Erfolg für die Eisenbahn blieb auf der Strecke
Am 31. August 1915 wurde die Bahnlinie Huttwil–Eriswil in Betrieb genommen. Sie diente 60 Jahre lang für Passagierfahrten. Auf «Touren» kam allerdings nur der Zug selbst, der erhoffte Umsatz blieb aus. 1975 wurde der Personentransport auf die Strasse verlegt. Vor 40 Jahren, 1978, wurde die Linie ganz eingestellt und ausser einem kleinen Teilstück in Huttwil abgebrochen. Noch heute aber weisen Objekte auf den einstigen Schienenverkehr hin.
ERISWIL · Die Bahnlinie Langenthal-Huttwil wurde 1889 in Betrieb genommen und feiert damit schon bald ihr 130-jähriges Bestehen. 1989 kam von Otto Schuppli mit «Die vereinigten Huttwil-Bahnen» das offizielle Buch zum 100-Jahr-Jubiläum der Eisenbahnstrecke Langenthal–Huttwil heraus.
Um die Jahrhundertwende, um zirka 1900, suchte auch das rund fünf Kilometer von Huttwil entfernte Eriswil einen Anschluss an das Bahnnetz der Langenthal-Huttwil-, der Huttwil-
Wolhusen- und der Ramsei-Sumiswald-Huttwil-Bahn. Inzwischen war klar, dass die geplante Bahnlinie Ramsei-Sumiswald-Huttwil nicht via Eriswil führen würde.
So liefen denn jahrelang die Bemühungen, die Strecke von Huttwil nach Eriswil mittels einer direkten Stichstrecke zu erweitern. Die grösste Hürde war die Finanzierung.
Platz für 80 Reisende
Nach gut zehnjährigem Kampf war es soweit: Im «Unter-Emmentaler» vom 31. Oktober 1914 steht geschrieben: «Huttwil-Eriswil-Bahn: Mit dem Bau der Linie wird nun demnächst begonnen, was namentlich im Interesse der sich dadurch bietenden Arbeitsgelegenheit sehr zu begrüssen ist. Das schon seit Jahr und Tag in Diskussion gestandene Projekt auszuführen, ist der Baufirma Kästli und Egger mit Sitz in Eriswil übertragen worden. (Kästli, Bern, und Egger, Langenthal). Am letzten Samstagnachmittag hat der Verwaltungsrat der Bahn den mit dieser Firma abgeschlossenen Bauvertrag ratifiziert. Voraussichtlich kann die Linie im nächsten Juli dem Betrieb übergeben werden. Die Lieferung der zwei vorgesehenen Dampftriebwagen besorgt die Lokomotivfabrik Winterthur. Diese werden je vierzig Reisende aufnehmen können, sind also erheblich grösser als diejenigen der R.S.H.B (Ramsei-Sumiswald-Huttwil-Bahn, Anmerkung der Redaktion), welche nur 28 Plätze zählen und machen die Anschaffung von Lokomotiven und Personenwagen einstweilen überflüssig. Sie ermöglichen auch einen rationellen und billigen Betrieb. Die für die Strecke vorgeschriebene Anzahl Güterwagen liefert die Industriegesellschaft Neuhausen.»
Am 31. August 1915, mitten in den Wirren des Ersten Weltkriegs, wurde das Werk, die Huttwil-Eriswil-Bahn (HEB), eingeweiht und einen Tag später offiziell in Betrieb genommen.
Abzweigung bei der Säge
Die Eriswiler Züge benützten ab dem Bahnhof Huttwil für etwa einen Kilometer die Strecke der Huttwil-Wolhusen-Bahn. Bei der Haltestelle Säge (der heutigen Sägerei Schürch, Huttwil) lag die Abzweigweiche nach Eriswil. Die Bahnlinie führte in fast gerader Linienführung südwärts und recht ansteigend zum Endbahnhof Eriswil. Kleine Hüttchen bildeten die Haltestellen Uech und Tschäppel. Die Strecke war insgesamt 4,9 km lang. Vier Kilometer davon waren Eigentum der HEB. Die Fahrzeit von Huttwil nach Eriswil betrug acht Minuten.
Zuwenig Personenverkehr
Doch die Freude über den Bahnanschluss war kurz. Das Einzugsgebiet der HEB war mit dem Bauerndorf Eriswil sehr klein. Der Personenverkehr blieb unter allen Erwartungen. Der Güterverkehr hatte dank der Zu- und Abfuhren landwirtschaftlicher Produkte vorerst noch deutlich mehr Bedeutung. 1927 wurde die Huttwil-Eriswil-Bahn von der Langenthal-Huttwil-Bahn (LHB) übernommen. 1944 erfolgte der Zusammenschluss der Langenthal-Huttwil-Bahn mit der Huttwil-Wolhusen-Bahn zu den Vereinigten Huttwil-Bahnen VHB. 1946 wurde die Strecke elektrifiziert. Für den Personenverkehr genügte häufig ein einzelner Triebwagen, für den Güterverkehr wurden Rangiertraktoren eingesetzt.
Nicht ganz schmerzlos
1975, nach 60 Jahren, musste der Personentransport eingestellt werden – mit der zunehmenden Motorisierung hatte der Zug für die meisten Eriswiler Bewohner kaum noch Bedeutung. Dennoch verlief die Schliessung nicht schmerzlos.
So wies ein Leserbrief von einer oder einem gewissen R. B. im «UE» vom 26. Mai 1975 auf die Abhängigkeit von den Ölscheichen hin, wenn der Personentransport in die «stinkenden» Busse verlegt würde; dies ganz abgesehen von der Luftverschmutzung, welche die Busse verursachen würden.
Versuchsbetrieb wird definitiv
Dennoch kam auf den 1. Juni 1975 hin der Versuchsbetrieb mit den Bussen zum Tragen. Der Versuch wurde offenbar kaum noch diskutiert und blieb definitiv.
1978 wurde dann auch der Gütertransport auf den Schienen zwischen Huttwil und Eriswil eingestellt und die Linie weitgehend zurückgebaut. Nur ein kurzes Streckenstück nach der Abzweigung von der Bahnlinie Huttwil-Wolhusen blieb als Anschluss an die Sägerei bestehen und wurde bis in die 1980er-Jahre von dieser genutzt. Die Remise in Eriswil dient heute als Gemeindemagazin; die Bahnhofuhr und das Ortsschild ziert das Bushäuschen. Das einstige «Bahnhofhüsli» hat seine ursprüngliche Form weitgehend behalten. Es wurde von einem Metallbauunternehmen übernommen und auf der Nordseite ausgebaut.
Unmittelbar daneben entstand die Landi. Später kaufte die Post den Bahnhof und den Anbau vom Metallbauunternehmen und baute die Liegenschaft stilgerecht und ihren Bedürfnissen entsprechend um.
Als die Post 2013 geschlossen wurde, übernahm die Landi Eriswil die Liegenschaft (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Das «Bahnhofhüsli» dient als Geschäfts- und Wohnhaus.
Von Liselotte Jost-Zürcher