• Monika Hirsbrunner, Leiterin der Regionalbibliothek, mit Referent Benedikt Weibel. · Bild: Walter Ryser

07.04.2017
Langenthal

Einfachheit als Schlüssel zum Erfolg

«Wir sind bis ins hohe Alter lernfähig und wir haben die Zeit, uns ständig weiterzubilden», ist Benedikt Weibel der Überzeugung, die er beim «Generation-plus»-Anlass in der Regionalbibliothek Langenthal vertrat. Der ehemalige SBB-Direktor gewährte interessante Einblicke in sein persönliches Erfolgsgeheimnis. Dabei bezeichnete er die Einfachheit als Schlüssel zum Erfolg.

Monika Hirsbrunner, Leiterin der Regionalbibliothek Langenthal, hatte einen guten «Riecher», als sie für den jüngsten «Generation-plus»-Anlass den ehemaligen SBB-Direktor Benedikt Weibel als Referenten engagierte. Der gebürtige Solothurner lockte viele Zuhörer an, so dass der Anlass vor vollen Rängen in der Regionalbibliothek in Szene ging.
Seine berufliche Laufbahn begann Benedikt Weibel an der Universität in Bern, wo er Betriebswirtschaft studierte. 1971 erwarb er das Diplom als Bergführer. 1978 trat er in die SBB ein und war von 1993 bis 2006 als Direktor deren Chef. Die nächsten beiden Jahre koordinierte er im Auftrag des Bundesrates die Fussball-Euro 2008. Bis Ende 2006 wirkte er auch als Honorarprofessor an der Universität Bern für «Praktisches Management». Heute ist Weibel Präsident und Mitglied verschiedener Institutionen und Publizist. Im NZZ-Verlag sind bereits vier Bücher von ihm erschienen, darunter «Simplicity – die Kunst, die Komplexität zu reduzieren» und zuletzt «Endlich beginnen die Schwierigkeiten».

Streifzug durch das Gehirn
Benedikt Weibel zeigt in diesem Buch, wie Motivation, Druck, Stress, Routine und Rhythmus unser Verhalten steuern, und unternimmt einen Streifzug durch das geheimnisvollste Organ: das Gehirn. Weibel fasst den Stand des Wissens in der Psychologie, Philosophie oder Hirnforschung zusammen, anhand vieler amüsanter und anregender Geschichten. Niccolò Machiavelli sagte einst, er lebe nach dem  Motto «Endlich beginnen die Schwierigkeiten». Erst in schwierigen Situationen zeige sich, was man könne. Benedikt Weibel nimmt sich diese Haltung als Vorbild und macht sich auf die Spurensuche: Was treibt uns an? Wie können wir unsere Einstellung beeinflussen? Welche Bedeutung hat der Rhythmus im Alltag? Welchen Blick haben wir auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Philosophen, Psychologen, Hirnforscher, Mediziner, Sportpsychologen, aber auch Weltverbesserer, Schamanen, Scharlatane und Geschäftemacher haben sich damit beschäftigt.
In der Regionalbibliothek gewährte er aber nicht bloss Einblicke in sein neustes Werk, sondern auch in sein persönliches Erfolgsgeheimnis. Weibel sprach davon, dass ihn gewisse Schlüsselerlebnisse geprägt, ihm aber auch gezeigt hätten, auf was es als Führungsperson tatsächlich ankomme. Er wies darauf hin, dass während seiner Amtszeit als SBB-Direktor der Personalbestand von 39 000 Personen auf 27 000 Mitarbeiter reduziert worden sei, «alles ohne einen einzigen Streiktag», hob er hervor. Gleichzeitig habe man in der gleichen Zeitspanne die Produktivität fast verdoppelt.

Bis ins hohe Alter lernfähig
Er sprach auch die Realisierung der Bahn 2000 an, ein Projekt, das in weiten Teilen des Landes auf militante Gegenwehr stiess. Er habe deshalb gelernt, sich in Krisensituationen auf das Wesentliche zu fokussieren. «In schwierigen Momenten gibt es nur zwei mögliche Wege. Entweder man wird depressiv oder man unternimmt etwas», bemerkte Weibel. Für den 71-jährigen, diplomierten Bergführer gibt es aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen drei sogenannte «Könige der Führung»: Sachverstand, Leidenschaft/Überzeugung und Einfachheit, wobei er die letzte Eigenschaft als Schlüssel zum Erfolg bezeichnete. «Aber aufgepasst, einfach ist nicht ganz einfach, denn es hat rein gar nichts mit simpel zu tun», warnte er. In einer immer komplexer werdenden Welt brauche es Einfachheit. «Je präziser man plant, desto gründlich wird man scheitern», lautet einer von Benedikt Weibels Leitsprüchen. Es gehe oftmals bloss darum, Ordnung ins Chaos zu bringen. Das bewerkstellige man mit einer guten Lageanalyse, bei der man alle Fakten zusammenstelle, ohne diese zu bewerten. Danach gelte es, diese Fakten zu strukturieren und anschliessend müsse man interpretieren, wo man den Hebel ansetzen wolle. «Beschränken Sie sich dabei auf einige wenige, aber wirkungsvolle Hebel», sagte er.
Aber auch seine späteren Tätigkeiten hätten ihn geprägt, nicht zuletzt das Schreiben von Kolumnen, hielt Weibel weiter fest. «Diese Tätigkeit zwingt dich, lernfähig zu sein. Man muss viel aufnehmen, neugierig sein, Ideen für Themen entwickeln. Das alles ist nicht ganz einfach, hat mich persönlich aber enorm weitergebracht.» Er sei zur Erkenntnis gelangt, dass man bis ins hohe Alter lernfähig sei. «Und wir verfügen über die Zeit dazu, uns ständig weiterzubilden», lässt Weibel das Argument von überlasteten Terminkalendern nicht gelten.
Er munterte die Anwesenden in der Langenthaler Bibliothek auf, dem täglichen Leben und dem, was um uns herum geschieht, mit Neugier zu begegnen. «Das ist etwas vom Wichtigsten für unser Leben. Kinder sind äus-serst neugierig, doch als Erwachsener verlieren wir diese Eigenschaft erstaunlich schnell.» Deshalb sei es wichtig, auch im Alter «am Ball» zu bleiben. «Wer ständig Neues lernt, wird immer besser und wer besser wird, hat bis ins hohe Alter einen natürlichen Lebensantrieb», schloss Benedikt Weibel sein Referat.

Von Walter Ryser