgedrückt die Frage, die es an diesem Abend zu klären gab. Eine Frage, die im Vorfeld der Gemeindeversammlung für viele Emotionen, Diskussionen und hitzige Debatten gesorgt hatte. Ausgelöst wurden diese durch eine Initiative, mit der Forderung, den jährlichen Beitrag der Gemeinde Huttwil an die Kosten des Eisbahnbetriebes auf dem Campus Perspektiven von aktuell 96 000 auf 295 000 Franken (à fond perdu) zu erhöhen. Der Initiative gegenüber stand ein Gegenvorschlag des Gemeinderates, der lediglich eine Erhöhung des Beitrages um 54 000 Franken auf 150 000 Franken jährlich vorsah.
«Es braucht mutigen Entscheid»
In einer leidenschaftlichen Rede warb zu Beginn des Geschäfts Hannes Luginbühl für das Anliegen des Initiativkomitees. Er machte klar, dass der bisherige Beitrag der Gemeinde Huttwil von jährlich 96 000 Franken nicht ausreicht, um den Eisbahnbetrieb kostendeckend zu betreiben. Luginbühl wies auf das jährliche Defizit des Eisbetriebs in der Höhe von rund 450 000 Franken hin. «Wollen wir es tatsächlich riskieren, dass bei einer Schliessung der Eishalle bald einmal auch die Türen der Dreifachturnhalle geschlossen werden», fragte er die Anwesenden. Er forderte alle auf, zusammenzustehen und für ein Ja zum Eisbahnbetrieb auf dem Campus zu stimmen. Gleichzeitig warnte er, Anträge, die eine geringere finanzielle Beteiligung der Gemeinde vorsehen, anzunehmen, «weil dies dem Campus nicht hilft», betonte Hannes Luginbühl. Thomas Flückiger hob seitens des Initiativkomitees die wirtschaftliche Bedeutung der Eishalle und des Campus für Huttwil und die Region hervor. Gerade die Detaillisten in der Region würden von diesem Betrieb profitieren, bemerkte der Inhaber einer Metzgerei in Huttwil. Zuletzt habe es in Huttwil mit Wegzügen und Schliessungen von Firmen und Institutionen zu viele negative Schlagzeilen gegeben. «Deshalb braucht es heute Abend einen mutigen Entscheid. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für Huttwil, für den Eissport und die Region», forderte Flückiger.
Mahnende Worte werden ignoriert
Danach war die Reihe an Gemeinderat Sandro Schafroth (Ressort Soziales, Kultur und Freizeit), der die Sicht der Gemeinde bei diesem Geschäft darlegte. Er machte klar, dass der Gemeinderat nicht gegen den Eisbetrieb auf dem Campus sei, aber mit dem Vorgehen des Initiativkomitees nicht ganz einverstanden sei. Sandro Schafroth bemühte bei seinen Ausführungen Vergleiche mit anderen Gemeinden, die über Eishallen verfügen und zeigte anhand von Zahlen auf, dass bei einer Annahme der Initiative Huttwil im Vergleich mit anderen Gemeinden einen deutlich grösseren Beitrag pro Einwohner an den Eisbetrieb entrichten würde. Auch mahnte er, dass die Schuldenlast der Gemeinde in den nächsten Jahren bis 2028 von heute 14,219 auf 17,131 Millionen Franken ansteigen dürfte. Dieses Rechenbeispiel basiere zudem bereits auf einer noch nicht bewilligten Steuererhöhung um einen Zehntel, gab Sandro Schafroth zu verstehen. Die anwesenden Huttwilerinnen und Huttwiler hörten zwar die mahnenden Worte des Gemeinderates, blendeten diese aber bewusst aus oder ignorierten sie an diesem Abend einfach. So war bereits zu Beginn des Traktandums rasch klar, wohin das Pendel bei den Anwesenden ausschlagen dürfte. In der folgenden Diskussion vernahm man denn auch nur wenige kritische Worte gegen eine generelle Erhöhung des Gemeindebeitrages für den Eishallenbetrieb auf dem Campus. Anträge indes wurden aber etliche eingereicht. Störend empfanden viele Anwesende, dass die Gemeinde dem Campus einen À-fond-perdu-Beitrag in der Höhe von 295 000 Franken entrichten soll. Gleich zwei Anträge forderten deshalb die Erhöhung des Beitrages auf den vom Initiativkomitee vorgeschlagenen Betrag, aber mit entsprechenden Gegenleistungen des Campus zugunsten der Gemeinde Huttwil.
