Erfolgreicher Perfektionist für die «Skorps»
NLA, Damen: Saisonvorbereitung UHV Skorpion Emmental. Nach dem Ausscheiden in den Viertelfinals in der vorherigen Saison haben die NLA-Damen des UHV Skorpion Emmental einen neuen Trainer erhalten. Dieser sieht viel Potenzial in seinem neuen Team –bis ganz nach vorne.
Wer von grossen Transfers spricht, redet meistens über Spieler. Den NLA-Damen des UHV Skorpion Emmental ist aber ein Transfercoup auf der Position des Trainers gelungen. Mit Felix Coray haben die Emmentalerinnen einen Experten sondergleichen an Land ziehen können. Der 55-jährige Bündner trainiert seit 1984 in der Herren- und der Damen-NLA, war Herren- und Damennationaltrainer, nahm an Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen teil und gewann mehrere Welt-, Vizewelt-, Cup- und Schweizermeistertitel. Da darf die Frage durchaus gestellt werden, wieso sich der arrivierte Mann aus Kloten ausgerechnet ins beschauliche Emmental begeben will. «Da gibt es gleich mehrere Gründe», sagt Coray mit einem kurz aufblitzenden Lachen. «Einerseits habe ich bisher immer städtische Mannschaften trainiert. Vor allem aber hat mich dieses Team sehr fasziniert.» Ausgerechnet gegen Coray und die Red Ants waren die Skorps in den letztjährigen Playoff-Viertelfinals ausgeschieden. Weil aber schon klar war, dass Felix Coray die Winterthurer nicht weitertrainieren wird, wurde er von den Emmentalern angefragt, ob er zu den «Skorps» wechseln will. Die Antwort? Nein. Der Weg von Kloten sei zu weit.
Im zweiten Anlauf gegen Ende April sah die Situation aber schon wieder anders aus. «Ich fand das Team immer schon spannend. Sie spielen jung, dynamisch und unbeschwehrt. Das hat mir gefallen», sagt Coray. Auch deshalb ging es schliesslich schnell. Mittlerweile reist der Klotener seit Mai drei Mal die Woche nach Zollbrück.
«Sie wollen unbedingt»
Der Aufwand von insgesamt zwei Stunden und zehn Minuten pro Zug-reise nehme er gerne drei Mal pro Woche in Kauf – obwohl er nur zum Zuschauen nach Zollbrück reist, während seine Assistenten das aktuell nur physisch betonte Training leiten. «Ich freue mich auf jedes Training», sagt er und klingt damit nicht banal, sondern vielmehr überzeugt. Es sei eine Vorfreude darauf, wieder selber auf dem Platz zu stehen und den Frauen etwas mitzugeben. Gerade jene Freude habe ihm im letzten Jahr gefehlt, mit dem Engagement bei den «Skorps» sei diese wieder entfacht worden. «Ich sehe, sie wollen unbedingt», sagt Coray und spricht von einem guten Willen im Konditionstraining sowie guter Trainingsbeteiligung mit konstant über 20 anwesenden Spielerinnen – selbst während den Ferien.
Entsprechend ist Felix Corays erster Eindruck positiv – auch vom ganzen Verein. «Wir hatten einen Vereinsbrunch. Alle, von klein bis gross, waren hier und haben zusammen gegessen», sagt er mit Begeisterung. Die Mitglieder seien engagiert, eine richtige Unihockeyfamilie. «Das war ein toller Anlass. Der Verein hat einen guten Zusammenhalt», erklärt er. Der sei wichtig – wenn auch nicht zu wichtig. Denn: «Nur mit lieb sein habe ich noch nichts gewonnen», sagt ausgerechnet er, der als eher ruhiger, gelassener Trainer gilt. Laut werden will er höchstens im Training. Erhöht er seine Lautstärke im Spiel, so ist er sicher, dass schon im Training etwas falsch lief. Wieso also nicht schon im Training besser machen?
Das Team setzt das Ziel
Das sind nicht zuletzt die Worte eines Perfektionisten, der beispielsweise die Trainingsvorbereitung sehr ernst nimmt und gerne mehr als eine Stunde darin investiert. «Auf der Zugfahrt hier hin habe ich gut Zeit», sagt er. Die vermeintlich verlorene Zeit investiert er in die Weiterbildung der Spielerinnen des UHVS, in denen er ein besonders grosses Potenzial sieht. «Ich will ihnen offensiv möglichst viele Freiheiten geben, damit sie ihre Stärken ausleben können. Aber ich bin überzeugt, dass ich jede Spielerin einzeln weiterbringen kann.» So ist er überzeugt, dass diese Equipe das Zeug hat, um ganz vorne mitzuspielen. «Aber dafür muss man auch etwas tun», erklärt der neue Trainer. Um beispielsweise den Final zu erreichen brauche es neben Trainingsbeteiligung auch eine sehr gute Trainingsqualität – und das lückenlos. Deshalb lasse er das Team das Ziel selbst setzen. «Sie müssen dafür bereit sein. Ich bin bereit zu helfen, egal wohin sie wollen.»
Auf Felix Coray dürfen die Skorpions gespannt sein. So viel ist sicher, obwohl er noch keine Trainingseinheit geleitet hat. Der Mann, der bis zum 20. Altersjahr Handball spielte und danach verschiedene Kurse und Lehrgänge bis hin zum J+S-Experten für Unihockey absolviert hat, weiss zweifelsohne wovon er spricht. «Ich bin kein technischer Ausbildner. Deshalb bin ich in der NLA und nicht bei den Junioren», sagt er selbst. Um jemanden taktisch besser zu machen, muss er selbst aber nichts vorzeigen können, sondern nur entsprechend trainieren. Dass er recht hat beweisen spätestens seine Erfolge. Und ein weiterer mit den Skorpions wäre sogleich ein erster für den in der NLA noch titellosen Verein. Von Leroy Ryser