«Erfolg ist eine Treppe, keine Tür»
Dieses Zitat widerspiegelt keinen Werdegang besser als der von Robin Moser aus Rohrbach. Der 24-Jährige hat nach seiner
Erstausbildung zum Koch den Schritt in die Zweitausbildung gewagt und konnte seine Lehre als Fleischfachmann mit der
Bestnote im Kanton Bern abschliessen. Ein junger Mann, der nie aufgegeben hat – und dem der Erfolg schliesslich Recht gab.
Rohrbach/Dürrenroth · Der grummelige Metzger mit der blutig verschmierten Schürze. Dieses Bild ist längst Geschichte und doch verweilt es in viele Köpfen und bleibt dort standhaft sitzen. Damit die Metzgereien auch künftig bestehen bleiben können, braucht es ein Umdenken in der Gesellschaft. Viele essen zwar gerne Fleisch, mit dem Schlachten von Tieren wollen aber die wenigsten etwas zu tun haben. Dabei steckt hinter der Ausbildung als Fleischfachmann viel mehr als nur die Schlachtung von Tieren. Tatsächlich ist die Ausbildung modular aufgebaut. Wem das Schlachten von Tieren Mühe bereitet, kann den Fokus der Ausbildung auf die Fleischverarbeitung oder Veredelung setzen.
Lehrbetrieb gesucht – und gefunden
Für Robin Moser war bereits kurz nach der bestandenen Lehre als Koch klar, dass er eine Zweitausbildung zum Fleischfachmann machen möchte. Während des Lockdowns hat er schliesslich seine Arbeitsstelle verloren, als das Restaurant Löwen in Ursenbach seine Türen für immer schloss. Robin erkannte, dass der perfekte Zeitpunkt für seine Zweitausbildung gekommen war. Nun musste nur noch der passende Lehrbetrieb her. Und diesen fand er bei Stefan Schlüchter und dessen Metzgerei in Dürrenroth. Der Metzgermeister bot dem jungen Talent zur Überbrückung ein Praktikumsplatz an und im Sommer 2020 startete Robin schliesslich mit seiner Lehre als Fleischfachmann EFZ.
Zwischen Lehrer und Schüler muss es passen
Das Talent und den Willen hat Stefan Schlüchter bei Robin Moser schnell erkannt. Der bekannte Metzger fördert seit Jahren Lehrlinge und Schülerinnen und Schüler, um ihnen den umstrittenen Beruf näher zu bringen. Dass Robin Moser mit der Bestnote von 5,5 im Kanton Bern seine Prüfungen abgeschlossen hat, erfüllt ihn als Lehrmeister mit besonderem Stolz. «Als Ausbilder muss man oft streng sein und auf Genauigkeit beharren, damit die komplexen Arbeitsprozesse richtig ausgeführt werden», sagt Stefan Schlüchter. «Aber Robin ist interessiert und engagiert und hat alles Wissen wie ein Schwamm aufgesogen», fügt er stolz hinzu. Für ihn sei es besonders schön, zu sehen, dass es niemals zu spät ist für eine Lehre zum Fleischfachmann oder zur Fleischfachfrau. Einzig der Wille zähle.
Eine Lehre, drei Fachrichtungen
Die Voraussetzungen für eine normalerweise dreijährige Lehre zum Fleischfachmann EFZ ist die abgeschlossene Volksschule. Eine gewisse Neugierde und Interesse im Umgang mit Lebensmitteln ist ebenso Pflicht wie ein gewisses handwerkliches Geschick. Im dritten Jahr entscheiden sich die Lehrlinge für eine von drei Fachrichtungen. Zur Fleischgewinnung gehört unter anderem das Schlachten der Tiere. Bei der Fleischverarbeitung wird das Fleisch zerlegt und für den Verkauf zubereitet, während der Bereich Fleischveredelung zum Beispiel das Anrichten von Fleischplatten umfasst. Nebst einer dreijährigen Ausbildung gibt es auch die zweijährige Attestlehre zum Fleisch-fachassistenten.
Nicht alles hat nur «ein» Ende
Robin Moser hat sich für die Fachrichtung Fleischgewinnung entschieden. Als etwas schüchterner junger Mann sieht er sich selbst nicht täglich im Kundenkontakt und Verkauf. «Ich liebe vor allem das Wursten. Das macht mir am meisten Spass. Und auch die Salzerei ist sehr interessant und eine schöne Arbeit», schwärmt er. Er fühlt sich sehr wohl im Hause Schlüchter und bleibt der Metzgerei auch nach seinem erfolgreichen Lehrabschluss erhalten. «Das Team ist einfach toll, und seitdem das neue Ladenlokal besteht, haben wir auch in der Fleischverarbeitungsabteilung viel mehr Platz und können uns so richtig austoben», sagt der junge Mann, der nun Stefan Schlüchter auch immer wie öfter bei Cateringaufträgen begleitet. «Ich muss mich noch rantasten an den Kundenkontakt. Aber bisher hat es immer sehr viel Spass gemacht und ich kann meine Schüchternheit immer wie mehr ablegen», freut sich Robin Moser. Eine Schüchternheit, welche viele Kundinnen und Kunden auch als angenehme Zurückhaltung sehen können und dem charmanten Fleischfachmann sicherlich nicht verübeln.
Schweizer Berufsmeisterschaften
Nachdem er seine Prüfungen so erfolgreich abgeschlossen hat, wird Robin Moser vom Berufsverband automatisch zu den SwissSkills im September eingeladen. Im Rahmen der Schweizer Berufsmeisterschaften treten Fleischfachleute aus der ganzen Schweiz gegeneinander an. Ein Wettkampf der besonderen Art. Dabei ist meist nicht die Kreativität das Schwierige, sondern das Zeitmanagement. Ob und wie Robin Moser teilnehmen wird, bleibt abzuwarten. Aber man darf gespannt sein, wie viele Stufen das junge Talent auf der Erfolgsleiter noch erklimmen wird.
Ausbildungsplätze noch frei
Die Lehrstelle bei der Metzgerei Schlüchter ist für das Jahr 2022 und 2023 aktuell noch nicht besetzt. Der Mangel an Metzgerlehrlingen besteht seit einiger Zeit und mit jedem Jahr spitzt sich die Lage zu. Landesweit blieben in den vergangenen Jahren je-weils bis zu 300 Lehrstellen unbesetzt. «Wenn jemand Interesse hat und mal bei uns reinschnuppern möchte, kann er oder sie sich jederzeit melden», sagt Stefan Schlüchter. «Wir bieten auch Aushilfsjobs für Schüler an, oder Praktikumsplätze, um sich an den Beruf langsam herantasten zu können», sagt der erfahrene Lehrmeister. Viele Kundinnen und Kunden wissen immer mehr zu schätzen, dass die Metzgereien selbst hergestellte Produkte und regionale Spezialitäten anbieten – der Beruf zum Fleischfachmann oder Fachfrau ist also garantiert ein Beruf mit einer vielversprechenden Zukunft.
Von Claudia Steffen/PR