• Ob diese gesetzlich geschützte Fruchtfolgefläche zur Arbeitszone wird, entscheidet das Stimmvolk an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung. · Archivbild: zvg

  • Der Spielraum, dass sich in der Gemeinde Sumiswald noch Gewerbe ansiedeln kann, ist nur noch klein. · Archivbilder: Thomas Peter

  • Die Moser-Baer AG möchte sich strategisch weiterentwickeln. · Bild: zvg

  • Neben dem Schutz der landwirtschaftlichen Flächen ist Gemeindepräsident Fritz Kohler auch das Wachstum der ortsansässigen Firmen wichtig.

  • Niklaus Leuenberger wurde 1653 auf derjenigen "Matte" zum Bauernführer ernannt, welche nun bei der Ortsplanungsrevision in eine Arbeitszone umgezont werden soll.

11.04.2022
Emmental

Einspruch gegen geplante Umzonung

Seit über drei Jahren beschäftigt sich die Gemeinde Sumiswald mit der Gesamtrevision der Ortsplanung. Diese soll nun am 21. April an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung zur Abstimmung kommen. Zur beabsichtigten Umzonung einer gesetzlich geschützten Fruchtfolgefläche wurde im Vorfeld bereits Einspruch erhoben.

Sumiswald · Seit Jahrzehnten geht in der Schweiz laufend gutes Kulturland verloren. Jede Sekunde verschwindet rund ein Quadratmeter Landwirtschaftsfläche. Im Mittelland ist die Hauptursache dafür das hohe Siedlungswachstum. Um dem entgegenzuwirken, trat im Jahr 2014 auf Bundesebene das revidierte Raumplanungsgesetz in Kraft. Die Ziele wurden neu ausgerichtet und für die Gemeinden kamen zusätzliche Aufgaben hinzu. Die Bedingungen an den Verbrauch und die Nutzung von Boden wurden markant verschärft, die Entwicklung der Siedlung soll künftig verstärkt nach innen erfolgen. Zudem wird mit der am 1. April 2017 in Kraft getretenen Revision des Baugesetzes und der Bauverordnung dem Schutz des Kulturlandes ein hohes öffentliches Interesse zugesprochen. Aufgrund dessen hat die Gemeinde Sumiswald die Gesamtrevision der Ortsplanung in Angriff genommen, welche am 21. April an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung zur Beschlussfassung kommen soll.
Neben dem Schutz des Kulturlandes müssen die Gemeinden weitere Aufgaben erfüllen. Diese ergeben sich aus der eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebung. Während für alle Gewässer sogenannte «Gewässerräume» auszuscheiden und verbindlich festzulegen sind, muss das Baureglement an die Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen angepasst werden.

Geschichtsträchtiges Land
Auf den ersten Blick etwas widersprüchlich zum Schutz des Kulturlandes sieht die Gesamtrevision der Ortsplanung Sumiswald die Umzonung einer gut ein Hektar grossen gesetzlich geschützten Fruchtfolgefläche (FFF) in eine Arbeitszone vor. Hier beabsichtigt die ortsansässige Firma Moser-Baer AG zu bauen. Als FFF bezeichnet man das qualitativ bestgeeignete ackerfähige Kulturland.
Der Mindestumfang der FFF in der gesamten Schweiz von 438 460 Hektaren soll vor Überbauung geschützt werden und für die langfristige Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln erhalten bleiben. «Unsere Familie bewirtschaftet dieses Land bereits seit 80 Jahren in vierter Generation. Auf dieser Matte wurde 1653 sogar Niklaus Leuenberger zum Bauernführer ernannt», erzählt der betroffene Landwirt.
Dass seine Familie durch die Ortsplanungsrevision nun das wertvolle Pachtland, welches Eigentum einer Erbengemeinschaft ist, verlieren könnte, macht ihn tief betroffen. «Deshalb haben wir gegen die geplante Umzonung bei der Gemeinde schriftlich Einspruch erhoben», erklärt der Bauer. Doch für die Gemeinden gibt es Möglichkeiten, um als gesetzlich geschützte Fruchtfolgefläche ausgewiesenes Land dennoch umzuzonen. «Wir mussten eine Kompensationsfläche suchen. Dabei legt der Bund fest, welche Fläche dafür geeignet ist», erklärt der Gemeindepräsident Fritz Kohler. Eine solche Fläche, welche die erforderten Bedingungen erfüllt, wurde denn auch gefunden und ausgeschieden. Die Regionalkonferenz Emmental wie auch das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) haben die Einzonung eingehend geprüft und empfohlen.

Strategische Weiterentwicklung
Neben dem Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen ist es dem Gemeindepräsidenten ebenso wichtig, dass ortsansässige Firmen die Möglichkeit haben zu wachsen. «Durch die Automation gehen immer mehr Arbeitsplätze verloren, die Moser-Baer AG musste deshalb belegen können, dass sie die Fläche zur Entwicklung ihres Betriebes benötigt. Zudem hat sie Auflagen, haushälterisch mit dem Land umzugehen und mindestens zweigeschossig zu bauen», erklärt Fritz Kohler.
Für die Moser-Baer AG, welche 150 Mitarbeitende, davon 20 Lernende beschäftigt, ist der Kauf des Landes wichtig. «Wir könnten uns dadurch im Rahmen unserer Kernkompetenzen Uhren und Medizintechnik strategisch weiterentwickeln und den Standort Sumiswald stärken», bestätigt Projektleiter und CEO der Moser-Baer AG, Reto Reist. Aber wäre denn nicht auch die gleich neben der Moser-Baer AG liegende leere Instrumentenfabrik Hirsbrunner dafür geeignet gewesen? «Nein», erklärt Fritz Kohler, «dieses Gebäude ist denkmalgeschützt und ein Abbruch deshalb undenkbar.» Auf der Grundlage eines durch den Besitzer angeforderten qualitätssichernden Gutachtens soll dort künftig im Erdgeschoss Gewerbe angesiedelt werden. In den oberen Etagen entstehen Wohnungen. Insgesamt gesehen ist der Spielraum, dass in der Gemeinde Sumiswald noch Gewerbe ansiedeln oder wachsen könnte, nur noch klein. «Heute ist es nicht mehr möglich, Arbeitszonen auf Vorrat einzuzonen, es muss schon ein Bedarf nachgewiesen werden können», erklärt hierzu der Gemeindepräsident.
Mögliche Arbeitszonen, welche heute noch überbaut werden könnten, sind beim Dorfeingang in Grünen und an der Eystrasse zwischen Grünen und Wasen zu finden.

Von Marion Heiniger