• Hinter dem (Politischen-)Ortsschild von Lotzwil herrschte in den letzten Wochen nicht immer eitel Sonnenschein. · Bild: Walter Ryser

08.10.2019
Oberaargau

Eine Kampfwahl mit Nebengeräuschen

Bei den Gemeindewahlen in Lotzwil kommt es am 20. Oktober zu einer Kampfwahl um das Gemeindepräsidium. Dabei stehen sich der ehemalige Gemeindepräsident Beat Luder (2006 – 2014) sowie die amtierende Vize-Gemeindepräsidentin Elsbeth Steiner gegenüber. Das Duell wird von unschönen Begleiterscheinungen umrahmt, die sogar zum Austritt von Elsbeth Steiner aus der SVP führten.

Lotzwil · Bei den Gesamterneuerungswahlen in Lotzwil kommt es am 20. Oktober im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Kampfwahl um das Gemeindepräsidium. Um die Nachfolge von Markus Ott, der Ende Jahr nach fünf Jahren sein Amt abgibt, weil er mit der Familie nach Aarwangen zieht, streiten sich der ehemalige Gemeindepräsident Beat Luder (SVP, 2006 – 2014) und Vizegemeindepräsidentin Elsbeth Steiner (parteilos/SP).
Das Duell wird von unschönen Nebengeräuschen belgeitet, die Steiner sogar dazu bewogen, aus ihrer angestammten Partei, der SVP, auszutreten und ihre Chance auf die Wahl zur Gemeindepräsidentin als parteilose Kandidatin auf der SP-Liste wahrzunehmen.

Mitglieder kontern Vorstand aus
Dabei schien vor einigen Monaten alles in friedlichen und geordneten Bahnen zu verlaufen. Elsbeth Steiner bekundete früh Interesse an der Nachfolge von Markus Ott und konnte auf die Unterstützung ihrer Partei, der SVP, zählen. Alles lief auf eine stille Wahl hinaus. Doch dann kam überraschend Beat Luder ins Spiel und mit ihm wurde aus der vermeintlich stillen, urplötzlich eine ziemlich laute Kampfwahl um das Gemeindepräsidium. Luder war bereits von 2006 bis 2014 Gemeindepräsident in Lotzwil. Er betonte gegenüber dem Unter-Emmentaler, dass ihm dieses Amt gefallen habe und er lediglich wegen der Amtszeitbeschränkung dieses Amt abgegeben habe. «Ich möchte dieses Amt noch einmal ausüben, weil mir Lotzwil am Herzen liegt und zudem bin ich von etlichen Einwohnern ermuntert worden, noch einmal zu kandidieren», begründet der 59-jährige Inhaber einer Immobilienfirma in Lotzwil, seine erneute Kandidatur.
So weit, so gut, denn die Kandidatur Luders ist kein besonderes Ereignis, selbst wenn die beiden Kandidaten aus derselben Partei, der SVP, stammen. «Wir verfügen über eine starke Ortssektion, die sich im Wachstum befindet», zeigte sich auch Michael Egli, als Präsident der SVP-Ortssektion Lotzwil unbeeindruckt, dass mit Luder plötzlich ein zweiter Kandidat für das Gemeindepräsidium auftauchte. «Jede und jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, hat das Recht zu kandidieren. Wir verfügten über zwei Top-Kandidaten, die es beide verdient haben, gewählt zu werden», beurteilte Egli die Ausgangslage.
Deshalb sei man im Vorstand der Meinung gewesen, dass man mit einem Zweier-Ticket zur Wahl antreten wolle. «Das wäre fair und anständig gewesen; für beide Kandidaten, für die Sektion und für Lotzwil. Von 1800 Lotzwilern gewählt zu werden, entspricht einer ganz anderen Legitimation als von einigen wenigen.»
Doch Egli machte die Rechnung ohne einige SVP-Mitglieder, die sich an einer ausserordentlichen Versammlung gegen den Vorstand stellten. In einer ersten, geheimen Abstimmung verwarfen sie mit 11:10 Stimmen den Vorschlag eines Zweier-Tickets und beschlossen stattdessen, nur mit einem Kandidaten zur Gemeindepräsidenten-Wahl anzutreten. In der zweiten Abstimmung dann entschieden sich die Lotzwiler SVP-ler mit einer deutlichen Mehrheit von 15:6 Stimmen für Beat Luder als Kandidaten. So weit – nein, denn jetzt war nichts mehr gut.
Nur wenige Tage später erklärte Elsbeth Steiner den Austritt aus der SVP, aber nicht den Verzicht auf die Wahl zur Gemeindepräsidentin. Als Parteilose kämpft die 61-Jährige Geschäftsführerin der Spitex Lotzwil und Umgebung nun auf der SP-Liste um das Amt. Und auch Michael Egli zog die Konsequenzen, trat als Präsident der SVP-Ortssektion zurück und stellt sich am 20. Oktober auch als Gemeinderat nicht zur Wiederwahl, obwohl er erst knapp anderthalb Jahre im Amt ist, nachdem er den Platz des vorzeitig zurückgetretenen Christoph Schärer übernommen hatte.

