Eine Idee ist Wirklichkeit geworden
Nutze die Talente, die du hast. Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel singen würden. Unter diesem Motto haben die pensionierten Lehrerinnen Lisa Neuenschwander und Jeanette Beutler vor vier Jahren den Chor «zäme singe +/- 60» ins Leben gerufen.
Oft hört man vom Chorsterben. Viele Chöre klagen, sie hätten zu wenig Mitglieder. Auch haben bereits mehrere in den letzten Jahren ihre Tätigkeit eingestellt. Nicht so die «Freizyt-Singers» aus Huttwil, die sich seit einigen Jahren immer mehr und mehr etablieren. Beim Chor, der früher «zäme singe +/- 60» genannt wurde, ist bis heute der Bestand auf rund 23 Mitglieder angestiegen. Heute singen sie unter dem neuen Namen «Freizyt-Singers».
Seit Jahrzehnten als Dirigentin
Die Gründung des Chors entstand dadurch, dass Lisa Neuenschwander, die seit über 40 Jahren als Dirigentin und Chorleiterin diverse Chöre in der Region leitete, nach etwas Neuem suchte. Nach einem Jahr Chorpause stellte sich bei der pensionierten Lehrerin der Wunsch ein, neue musikalische Wege zu gehen und eine neue Herausforderung zu suchen. Die Idee, an einem Nachmittag zu proben und damit pensionierte Leute anzusprechen, die Lust und Freude am Singen haben, fand bei vielen Anklang. Kurzerhand wurden also Nägel mit Köpfen gemacht. Mit einem Flyer wurden damals Mitglieder gesucht: «Erstes Singen am 10. März 2015 um 14.00 bis 16.00 bei Familie Bieri am Rothbachweg in Huttwil. Die Proben finden jeden zweiten Dienstag statt.»
So ging man damals auf Mitgliedersuche. Das Interesse war von Anfang an gross, da die Proben am Nachmittag und nicht wie sonst in vielen Chören am Abend stattfanden. «Gerade den pensionierten Sängerinnen und Sängern passen die Proben am Nachmittag hervorragend», weiss die Chorleiterin Lisa Neuenschwander.
Vielfältiges Repertoire
Die Atmosphäre im Chor ist herzlich und entspannt. Man kennt sich gegenseitig und plaudert. Zwei Stunden wird im Huttwiler Kirchgemeindehaus intensiv geübt. Lockere Sprüche gehören zum Probenachmittag dazu, genau wie das mehrmalige Wiederholen von schwierigen Passagen bis zur Perfektion. Das Geheimnis ihres Erfolges ist die Vielseitigkeit ihres Repertoires. Sie gehen ihren eigenen Weg, pflegen das Volksgut der Schweiz, singen Schlager, Evergreens, zeitgenössische und klassische Lieder. «Zu Beginn wussten wir nicht, ob sich unser Chor etablieren wird. Umso mehr freut es uns, dass jede Stimmlage gut vertreten ist. Dies ermöglicht uns den vierstimmigen Gesang», erzählt die Mitgründerin Jeanette Beutler.
Öfters treten sie in Altersheimen, Kirchen, an Weihnachtsfeiern oder an privaten Anlässen auf.
Einer, der jeden zweiten Dienstag dabei ist, ist der 75-jährige Fritz Reist aus Grünen bei Sumiswald. «Ich habe damals nach einer neuen Beschäftigung gesucht und diese im Huttwiler Chor gefunden», erinnert sich der Rentner zurück. Seit vier Jahren nimmt er an den Proben teil und hat bisher nur einmal gefehlt. «Ich freue mich jedes Mal auf den Nac
hmittag, singen befriedigt nicht nur die Sängerinnen und Sänger selbst, es bringt auch viel Freude für die Zuhörerinnen und Zuhörer», wie Fritz Reist erzählt. Mit von der Partie ist auch die 86-jährige Liselotte Dreier.
Seit über 60 Jahren ist die gebürtige Huttwilerin in Chören dabei. Bis zur Auflösung im Frauen- und im gemischten Chor und seit vier Jahren nun bei den «Freizyt-Singers».
«Ich freue mich, dass es im «Blumenstädtchen» endlich wieder einen Chor gibt, der zu mir passt und am Nachmittag probt», erzählt die Huttwilerin mit einem Lächeln im Gesicht. Das breitgefächerte Repertoire gefällt der Rentnerin. «Im Alter muss man die Verbindung zu den Mitmenschen unbedingt beibehalten und am aktiven Geschehen teilnehmen, das hält fit», erzählt Liselotte Dreier. «Ich gehe immer sehr glücklich nach Hause», sagt sie weiter. Die Proben werden jeweils in dieser Zeitung unter der Rubrik «Demnächst» publiziert. Der Chor ist jederzeit offen für neue Sängerinnen und Sänger. Chorerfahrung ist nicht Bedingung, jedoch Freude und Begeisterung. «Unsere Wunschgrösse wäre über 30 Mitglieder», sagt Chorleiterin Lisa Neuenschwander. Die Zeichen dafür stehen gut, dieses Ziel in Kürze erreichen zu können.
Von Yanick Kurth