• Christoph Galli im Einsatz an der Berufs-EM in Graz …

  • … und als stolzer EM-Bronzemedaillengewinner in seinem Geschäft in Madiswil. · Bilder: zvg/Patrik Baumann

12.10.2021
Oberaargau

Er ist einer der Besten seines Fachs

Christoph Galli hat vor anderthalb Jahren in Madiswil das Bodenlegergeschäft «Lustenberger Parkett + Bodenbeläge» seines Lehrmeisters Olivier Lustenberger übernommen. Trotz der hohen Auslastung nahm sich der junge Chef Ende September eine Woche Zeit, an den Europäischen Berufsmeisterschaften, den EuroSkills 2021, im österreichischen Graz teilzunehmen. Zurück kehrte der 26-Jährige mit der Bronzemedaille und vielen Erfahrungen.

Madiswil · «Am Ende des Tages wird sichtbar, was man geleistet hat», beschreibt Christoph Galli die Vorzüge seines Berufs. Geleistet hat der 26-Jährige schon vieles: Seit gut anderthalb Jahren ist er sein eigener Chef, übernahm er doch das Geschäft seines Lehrmeisters in Madiswil. «2011 begann ich meine Lehre als Bodenleger in der Fachrichtung textil-elastisch und hängte nach der Ausbildung die einjährige Zusatzausbildung in der Fachrichtung Parkett an.» Bereits zu Beginn des dritten Lehrjahres fiel Galli den Ausbildnern in den überbetrieblichen Kursen positiv auf und wurde für die Schweizer Berufsmeisterschaften, die «Swiss-Skills», vorselektioniert. «2013 wurde ich in St. Gallen zum Schweizer Meister», berichtet Galli stolz.

Intensive Vorbereitungen
Dieser Titel diente als Sprungbrett für die Teilnahme an den europäischen Meisterschaften. Das Höchstalter der Teilnehmenden liegt hier gewöhnlich bei 25 Jahren, weshalb die nationalen Berufsverbände möglichst lange zuwarten, um erfahrene Berufsleute antreten zu lassen. So erreichte Galli die Anfrage für die Teilnahme im Herbst 2020, im Jahr, in dem er seinen 25. Geburtstag feierte.
Weil die Pandemie den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung machte, wurde der Wettbewerb abgesagt. Eine Ausnahme erlaubt es den Kandidierenden in diesem Jahr anzutreten, auch wenn die Altershürde überschritten war. «Ich schuf mir im Geschäft einige freie Tage, um mich im Ausbildungszentrum Oberentfelden vorzubereiten», erzählt Galli. Denn die Wettbewerbsaufgaben sind grösstenteils bekannt, die Jury kann lediglich 30 Prozent der im Vorfeld kommunizierten Aufgaben abändern. «Neben dem handwerklichen Training besuchte ich auch mehrere Stunden Mentaltraining, um mich optimal vorzubereiten.»

Auf den Zehntelsmillimeter genau
Im österreichischen Graz angekommen, traf das Team die letzten Vorbereitungen. Neben Galli war auch Ivan Fankhauser aus Bubendorf als Experte mitgereist. Jede teilnehmende Nation stellt auch einen Experten, welcher die Arbeit der anderen Teilnehmer bewertet. Fankhauser ist im Verband BodenSchweiz für die Berufsausbildung zuständig. «Im Wettkampf legte ich fünf Modelle, darunter war ein Teppichmuster, in dem der Uhrturm vom Graz gelegt werden musste. Die Toleranz lag bei 0,2 mm, während im Berufsalltag ein Millimeter Abweichung möglich ist.» Gallis Leistungen wurden mit der Bronzemedaille belohnt: «Mein Ziel war eine Gold- oder Silbermedaille, deshalb war ich im ersten Moment schon enttäuscht.» Doch mit etwas Abstand überwiege die Freude.

Lehrling gesucht
«Die Erfahrungen aus Graz werde ich auch in meinem Berufsalltag nutzen können», bilanziert Galli. Gerade das exakte und ruhige Arbeiten trotz Zeitdruck sei in seiner Branche wichtig. Galli, der sich 2017 zum Chef-Bodenleger weiterbildete und Anfang 2020 das Geschäft seines Arbeitgebers und Ausbildners übernahm, sagt dazu: «Ich bin sehr glücklich, dass ich ein bestehendes Geschäft mit Kunden übernehmen konnte.»
Zusammen mit seiner Mitarbeiterin Petra Jordi legt Galli hauptsächlich Böden für Privatkunden in der Region. Gerne würde er auch einen Lernenden ausbilden, allerdings fehle es an Interessierten: «Obschon wir an der Madiswiler Lehrstellenmesse jeweils um Jugendliche werben, konnte ich bisher noch keinen Lehrling ausbilden», bedauert Galli. Es bleibt zu hoffen, dass im kommenden Sommer jemand die Chance packt, den Beruf des Bodenlegers vom Besten seines Fachs in der Region zu lernen.

Von Patrik Baumann