Kämpferische Elsbeth Steiner
«Unser Motto war es stets, dass wir als SVP-Ortssektion fair und glaubwürdig sind, zusammenstehen und füreinander einstehen», erwähnt Michael Egli, der das gegenteilige Vorgehen einiger SVP-Mitglieder nicht nachvollziehen kann und davon spricht, dass dieser Entscheid gegen alle Vernunft spreche. Zudem hätten die anderen Ortsparteien kein Interesse an einer Kandidatur für das Gemeindepräsidium bekundet. Für ihn sei das Ganze eine riesige Enttäuschung, ein Vorgehen, hinter dem er nicht stehen könne, begründet er seinen Rücktritt. Es tue ihm sehr weh, «denn ich war gerne Sektionspräsident, aber ich habe meine Grundsätze.» Dass er zugleich auch das Amt als Gemeinderat preisgibt, können viele nicht verstehen. Für Egli ist aber auch dieser Schritt nichts weiter als konsequent: «Mein Gemeinderatssitz gehört der SVP, die Partei soll die Chance erhalten, diesen verteidigen zu können. Da ich nicht mehr Parteimitglied bin, wäre es nicht fair gewesen, wenn ich diesen weiter beansprucht hätte.»
Auch Elsbeth Steiner kann das Vorgehen ihrer früheren Parteifreunde nicht nachvollziehen. «Ein Zweier-Ticket hätte von Grösse und Stärke der Partei gezeugt.» Wie ihre Chancen als parteilose Kandidatin stehen, vermag sie nicht einzuschätzen. Sie betont lediglich, dass ein Rückzug für sie nicht in Frage kam, weil vieles in der Gemeinde aufgegleist sei, das sie gerne noch helfen würde zu erledigen. «Nach acht Jahren im Gemeinderat wäre dies zweifellos ein schöner Abschluss meiner politischen Tätigkeit in der Gemeinde», gibt sie sich kämpferisch.

«Lotzbu Löi» als Zankapfel
Davon konnten sich unlängst auch die Einwohner von Lotzwil überzeugen, hat sich doch Elsbeth Steiner in der Dorfzeitung «Lotzbu Löi» unter der Rubrik «Eingesandtes» zu Wort gemeldet und ihre Kandidatur in einem Artikel begründet. So weit – überhaupt nicht mehr gut, denn nun kommt wieder Beat Luder ins Spiel. Dazu muss man wissen, dass einerseits Elsbeth Steiner Vorsitzende der Redaktionskomission des «Lotzbu Löi» ist und andererseits Beat Luder Präsident des Gewerbevereins Lotzwil, Herausgeber des «Lotzbu Löi».
Der Artikel von Elsbeth Steiner geriet dem Vorstand des Gewerbevereins vollends in den falschen Hals. Luder zitiert gegenüber dem «UE» die redaktionellen Grundsätze der Dorfzeitung, die in einem Reglement festgehalten sind und 2016 vom Vorstand des Gewerbevereins abgesegnet wurden. Darin ist festgehalten: «Artikel, bei welchen keine Gegendarstellungen mehr möglich sind (zum Beispiel Wahlen oder Abstimmungen) sind zu vermeiden.» Der Artikel von Elsbeth Steiner unter der Rubrik «Eingesandtes» fällt gemäss dem Vorstand des Gewerbevereins Lotzwil unter diese Bestimmung, weil der nächste «Lotzbu Löi» erst nach den Wahlen erscheint und demzufolge Beat Luder keine Möglichkeit habe, vor den Wahlen ebenfalls mit einem Bericht unter «Eingesandtes» in der Dorfzeitung zu reagieren.
Elsbeth Steiner weist den Vorwurf, dass sie ihre Stellung als Vorsitzende der Redaktionskommission missbraucht habe von sich und erwähnt, dass sie den «Lotzbu Löi» stets finanziell unterstützt habe – will heissen, dass ihr Beitrag als bezahlter PR-Text zu verstehen sei. Luder hält demgegenüber fest, dass der Inhalt des Artikels nicht beanstandet werde, sondern lediglich, dass dieser nicht als Inserat deklariert, sondern im redaktionellen Teil platziert wurde und damit habe Elsbeth Steiner gegen die redaktionellen Grundsätze verstossen.
«Ich habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihr als Präsidentin der Redaktionskommission die redaktionellen Grundsätze bekannt sein sollten», erläutert Luder, der anfügt, dass es seine Pflicht gewesen sei, Elsbeth Steiner schriftlich mitzuteilen, dass ihr Vorgehen nicht korrekt gewesen sei, dies habe der Vorstand so entschieden. So weit – somit vorerst alles geklärt. Die Entscheidung liegt deshalb nun bei den Einwohnern von Lotzwil.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass von den übrigen sechs Gemeinderäten (neben dem abtretenden Gemeindepräsidenten Markus Ott) deren vier zur Wiederwahl antreten (Urs Ehrsam, René Morgenthaler, Margrit Hofer und Arlette Hoffmann). Elsbeth Steiner kann aufgrund der Amtszeitbeschränkung von acht Jahren nicht mehr zur Wiederwahl antreten und Michael Egli stellt sich aus den bekannten Gründen nicht mehr zur Verfügung.

Von Walter Ryser