Ein «JA» mit kleinem Abstrich
Erstaunlich war, wie fair, gelassen und ruhig die ganze Debatte verlief, ohne grössere Emotionen, Anschuldigungen oder aggressive Äusserungen. Sämtliche Diskussionen, Voten und Anträge wurden sachlich und kompetent geführt, vorgetragen und dargelegt. Am Ende zeigten die Huttwilerinnen und Huttwiler unerwartet viel Herzblut für «ihre» Eishalle auf dem Campus Perspektiven. Sämtliche Anträge, die von einem geringeren Beitrag als den jährlich 295 000 Franken ausgingen, inklusive dem Gegenvorschlag des Gemeinderates, blieben chancenlos. Dennoch musste sich das Initiativkomitee am Ende bei seinem Vorhaben einen ganz kleinen Abstrich gefallen lassen: In der geheim durchgeführten Schlussabstimmung wurde nämlich nicht die Initiative, sondern ein bereinigter Gegenvorschlag von Manfred Loosli mit 596 zu 127 Stimmen angenommen, der die Erhöhung des Gemeindebeitrags von 96 000 auf 295 000 Franken vorsieht, inklusive entsprechenden Leistungen zugunsten der Gemeinde Huttwil in der Höhe von 40 000 Franken. Angenommen wurde zudem ein Antrag von Erich Stamm, der den Gemeinderat dazu auffordert, mit Sponsoren, Partnern und den umliegenden Gemeinden das Gespräch zu suchen und allfällige Sponsorengelder zu generieren, um dadurch den jährlichen Gemeindebeitrag von Huttwil zu senken. Bis Ende 2025 muss der Gemeinderat dazu erste Ergebnisse vorlegen. Damit endete eine eindrückliche Vorstellung direkter und leidenschaftlich gelebter Schweizer Demokratie, die an diesem Abend zweifellos zu den Gewinnern gehörte. Und so machte sich um 23.30 Uhr bei Lukas Zürcher, Mitglied des strategischen Steuerungsausschusses beim Campus Perspektiven, Erleichterung breit. «Das war ein klares Bekenntnis zur Eishalle auf dem Campus. Die Freude und Genugtuung ist bei mir und allen Verantwortlichen des Campus natürlich sehr gross», sagte er gegenüber dem «Unter-Emmentaler». Das deutliche Ergebnis stimme ihn sehr zuversichtlich, dass mit diesem Rückenwind und der Unterstützung der Gemeinde Huttwil in den nächsten Monaten eine Lösung für das fehlende jährliche Defizit in der Höhe von rund 150 000 Franken gefunden werden könne. Zürcher machte zudem klar, dass man der Bevölkerung von Huttwil und dem Initiativkomitee sehr dankbar sei, dass man diese Diskussion habe führen können. Ein wenig anders war die Gemütslage am Tag nach der Abstimmung auf der «Verliererseite», beim Gemeinderat. «Logisch bin ich als Gemeindepräsident, der die Gesamtsicht auf die Gemeinde im Auge haben muss, nach diesem Ergebnis enttäuscht», entgegnete Walter Rohrbach, der erneut auf die angespannte finanzielle Lage der Gemeinde hinwies. «Der Bürger muss sich einfach bewusst sein, dass Geld, das er auf diese Weise verteilt, für anderes nicht zur Verfügung steht», betonte Walter Rohrbach, der aber auch unmissverständlich zu verstehen gab, dass der Entscheid in einem demokratischen Prozess erfolgt und zu respektieren sei. Er hoffe einfach, dass jene, die nun grosszügig Gelder gesprochen hätten, später auch bereit seien, mitzuhelfen, neue Gelder für die Gemeinde zu beschaffen, sprach Walter Rohrbach eine mögliche Steuererhöhung an.
Jahresrechnung
Sattes Plus von einer Million
Bevor die Huttwiler Gemeindeversammlung der Erhöhung des Gemeindebeitrags an die Eishalle beim Campus Perspektiven zustimmten, konnten die 745 Personen von einer erfreulichen Jahresrechnung 2023 der Gemeinde Kenntnis nehmen. Diese schliesst nämlich im Gesamthaushalt mit einem Ertragsüberschuss von 1,008 Millionen Franken. Budgetiert war ein Ertragsüberschuss von 276 186 Franken, was zu einer Besserstellung gegenüber dem Budget von 732 050 Franken führt. Verschiedene Faktoren waren für das gute Ergebnis verantwortlich, hauptsächlich höhere Steuereinnahmen sowie deutlich tiefere Sach- und Personalaufwände (infolge vakanter Stellen). Gemeinderat Marcel Sommer (Ressort Finanzen) wies einmal mehr darauf hin, dass sich das Ergebnis besser darstelle, aufgrund der Tatsache, dass die Spezialfinanzierung «Übertrag Verwaltungsvermögen Industrielle Betriebe Huttwil» erfolgswirksam während 16 Jahren (bis 2032) abgebaut werden muss. Dies führt grundsätzlich zu einer Verbesserung des Ergebnisses um 562 500 Franken. Das Eigenkapital der Gemeinde Huttwil erhöhte sich per Ende 2023 um 2,168 Millionen Franken auf 67,815 Millionen Franken.
Von Walter Ryser