Eine Retrospektive von Max Hari – Das Spiel des Malers mit dem Betrachter
Das Kunsthaus Langenthal zeigt gegenwärtig eine umfassende Retrospektive des Langenthaler Künstlers Max Hari. Zu sehen sind viele eindrückliche Werke aus vier Jahrzehnten seines Schaffens. Max Hari hat seine Ausdrucksformen immer mehr vertieft und weiterentwickelt. Ins Auge fallen besonders die grossformatigen, faszinierenden Malereien.
«Ich schaue mir beim Sehen zu», so lautet der Titel der Ausstellung. Frage an Max Hari: Wie ist das zu verstehen? «Das weist auf ein wichtiges Element bei meinem Schaffen hin. Dass es nicht nur ums Malen geht, sondern ums Schauen und Wahrnehmen der Welt, wie sie mir erscheint. Und nicht bloss darum, dass ich optische Eindrücke nachmale. Ich probiere darauf zu achten, wie ich schaue, warum ich so schaue. Malen ist für mich ein Prozess, der vom Nachdenken und Analysieren begleitet wird, und nicht einfach eine spontane ‹Bauchmalerei›, wo es bloss darum geht, aus einer Gefühlswelt heraus etwas Farbiges zu gestalten», erklärt der Langenthaler Kunstschaffende. Und sagt auch: «Ich spiele mit der Verbindung vom Gegenständlichen mit dem Ungegenständlichen.»
Verunsicherung
Dieses Spiel ist in seinen Bildern gut ersichtlich. In vielen Bild-Kompositionen sind angedeutete Gesichter, Hände, Arme oder ganze Figuren erkennbar. Das eine Bild lässt vielleicht ein Landschaftsbild erahnen (Max Hari nennt es lieber Raumbild). Man glaubt, darin einen Baum zu erkennen, die Farben sind herbstlich gewählt.
Wieder spielt der Maler mit dem Betrachter: «Es hat gewisse Fragmente darin, die uns an etwas erinnern, was wir kennen. Aber es ist doch eine gewisse Verunsicherung da. Das ist mir eigentlich wichtig, weil dadurch der Betrachter auch unsicher wird, ob das, was er sieht, auch wirklich so ist. Die Sicht ist eine subjektive, so wie ich es sehe, muss es für andere nicht unbedingt aussehen. Dies finde ich eine wichtige Erkenntnis und ich möchte diese Verunsicherung mit meiner Malerei fördern», gesteht er.
Wie beginnt der Maler ein neues Bild?
«Am Anfang ist noch alles offen. Es geht darum, erst einmal eine Basis zu legen mit einer Farbe. Dann ist es ein langer Prozess, die Farben miteinander abzustimmen. Ich habe am Anfang keine Vorstellung vom fertigen Bild, es entsteht alles beim Malprozess. Es ist auch immer wieder ein Abenteuer», findet er. In der Ausstellung sind viele grossformatige Werke zu sehen, oft in einer kraftvollen Farbenvielfalt.
Ja, er habe viele grosse Bilder gestaltet, sagt Max Hari. «Es ist für mich eine andere Art von Malerei. Jede Linie entsteht aus einer Bewegung, bei einem grossen Bild entsteht die Bewegung nicht nur aus der Hand, sondern aus dem ganzen Körper. Es ist dann auch eine andere Energie da, wenn du quasi mit dem ganzen Körper ins Bild hin-ein gehen kannst während dem Malprozess.»
Seit vielen Jahren verwende er ausschliesslich Acryl-Farben, erzählt er noch, weil Acryl schneller trockne als Öl und das sei bei der Schichtenmalerei wichtig.
Neues aus Altem
Die aktuelle Ausstellung zeigt Werke aus verschiedenen Schaffensphasen von Max Hari. «Die Art des gestalterischen Ausdrucks verändert sich. Je nachdem, was mich dazu antreibt, ein Bild zu malen. Es kann etwas aus dem Alltagsleben sein, was mich bewegt und dazu führt, dies gestalterisch zu bewältigen», sagt er. Die neuesten Bilder, die im Kunsthaus Langenthal erstmals gezeigt werden, verbinden das Zeichnerische und das Malerische, sie sind eher luftig gehalten und auch mal einfarbig. Zu sehen sind ebenfalls Collagen, gestaltet mit Ausschnitten aus älteren Zeichnungen. Neues ist so aus Altem entstanden. Begleitend zur Ausstellung ist ein Künstlerbuch erschienen mit Arbeiten auf Papier von 1985 bis heute.
Ein Experiment
Max Hari lässt sich auch auf ein Experiment ein: Am Sonntag, 8. November findet eine musikalisch-gestalterische Aktion zusammen mit dem Trio Ruedi Häusermann, Marco Käppeli und Claude Meier statt. Dabei wird Hari mit einer elektrischen Hand-Motorsäge Zeichnungen in Holz schneiden. Eine Technik, die er seit vielen Jahren verfeinert hat und aus der grosse Wandbilder entstanden sind. Doch mit Musikbegleitung wird es eine Premiere sein. «Man muss etwas wagen», meint der 70-jährige Künstler, der zeitweise in Berlin lebt und arbeitet, aber immer wieder gerne zurückkehrt nach Langenthal – in eine ruhigere Welt.
Gut zu wissen
Die Ausstellung im Kunsthaus dauert bis zum 15. November. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag, 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis17 Uhr. Musikalisch-gestalterische Aktion: Sonntag, 8. November, 14, 15, 16 Uhr
Von Berty Anliker